Bundesliga

"05" Thesen zum 1. FSV Mainz 05: Entscheidungsspiele für Trainer Martin Schmidt stehen an

"05" Thesen zur Mainzer Situation

Entscheidungsspiele für Schmidt

Für den Mainzer Trainer Martin Schmidt geht es in den beiden kommenden Spielen auch um seine Zukunft.

Für den Mainzer Trainer Martin Schmidt geht es in den beiden kommenden Spielen auch um seine Zukunft. imago

1. Ein reiner Defensivansatz verunsichert

Die denkbar defensivste Ausrichtung des 4-2-3-1 mit fünf gelernten Innenverteidigern (Bell, Bungert, Balogun, Gbamin Ramalho), und einem Sechser (Latza) auf der Zehn in Ingolstadt lässt sich wenig mit dem noch am Freitag propagierten Glauben an die eigene Stärke und dem Postulat, auf sich selbst schauen zu müssen, vereinbaren. Auch die Ausrichtung führte dazu, dass Mainz 05 bei den Schanzern sofort unter Druck geriet und mit dem 0:1 als zusätzlichem Ballast 25 Minuten lang brauchte, um einigermaßen in die Partie zu finden.

2. Standardschwäche und Unbedarftheit sind die Baustellen

Dass Martin Schmidt seinen Ansatz damit rechtfertigte, die FCI-Standardstärke mit mehr Größe zu verteidigen, ist trotz des oben angesprochenen psychologischen Nachteils nachvollziehbar. Bitter, dass dann ausgerechnet eine Ecke den Rückstand brachte - wieder einmal. Das Gros der Gegentreffer resultierte zuletzt aus ruhenden Bällen. Stefan Bell sprach von Abstimmungsproblemen mit Jean-Philippe Gbamin. Schmidt: "Wir haben eine ganz klare Zuteilung. Das ist seit zwei Jahren so, jeder weiß, wo er dran sein muss." Es passt ins Bild, dass die Rheinhessen einmal mehr durch Unbedarftheiten im Zweikampf so unter Druck gerieten. Zu viele "dumme Fouls nahe der Box" machte Schmidt aus. In der Tat gab es dadurch ein Standardfestival der Gastgeber in der Anfangsphase. Schon gegen Werder beispielsweise resultierte das 0:2 aus einer indiskutabel-leichtfertigen Zweikampfführung Gbamins direkt vor dem Strafraum.

3. Die Mannschaft hat genug Erfahrung im Abstiegskampf

Als "neues Erlebnis" bezeichnete Schmidt die aktuelle Lage für seine Schützlinge. "Sie sind nicht so erfahren im Bereich Abstiegskampf." Eine umstrittene These, die anhand der Startelf in Ingolstadt schwer nachvollziehbar ist: Bell und Niko Bungert kennen das Thema beispielsweise aus der Saison 2014/15 bestens, ebenso Leon Balogun aus seiner Zeit in Düsseldorf, Jonas Lössl (2015/16 16. in Frankreich mit EA Guingamp), Daniel Brosinski aus seiner Kölner Zeit oder Jhon Cordoba (2014/15 17. in Spanien mit Granada, 2013/14 14. mit Espanyol Barcelona). Selbst der junge Levin Öztunali hat in Bremen schon erlebt, wie man das Thema Klassenerhalt erfolgreich angeht. Es gilt, Angst-Szenarien zu lösen. Mit Floskeln gelingt das nicht, mit Vertrauen vielleicht schon eher - ein destruktiver Ansatz aber in einem Gastspiel beim Tabellen-17. vermittelt das Gegenteil.

4. Das Vorantreiben eines Plan B wurde verpasst

"In der zweiten Halbzeit haben wir gesehen, dass wir uns Chancen erspielen können", sagte Schmidt. In der Tat hatten die Nullfünfer Gelegenheiten, doch meist resultierten diese aus Zufallsprodukten. Der Ausgleich: Eine Freistoßflanke von Öztunali (70.). Eine weitere Chance des Flügelstürmers ergab sich aus Ingolstädter Querschlägern (56.). Einzig Öztunalis Abschluss in der 47. Minute resultierte aus einer vernünftigen Kombination. Spielerisch wandelt Mainz auf dünnem Eis - neu ist diese Erkenntnis nicht. Doch ein Plan B neben Umschaltfußball, beispielsweise auf Basis einstudierter Passmuster im vorderen Drittel, ist kaum zu erkennen. Die Rheinhessen haben sich in eine gefährliche Abhängigkeit von Jhon Cordobas Fähigkeiten als „Ballwand“ für lange Schläge und Öztunalis Tempodribblings manövriert. Und das bei gleichzeitiger Formschwäche im Abschluss, beispielsweise von Pablo De Blasis, der nach starkem Saisonstart (4 Tore/2 Assists nach 7 Spielen) in 2017 lediglich eine Torbeteiligung vorzuweisen hat. Die Option mit Bojan als ballsicherem Zehner verfolgte der Trainer bislang nicht stringent. Auch Yoshinori Muto kommt nach seiner Verletzung auf erstaunlich überschaubare Einsatzzeiten (198 Minuten seit dem 20. Spieltag). Dass dann Jonas Lössl beim 1:2 eine schlechte Figur macht (Schmidt unmittelbar nach dem Spiel: "Tore von der Seitenlinie sind eher haltbar, aber ich muss es nochmal angucken."), gehört freilich eher in die Kategorie des Stammtischspruchs "wenn du schon kein Glück hast, kommt auch noch Pech dazu".

5. Leipzig und Freiburg sind Entscheidungsspiele für den Trainer

Öffentlich erhält der Trainer von Sportdirektor Rouven Schröder und Vorstandssprecher Jürgen Doetz natürlich Rückendeckung - alles andere wäre in dieser brenzligen Situation auch kontraproduktiv. Intern ist die Maßgabe klar: Die Partien gegen RB Leipzig (Mi., 20 Uhr, LIVE! auf kicker.de) und beim SC Freiburg (Sa., 15.30 Uhr, LIVE! bei kicker.de) sind entscheidend für den Schweizer. Der lebt richtigerweise Ruhe vor: "Ich mache mir keine Gedanken. Man steckt alles rein, wir arbeiten sehr gut zusammen." Der 49-Jährige weiß aber auch: "Schlussendlich braucht man als Trainer auch Resultate. Wenn es so ist, dann ist es so - aber das ist weit in die Ferne gedacht."

Benni Hofmann