Bundesliga

Stadionverbote auf Verdacht zulässig

BGH-Urteil am Freitag: Fans empört

Stadionverbote auf Verdacht zulässig

Fans gegen Stadionverbote

Gegen Stadionverbote: Fußballfans äußern ihre Meinung. imago

Entsprechend dem Urteil vom Freitag reicht es bereits aus, wenn der ausgesperrte Fan Teil einer Gruppe war, die durch Randale aufgefallen ist. "Auf den Nachweis, er habe sich an den aus der Gruppe begangenen Gewalttätigkeiten beteiligt, kommt es nicht an, entschied der BGH.

Ein Anhänger und Dauerkarteninhaber des FC Bayern München hatte zuvor Klage eingereicht. Er war nach einem Spiel beim MSV Duisburg gemeinsam mit einer Schar Anhänger des Fanclubs "Schickeria München" in Handgemenge mit MSV-Fans geraten und vorübergehend festgenommen worden.

Obwohl der Bayern-Fan jede Beteiligung an gewalttätigen Aktionen bestritt, wurde die Klage abgewiesen. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Landfriedensbruchs wurden wegen Geringfügigkeit eingestellt. Dennoch wurde der Fan mit einem bundesweiten Stadionverbot für gut zwei Jahre belegt.

DFB: Stadionverbot ist wichtige Präventivmaßnahme

Der Deutsche Fußball-Bund sowie die Polizei begrüßten das Urteil. Der DFB will weiterhin friedliche Fans wirkungsvoll vor Krawallen schützen. "Stadionverbote stellen für den DFB und seine Vereine eine wichtige Präventiv-Maßnahme dar, um die Sicherheit in den Stadien zu gewährleisten", sagte der Sicherheitsbeauftragte Helmut Spahn.

Der BGH sieht derartige Verbote durch das "Hausrecht" der Vereine gedeckt. Demnach reichen für ein Stadionverbot schon "objektive Tatsachen" aus, wie z.B. frühere einschlägige Vorfälle.

Da im konkreten Fall der Kläger der randalierenden Gruppe angehörte und nicht zufällig in die Schlägerei hineingeriet, rechtfertige dies die Annahme, "dass er sich bei Fußballveranstaltungen in einem zu Gewalttätigkeiten neigenden Umfeld bewegt", befand der BGH (Az: V ZR 253/08 vom 30. Oktober 2009).

Nach Aussage des Senatsvorsitzenden Wolfgang Krüger bei Verkündung des Richterspruchs gehe es "nicht um Strafrecht, es geht um den Ausschluss potenzieller Störer", sagte der Senatsvorsitzende Wolfgang Krüger. Dennoch ließ er die Vereine wissen: "Ein willkürlicher Ausschluss ist rechtswidrig."

Klubs haben "Schutzpflicht"

Die Klubs hätten eine "Schutzpflicht" und hätten das Recht, im Vorfeld von Spielen, da ja häufig eine aufgeheizte Stimmung zwischen rivalisierenden Fangruppen mit sich bringen, potenziellen Störern den Zutritt zum Stadion zu untersagen.

Der DFB sieht in seinen Richtlinien vor, dass bei polizeilichen Ermittlungen wegen Gewalttaten Stadionverbote verhängt werden "sollen". Diese müssen dann aufgehoben werden, wenn die Ermittlungen später mangels Tatverdachts eingestellt werden. Bei einer Einstellung "wegen Geringfügigkeit" heißt es indes in Paragraf 6 nur, das Verbot "soll" noch einmal überprüft werden. In der Bundesliga gelten derzeit laut DFB zwischen 2900 und 3000 bundesweite Stadionverbote.

GdP: "Guter Tag für den Fußball"

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat das BGH-Urteil "als guten Tag für den Fußball" begrüßt. "Das Urteil gibt uns die Chance, die bundesweit 4000 gewaltbereiten Fußballfans der Kategorie C, die nur an Randale, nicht aber am Fußball interessiert sind, von den wirklichen Fans zu trennen", sagte der nordrhein-westfälische GdP-Vorsitzende Frank Richter am Freitag und sieht im Richterspruch ein "deutliches Signal" der Gesellschaft, die Stadien nicht "kleinen, nur an Gewalt interessierten Gruppen vermeintlicher Fußballfans zu überlassen".

DFL und Polizei: Meinungen gehen auseinander

Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), wurde noch deutlicher: "Wäre das Verbot gekippt worden, hätte sich die Polizei vom Fußball verabschieden können." Dennoch sieht Wendt derzeit keine ausreichende Sicherheit in deutschen Stadien gewährleistet: "In der derzeitigen Situation müssen wir leider jedem Fußball-Fan sagen: Wer ins Stadion geht, begibt sich in Lebensgefahr."

In der derzeitigen Situation müssen wir leider jedem Fußball-Fan sagen: Wer ins Stadion geht, begibt sich in Lebensgefahr.

Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG)

Das will die Deutsche Fußball-Liga (DFL) so natürlich nicht stehen lassen. "Das ist ein Schlag ins Gesicht von Millionen friedlicher Fußballfans. Diese Aussagen sind unverantwortlich und Panikmache aus Gründen der Selbstdarstellung. Die Bundesliga weiß die Arbeit der Polizei zu schätzen und steht jederzeit für einen offenen Dialog zur Verfügung - aber nicht auf dieser Basis", konterte Christian Seifert, Vorsitzender der DFL-Geschäftsführung.

Diese Aussagen sind unverantwortlich und Panikmache aus Gründen der Selbstdarstellung.

Christian Seifert, DFL-Vorsitzender zur Wendt-Aussage

Fan denkt über Verfassungsbeschwerde nach

Der Münchner Fan, der die Klage eingereicht hatte, will derweil das Urteil möglicherweise nicht hinnehmen. "Der BGH verlangt, dass der Betroffene selbst beweisen muss, dass er nicht als Störer aufgetreten ist. Dies halten wir für verfassungsrechtlich bedenklich. Wir werden daher prüfen, ob wir Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil einlegen", kündigte Rechtsanwalt Marco Noli in einer Stellungnahme an.

Fans kontra Stadionverbote

"Ein Herz für Stadionverbotler" fordert so mancher Fan. picture-alliance

"Dies erinnert an Sippenhaft, die mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht vereinbar ist", sagte Noli und meinte: "Wenn allein die Einleitung eines Ermittlungsverfahren zu einem bundesweiten Stadionverbot führen kann, überlässt man praktisch der Polizei alleine die Macht über das Stadionverbot." Dies würde "der Willkür Tür und Tor öffnen".

Wilko Zicht, Sprecher des Bündnisses Aktiver Fußball-Fans (BAFF), fügte gegenüber dem SID hinzu: "Die Praxis der Stadionverbote ist grob ungerecht und belastet das Verhältnis zwischen Fans, den Vereinen und der Polizei. Die Fronten werden sich weiter verhärten." Zicht weiter: "Wenn Stadionverbote auf Verdacht ausgesprochen werden, werden viele Unschuldige bestraft."