Dies lag in erster Linie daran, dass diese unglaubliche Geschichte einem großen Publikum im "Aktuellen Sport Studio" einst in einem Rahmen unterbreitet wurde, der - gelinde gesagt - journalistisch fragwürdig war. Hakan Calhanoglus mitunter unbedarfte Diktion sorgte dafür, dass die objektive Bedrohung an Leib und Leben zweier Spieler ebenso wenig ernst genommen wurde wie die Tatsache, dass ein Mitspieler mittelbar für diese Bedrohung verantwortlich war.
Dieser Spieler, Gökhan Töre, wurde trotz dieser Vorfälle weiter von Nationaltrainer Fatih Terim zur Nationalmannschaft eingeladen, die Opfer - Ömer Toprak und Hakan Calhanoglu - zunächst nicht. Auch weil Calhanoglus Vater eine Klärung und einen Rauswurf Töres verlangte. Dies ließ sich Terim - ein ausgewiesen selbstbewusster Machtmensch - nicht sagen. In der Folge wurden die beiden Leverkusener nicht mehr eingeladen. Bayer-Sportchef Rudi Völler versuchte zu vermitteln, Terim weigerte sich zunächst, traf sich dann am Rande des Champions-League-Spiels gegen Atletico Madrid in Leverkusen mit Calhanoglu und einigte sich mit diesem auf ein Comeback.
Mit Toprak sprach Terim über einen belanglosen Smalltalk hinaus nicht. Es gab weder eine Klärung noch wurde Toprak eingeräumt, seine Sicht der Dinge dazulegen. Zwischenzeitlich hatte der Abwehrspieler beim Verband hinterlassen, nicht mehr nominiert werden zu wollen, solange die Affäre nicht restlos aufgeklärt ist. Eine Aufklärung, nach der Töre, der Verursacher, nicht mehr hätte spielen dürfen.
Topraks logischer Schritt
Trotzdem wurde Toprak nun von Terim nominiert, sagte aber konsequenterweise ab, sieht seine Karriere in der Nationalmannschaft als beendet an. Ein logischer Schritt - kein normaler Mensch würde in einer Mannschaft spielen mit jemandem, der ihn zumindest mittelbar mit dem Tode bedroht hat. Faktisch ist Toprak also aus der türkischen Nationalmannschaft zurückgetreten, möglicherweise wird er diesen Schritt bei veränderten Umständen noch einmal überdenken.