Nationalelf

Laudehr: "Konnte mit dem Hype gar nicht umgehen"

Langjährige Nationalspielerin im kicker-Interview

Weltmeisterin Laudehr: "Ich konnte mit dem Hype gar nicht umgehen"

Trug von 2007 bis 2017 das Trikot der deutschen Nationalmannschaft: Simone Laudehr.

Trug von 2007 bis 2017 das Trikot der deutschen Nationalmannschaft: Simone Laudehr. imago/photoarena/Eisenhuth

Sie gehörte seinerzeit mit 21 Jahren zu den ganz jungen Spielerinnen in der deutschen Nationalmannschaft und kickte beim FCR Duisburg. 2007 hat sie ihr Torjubel im WM-Finale im Hongkou Stadium in Schanghai gegen Brasilien über Nacht berühmt gemacht. Nach ihrem Kopfballtreffer in der 86. Minute zog Simone Laudehr im Überschwang der Gefühle ihr Trikot hoch und präsentierte ihren muskulösen Bauch. Dieser Jubel ging um die Welt - und in die deutsche Fußball-Geschichte ein. Der zweite WM-Titel nach 2003 in den USA ist bis heute der letzte geblieben.

Frau Laudehr, denken Sie noch oft an den 30. September 2007?

Zwischendurch denke ich immer mal wieder daran, wie es damals war. Zum Beispiel, wenn ich mit Freunden spreche, auch gerade während der EM in England. Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen, dabei ist es schon 15 Jahre her. Das erschreckt mich manchmal schon. Wo ist die Zeit geblieben, frage ich mich. Damals war ich 21 Jahre alt. Jetzt bin ich 36.

Wie muss man sich eine Weltmeisterschaft 2007 in China vorstellen? War alles streng organisiert?

Sehr viel Zeit, um etwas zu unternehmen, hatten wir nicht. Wir haben viel dort trainiert. Aber Silvia Neid hat uns immer erlaubt, auszugehen. Aber wenn, dann nur als Gruppe. China ist halt eine ganz andere Kultur als hier in Deutschland. Und Zebrastreifen sind nur dafür da, um die Straßen zu verschönern. Daran mussten wir uns erst mal gewöhnen. Auch mit dem Essen war es schwierig. Glücklicherweise hatten wir einen Koch dabei, sonst hätte uns das chinesische Essen zerlegt (lacht).

Wie war der Publikumszuspruch 2007 in China?

Die Stadien waren voll und die Stimmung gut. Es war wirklich eine schöne Weltmeisterschaft. Nicht nur für uns, weil wir damals Weltmeister geworden sind.

Die deutsche Mannschaft ist in den sechs Turnierspielen ohne Gegentor geblieben.

Ja. Wir waren richtig im Flow, haben ein Spiel nach dem anderen runtergerasselt, nur gegen England remis gespielt und alle anderen Spiele gewonnen. Natürlich hatten wir auch Glück. Aber das gehört dazu, wenn man Weltmeister wird.

So wie im Finale gegen Brasilien, als Nadine Angerer in der 64. Minute einen Elfmeter von Fußball-Legende Marta gehalten hat.

Natze hat das schon überragend gemacht, aber der Elfmeter war von Marta auch nicht platziert genug geschossen.

Die Idee, das Trikot hochzuziehen, kam mir ganz spontan. Ich hatte ja Gott sei Dank keine Plautze.

Simone Laudehr über ihren Torjubel im WM-Finale

Zu dem Zeitpunkt lagen Sie durch ein Tor von Birgit Prinz schon 1:0 in Führung. Und in der 86. Minute trafen Sie dann zum 2:0. Und damit war das Finale eigentlich entschieden.

Die Idee, das Trikot hochzuziehen, kam mir ganz spontan. Ich hatte ja Gott sei Dank keine Plautze (lacht).

Im Gegenteil: Die Zuschauer konnten Ihren Sixpack bewundern.

Ja, ich war schon immer ein sportlicher Typ und sehr schlank.

Und Sie waren schlagartig berühmt. Wie war das für Sie mit 21 Jahren?

Ich konnte mit dem Hype erst mal gar nicht umgehen und dem Druck nicht standhalten. Aber ich hatte ja selbst Schuld (lacht). Für mich ging es nach der WM nicht so toll weiter. Ich war sportlich im Tief und zu dieser Zeit auch noch in der Grundausbildung bei der Bundeswehr. Das war anstrengend, aber es hat auch viel Spaß gemacht und war eine schöne Erfahrung. Ich finde, dass den Soldaten in Deutschland viel mehr Respekt entgegengebracht werden sollte.

Stimmt es, dass Sie damals sogar einen zehnseitigen Heiratsantrag von einem Banker aus Dubai bekommen haben?

Das stimmt (lacht). Das war sehr witzig. Aber er hatte nicht mal ein Bild mitgeschickt.

Haben Sie ihm abgesagt?

Nee. Das habe ich nicht gemacht.

Meisterschaft FC Bayern Frauen

Perfekter Karriere-Ausklang: Simone Laudehr (li.) feierte 2021 die deutsche Meisterschaft mit dem FC Bayern München. imago images/foto2press

Im vergangenen Jahr haben Sie beim FC Bayern mit Ihrer ersten Deutschen Meisterschaft Ihre Karriere beendet. Ein schwerer Schritt?

Nein. Ich hatte mich schon 2020 entschieden, dass ich in meine letzte Saison gehe und nicht mehr von Beginn an spielen möchte. Ich hatte Probleme mit meiner Patellasehne und meinem rechten Knie. Das ist ständig dick geworden. Und wird es auch immer noch, wenn ich jetzt Sport mache.

Wie ging es für Sie nach dem Karriere-Ende weiter?

Ich habe schon während meiner Profi-Karriere im Museum von Bayern München gearbeitet und war dort auch danach im Marketing tätig. Dementsprechend wusste ich auch, was ich nach dem Ende meiner Fußball-Laufbahn machen sollte. Bis Ende Juli habe ich beim FC Bayern gearbeitet, und seit Montag arbeite ich als Videoanalyst bei EA Sports in Köln.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren Mitspielerinnen von 2007?

Ja, mit Melanie Behringer und Saskia Bartusiak habe ich immer mal Kontakt. Und einige Spielerinnen wie Lira Alushi zählen zu meinen engen Freundinnen.

Hätten Sie sich gewünscht, dass der Frauenfußball-Boom in Deutschland schon früher eingetreten wäre?

Ich hätte mich gefreut, wenn es schon 2016 nach unserem Olympiasieg in Brasilien so gewesen wäre. Ich finde es super, dass der Frauenfußball hierzulande jetzt mehr zur Geltung kommt. Toll, dass beim Auftaktspiel in Frankfurt ein neuer Zuschauer-Rekord aufgestellt wurde! Die Spielerinnen haben es sich verdient.

Sie waren ja quasi Allrounderin. Gibt es eine Spielerin, die Ihnen ähnlich ist?

Ich habe in meiner Karriere auf vielen Positionen gespielt. Lena Oberdorf ist auch schon eine ziemlich komplette Spielerin. Kathy Hendrich gefällt mir auch, die lässt sich nichts gefallen. So wie ich früher. Ich konnte richtig austeilen, aber auch einstecken. Wenn ich auf dem Platz mal rasiert wurde, dann war es eben so.

Gunnar Meggers

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