Bundesliga

Darum kam Kai Havertz als Zehnjähriger zu Bayer Leverkusen

Fahrdienst, gespielte Pressekonferenz und das Trikot mit der 10

Darum kam Havertz als Zehnjähriger zu Bayer Leverkusen

Leverkusens heutiger Mannschaftsarzt versuchte früh, ihn für Bayer zu begeistern: Kai Havertz.

Leverkusens heutiger Mannschaftsarzt versuchte früh, ihn für Bayer zu begeistern: Kai Havertz. imago images

Der heutige Mannschaftsarzt des Werksklubs sollte im Sommer 2008 als U-10-Trainer den 1999er Jahrgang bei Bayer übernehmen und kümmerte sich frühzeitig um die Zusammenstellung des Kaders, als der Leverkusener Nachwuchsscout für den Raum Aachen, Martin Plum, ihm sagte: "Du musst vorbeikommen, um dir einen Spieler anzusehen." Plums Wort hatte Gewicht. Ohne zu zögern, fuhr Yildirim in den Alsdorfer Stadtteil Mariadorf in der Nähe von Aachen und war sofort Feuer und Flamme für den kleinen Kai. Doch dessen Eltern erachteten einen Wechsel des damals noch Achtjährigen als zu früh.

Yildirim und Plum blieben aber hartnäckig wie verbindlich. Der Nachwuchsscout beobachtete, wenn möglich, jedes Spiel des Talents und sagte dabei dessen Eltern Hallo. Yildirim, heute 41 Jahre alt, führte mit den Eltern in der Sommer- und Winterpause turnusgemäß Gespräche und sorgte dafür, dass Kai in den Ferien - oder wenn bei Alemannia Mariadorf das Training ausfiel - per Fahrdienst nach Leverkusen gebracht wurde, um dort gefördert zu werden. So wurde Havertz schon als Bubi bei Bayer 04 tröpfchenweise integriert. Aber auch ein Jahr später, 2009, war aus Sicht der Eltern die Zeit für Kai noch nicht reif für den Schritt nach Leverkusen. Der Junge sollte seine nächsten Erfahrungen bei Alemannia Aachen machen.

Wie zuvor in Mariadorf wurde auch in Aachen die Alemannia schnell zu klein für den begabten Linksfuß. Und so wurde Yildirim nach dem ersten Halbjahr in der U 11 erneut bei den Eltern vorstellig. Dabei spielt er im Werben um Havertz die vielleicht entscheidende Karte. Yildirim, inzwischen Assistenzarzt im Marien-Krankenhaus in Bergisch Gladbach und weiterhin Jugendtrainer bei Bayer, besorgt sich die entsprechenden Schlüssel und zeigt Kai und dessen Eltern das Leverkusener Stadion.

"Sie versuchen ihn ja zu beeinflussen": Stadionführung zeigt Wirkung

Im Pressekonferenzraum inszeniert Yildirim, der schon als Student Stadionführungen in der Bay-Arena geleitet hat, mit den Eltern auf den Plätzen und Kai auf dem Podium eine Pressekonferenz und spricht ins Mikro: "Hiermit präsentieren wir Ihnen unseren Neuzugang: Kai Havertz!" Dann überreicht er dem Zehnjährigen ein mit dessen Namen und der Nummer 10 bedrucktes Trikot. "Sie versuchen ihn ja zu beeinflussen!", empört sich Havertz' Mutter leicht. Yildirim antwortet offen: "Das versuche ich schon seit zwei Jahren!"

Dem kleinen Havertz hatte das Spiel allerdings sehr wohl gefallen. "Kai schien zumindest beeindruckt", erinnert sich Yildirim neun Jahre später, dessen Bruder Bora heute der Friseur des Nationalspielers ist. Das hartnäckige Werben sollte sich im folgenden Sommer auszahlen. Denn als diverse Bundesligisten versuchten, Kai zur Saison 2010/11 für ihre U 12 zu gewinnen, war der damals noch Zehnjährige emotional schon längst ein Teil von Bayer 04 geworden.

Noch spielt Kai Havertz im Nationalteam keine Hauptrolle. Dabei hat er eigentlich alles, um ein Weltstar zu werden - nur nicht das volle Vertrauen des Bundestrainers. Im aktuellen kicker vom Montag lesen Sie auf fünf Seiten alles zu der besonderen Lage des Bayer-Profis mit Einschätzungen seiner Ex-Trainer Schmidt, Korkut und Herrlich.

Stephan von Nocks