Handball

U-21-Handball-WM: Talente müssen in den EM-Kader aufrücken

Die Handball-Kolumne von Füchse-Boss Bob Hanning

Zwei bis drei Spieler müssen in den EM-Kader aufrücken

Großes Lob: Bob Hanning war begeistert von Nils Lichtleins Leistungen.

Großes Lob: Bob Hanning war begeistert von Nils Lichtleins Leistungen. imago images

Deutschland ist U-21-Weltmeister - und ich glaube, dass es selten eine Mannschaft gab, die ein Turnier derart dominiert hat. Ich habe von Anfang an gesagt, dass wir drei große Vorteile haben: Mentalität, Breite und Spitze. In allen drei Bereichen waren wir der Konkurrenz deutlich überlegen. Wir hatten eine Mannschaft, die von Sekunde eins an nur ein Ziel hatte: Gold zu holen. Die Jungs haben im Vorfeld nicht versucht, irgendwelche Ausreden zu finden, sondern haben ihren Traum klar formuliert.

Bei den drei Vorrundenspielen gegen die nordafrikanischen Teams muss man sagen, dass wohl in jeder Trainingseinheit mehr Intensität drin war. Deswegen war ich auch froh, dass wir in der Hauptrunde genau die Fehler gemacht haben, die nötig waren, um den Fokus zu halten. Dänemark war im Viertelfinale die erste echte Bewährungsprobe, mit einer starken Leistung sind wir da praktisch erst ins Turnier gestartet.

Serbien wurde im Halbfinale mit zehn Toren geschlagen. Ungarn war im Endspiel die einzige Mannschaft, die uns wirklich herausfordern konnte - zumindest eine Halbzeit lang. Alles andere war Schaulaufen. Diese Dominanz war eine, die ich bei einer deutschen Mannschaft die letzten 15 Jahre nicht erlebt habe.

Handball: WM, U-21, Deutschland - Ungarn, Finalrunde, Finale, Max-Schmeling-Halle Berlin, 2. Juli 2023. Das Finale der U21-Handball-Weltmeisterschaft 2023 gewinnt die deutsche Handball-Nationalmannschaft (Deutschland, GER, schwarz) gegen Ungarn (HUN, weiß) und feiert den Gewinn der Weltmeisterschaft. Torwart Torwart David Späth reckt den Pokal unter dem Jubel seiner Mitspieler in die Höhe.

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Aus einem unglaublich starken Kollektiv ragten für mich dennoch Spieler heraus. David Späth, dem Lasse Ludwig mit seinen Leistungen ein optimaler Back-up war, ist über sich hinausgewachsen. Er war mit seinen Paraden immer dann da, wenn überhaupt nur ein winziger Zweifel hätte aufkommen können. Renars Uscins war der Leader als Kapitän, er ging immer voran, immer mit Vollgas.

Justus Fischer hat vorne wie hinten herausragende Arbeit geleistet. Ich habe ihn vor Jahren bei einem Turnier gesehen, wo mir noch die Fantasie gefehlt hatte, dass er es schaffen wird, sein unbestrittenes Talent so auf die Platte zu bringen. Er hat mich mit seiner Leistungsexplosion eines Besseren belehrt. Christian Wilhelm, Fischers kongenialer Partner in der Abwehr, ist sicherlich einer der am meisten unterschätzen Spieler. Er bekommt nicht die Aufmerksamkeit, die er verdient hätte, für sein kluges Abwehrspiel und das große Kämpferherz.

Noch gar nicht absehbar, welche Spieler groß rauskommen

Dass Nils Lichtlein MVP wurde und auf einer Stufe mit großen Namen steht, ist hochverdient. Wenn er mal bei den Füchsen spielen durfte, hat er immer wieder gezeigt, dass er in der Lage ist, Spiele zu steuern und zu lenken. Durch kluge Zeit- und Raum-Entscheidungen hat er seiner Mannschaft und dem Gegner das Gefühl vermittelt, dass er eine Sekunde in der Zukunft spielt. 

Ich könnte grundsätzlich viele Namen nennen. Es ist aber auch heute noch gar nicht absehbar, ob das unsere Spieler sind, die in Zukunft explodieren und groß rauskommen. Der Verband, die Vereine und die Spieler selbst haben jetzt eine große Verantwortung, um die Weichen für 2024, 2027 und folgende Turniere zu stellen.

Natürlich müssen zwei bis drei Spieler aus dem U-21-Aufgebot in den EM-Kader aufrücken. Für die Entwicklung von Spielern und der Nationalmannschaft als großes Ganzes ist das unumgänglich. 

Neben dem Weltmeistertitel stehen der THW Kiel als deutscher Meister, der SC Magdeburg als Champions-League-Sieger, die Füchse Berlin als European-League-Champion und die Rhein-Neckar Löwen mit dem DHB-Pokal in der Hand. Schöner kann Handball doch gar nicht sein. Das macht, verbunden mit neuen TV-Formaten, Lust auf mehr. Jetzt freue ich mich aber auf eine Woche Urlaub in Marbella mit meinen sechs Weltmeistern aus Berlin und Potsdam. Einen schönen Sommer und bis zur nächsten Kolumne.

Bob Hanning (55) hat die Füchse Berlin von der 2. Liga bis in die Champions League geführt, den DHB in acht Jahren als Vizepräsident auf links gedreht und einen Spiegel-Bestseller (Hanning. Macht. Handball.) geschrieben. In seiner Kolumne analysiert er für den kicker die Geschehnisse rund um Nationalmannschaft und Bundesliga.

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