U 21

Wieder ein U-21-Knockout: Folgt erneut eine imposante Entwicklung?

Di Salvo und Co. müssen sich nach Klatsche gegen Polen erheblich steigern

Wieder ein U-21-Knockout: Folgt erneut eine imposante Entwicklung?

Schlichen enttäuscht im Nebel von Großaspach vom Platz: Roberto Massimo und Jonathan Burkardt (v.li.).

Schlichen enttäuscht im Nebel von Großaspach vom Platz: Roberto Massimo und Jonathan Burkardt (v.li.). picture alliance / Pressefoto Rudel

Die Nebelschwaden interessierten sich am Freitagabend nicht für die Stadionbegrenzungen, tief hingen sie phasenweise auch über dem Rasen in Großaspach. Das war durchaus ein Vorteil für die deutsche Mannschaft. So konnten die Zuschauer im Stadion je nach Sitzposition nicht ganz genau erkennen, welche Spieler in Di Salvos Team in welcher Ausprägung an den haarsträubenden Fehlern in der Anfangsphase beteiligt waren. Zu erkennen war jedoch, dass der Ball dreimal binnen der ersten 14 Minuten im deutschen Netz zappelte und Minuten später eine vertretbare Rote Karte für Jean-Manuel Mbom die Hausherren noch weiter in die Sackgasse manövrierte.

Keiner von uns konnte in diesem Spiel mit großen Leistungen überzeugen oder die Mannschaft wachrütteln.

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Insgesamt war ohnehin das komplette Team für diesen katastrophalen Start verantwortlich. Die DFB-Junioren spielten sorglos und unreif nach vorne, ohne auf eine geeignete Absicherung zu achten - trotz expliziter Warnungen ihres Trainers.

Besonders den pfeilschnellen Doppeltorschützen Adrian Benedyczak, der Mbom vor dessen Rot-Foul im Sprintduell wie einen Spaziergänger aussehen ließ, und Gestalter Jakub Kaminski, der die ersten drei Treffer vorbereitete und auch noch das vierte Tor einleitete, bekam das deutsche Team nie in den Griff. Auch wenn die Gastgeber danach Haltung bewiesen, in Unterzahl das Spiel bestimmten und sich sogar sechs gute Torchancen erarbeiteten, die bei mehr Effizienz und etwas Glück sogar zum zwischenzeitlichen Ausgleich hätten reichen können, musste Di Salvo nach Abpfiff einen "hochverdienten Sieg" der Polen anerkennen. In der Schlussphase filetierten die cleveren, aggressiv und kompromisslos auftretenden Gäste die DFB-Defensive nämlich erneut einige Male und banden ganz am Ende mit dem vierten Tor noch ein Schleifchen ums deutsche Debakel.

Der Schock durch diesen Auftritt - die erste Nullnummer nach zuvor 14 U-21-Spielen ohne Niederlage - war Di Salvo und Kapitän Jonathan Burkardt deutlich anzusehen, als sie am späteren Abend auf dem Podium im Pressekonferenzraum Platz nahmen. "In den ersten 15 Minuten haben die Polen jeden Zweikampf gewonnen, waren griffiger, wacher", verteilte der Trainer seinem Team schlechte Noten in Sachen Basics. "Keiner von uns konnte in diesem Spiel mit großen Leistungen überzeugen oder die Mannschaft wachrütteln. Auch wir Offensivspieler konnten die Bälle nicht so gut sichern, haben teilweise einfache Bälle verloren, dann wird es den Jungs hinten auch schwer gemacht", sparte auch Burkardt nicht mit Selbstkritik.

Die Frage nach den Folgen des Debakels

Nun drängt sich die Frage nach den Folgen einer solchen Klatsche auf. Burkardt formulierte trotz der Enttäuschung die richtigen und zielführenden Fragen: "Das war eine herbe Niederlage, aber es ist entscheidend, wie reagiert die Mannschaft darauf, wie nimmt sie das auf, wie entwickelt sie sich? Lernen wir was - oder eben nicht?" Den Knockout, so schmerzhaft er ist, als Chance sehen, sich aufrappeln und stärker zurückkommen. Darauf setzt auch Di Salvo, vor allem auf Basis guter Erfahrungen mit solchen Situationen.

Rückschläge gab es auch bei den erfolgreichen Vorgänger-Generationen

Denn auch die erfolgreichen Vorgänger-Generationen, die Di Salvo als Co-Trainer von Stefan Kuntz ab September 2016 begleitete, mussten Rückschläge hinnehmen. Die Europameister von 2017 gingen nicht so heftig auf die Bretter, verloren aber im November 2016 0:1 in Polen und im März 0:1 gegen Portugal. Die Finalteilnehmer von 2019 zogen zu Beginn ihrer Zwei-Jahres-Periode gegen Ungarn (1:2) und in Norwegen den Kürzeren (1:3). Und die diesjährigen Europameister bekamen in der Qualifikation zweimal von Belgien die Grenzen aufgezeigt, nach einem 2:3 im Hinspiel war es im Rückspiel auch eine 1:4-Klatsche.

San Marino - kein Maßstab, aber eine dankbare Gelegenheit

Danach folgte jeweils eine imposante Weiterentwicklung der einzelnen Spieler und vor allem auch der Mannschaft als Kollektiv. Nun ist Di Salvo nach seinem erst dritten Spiel als Chef gefordert, eine solche Steigerung mittel- bis langfristig auf dem Weg zur EM-Endrunde im Sommer 2023 zu bewerkstelligen. Das Spiel am Dienstag gegen Fußball-Zwerg San Marino ist dabei kein Maßstab, sondern eine dankbare Gelegenheit, nach der gemeinsamen Analyse ohne allzu viel Gegenwehr zumindest das angekratzte Selbstvertrauen wieder aufzupolieren.

Carsten Schröter-Lorenz