3. Liga

Vom Meister zum Absteiger: Die Gründe für den Absturz von Bayern II

Umbruch, Profis, Abwärtsspirale

Vom Meister zum Absteiger: Die Gründe für den Absturz von Bayern II

Als Meister abgestiegen: Bayern Münchens Zweite geht einer ungewissen Zukunft entgegen.

Als Meister abgestiegen: Bayern Münchens Zweite geht einer ungewissen Zukunft entgegen. imago images

Der Hinweis auf die Wiederholung des Schicksals des 1. FC Nürnberg 1969 ist so naheliegend wie verlockend, doch der Vergleich hinkt. Der Club stieg ein Jahr nach seiner letzten Deutschen Meisterschaft ab. Bayern II konnte dies nur nachahmen, weil sie als Zweitvertretung nach dem Titel nicht aufsteigen durften und in der 3. Liga blieben. Manche der folgenden Probleme waren ganz natürlicher Art für den Nachwuchs eines Bundesligisten. Andere dienten als Katalysator für den Absturz in der Rückrunde.

Ein Überblick

Der Kader: Die Abstiegsmannschaft hatte nicht mehr viel gemeinsam mit dem Kern jener Truppe, die nach dem Re-Start 2020 furios bis auf Platz 1 stürmte. Torschützenkönig Otschi Wriedt verabschiedete sich samt seiner 24 Treffer genauso in die Niederlande wie Außenverteidiger Derrick Köhn. Aus der Abwehr gingen zudem mit Lukas Mai und Mert Yilmaz zwei Leistungsträger, aus dem Mittelfeld Paul Will, zunächst Sarpreet Singh und der in der vergangenen Rückrunde extrem starke Woo-Yeong Jeong.

Spielersteckbrief Wriedt
Wriedt

Wriedt Kwasi Okyere

Spielersteckbrief Köhn
Köhn

Köhn Derrick

Spielersteckbrief L. Mai
L. Mai

Mai Lars Lukas

Spielersteckbrief M. Yilmaz
M. Yilmaz

Yilmaz Mert

Spielersteckbrief Will
Will

Will Paul

Spielersteckbrief Singh
Singh

Singh Sarpreet

Spielersteckbrief Jeong
Jeong

Jeong Woo-Yeong

Spielersteckbrief C. Richards
C. Richards

Richards Chris

Spielersteckbrief Dajaku
Dajaku

Dajaku Leon

Spielersteckbrief Musiala
Musiala

Musiala Jamal

Spielersteckbrief M. Tillman
M. Tillman

Tillman Malik

Spielersteckbrief T. Kern
T. Kern

Kern Timo

Spielersteckbrief Arp
Arp

Arp Fiete

3. Liga - 37. Spieltag
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3. Liga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
Dynamo Dresden Dynamo Dresden
72
2
Hansa Rostock Hansa Rostock
70
3
FC Ingolstadt 04 FC Ingolstadt 04
68

Auch Innenverteidiger Chris Richards, ein Anker des Meisterteams, stand nach sporadischen Hinrundeneinsätzen ab seiner Winterleihe nach Hoffenheim nicht mehr zur Verfügung, gleiches gilt für Leon Dajaku. Die in der Endphase des Meisterjahres stark auftrumpfenden Jamal Musiala und Malik Tillman fehlten obendrein, sie waren sportlich fest eingeplant. Musiala spielte sich bei den Profis fest, Tillman riss sich früh in der Saison das Kreuzband. Insgesamt ging viel sportliche Substanz verloren, auch der aus Nürnberg frühzeitig zurückgekehrte Singh steckte zu lange im Leistungstief. Umbrüche, auch große, sind in Nachwuchsteams Normalität, in diesem Fall war er aber zu groß.

Plan mit Seitz geht nicht auf

Der Trainer: Sebastian Hoeneß ergriff nach dem Titelgewinn die Chance Bundesliga und wechselte nach Hoffenheim, womit der Komplettumbruch im Team perfekt war. Da sich die Verpflichtung eines Wunschkandidaten nicht realisieren ließ, sprang Holger Seitz ein, der Aufstiegstrainer von 2019. Der hatte sich eigentlich in eine administrative Rolle am Campus zurückgezogen, das Comeback glückte auch wegen dieser Doppelbelastung nicht. Der späte Trainerwechsel zum Tandem Danny Schwarz/Martin Demichelis verpuffte. Sie stellten von Dreier- auf Viererkette um, verjüngten das Team mit dem Einbau weiterer Talente nochmals, ein Sieg gelang ihnen nicht. Der Wechsel auf der Trainerbank wurde vorgezogen, er war für den Sommer ohnehin geplant. Schwarz und Demichelis sollen nun wie verabredet bleiben und die Regionalliga in Angriff nehmen.

Unterstützung der Profis: Ein heikles Thema. Hinter vorgehaltener Hand fühlte sich die Nachwuchsabteilung nicht ausreichend unterstützt. Das fing bei Abstellungen an: Alphonso Davies, Michael Cuisance, Joshua Zirkzee spielten im Meisterjahr nicht oft, sie halfen aber immer mal wieder aus und steuerten hier und da ein Tor oder einen Assist bei. Kleine, aber wichtige Puzzleteile. Dieser Input fehlte dieses Mal völlig, auch weil die Profis einen ganz engen Terminkalender hatten und selber jeden Spieler benötigten.

Keine Unterstützung in der entscheidenden Phase

Im Gegenteil: In einer entscheidenden Phase beorderte Trainer Hansi Flick Akteure wie Christopher Scott, Josip Stanisic oder Maximilian Zaiser zu den Profis, wo sie - mit Ausnahme der Partie gegen Union Berlin - auf der Ersatzbank saßen und nach der Rückkehr nach unten ihren Rhythmus verloren. Der ein oder andere zusätzliche Transfer hätte zudem geholfen, vor allem der eines erfahrenen Torjägers. Den Verlust Wriedts konnte das Team deshalb nie auffangen, zumal Mittelfeldspieler, Routinier und Top-Torjäger Timo Kern (acht Saisontore) im Endspurt verletzt ausfiel. Zweitbester Goalgetter war bereits der stagnierende Fiete Arp mit fünf Treffern, fast immer per Elfmeter oder Freistoß.

Der Saisonverlauf: Lange glaubten sich die kleinen Bayern in Sicherheit, 26 Punkte nach der Hinrunde schienen ein beruhigendes Polster. Doch in der Rückrunde gelangen nur noch zwei Siege, der letzte am 7. März beim 2:0 gegen Wehen Wiesbaden. Es folgten zwölf sieglose Partien. Eine Abwärtsspirale, die das junge Team nicht mehr stoppen konnte. Ein Kopfproblem? Fehlende Mentalität? Mangelnde Klasse? Eine unheilvolle Mischung aus allem, so fatal wie am Ende entscheidend.

Pech kommt zu Unvermögen

Fehlendes Spielglück kam hinzu: Exemplarisch das 1:1 in Zwickau, als das Team führte, in der mit fünf Minuten viel zu lange angesetzten Nachspielzeit erst zwei dicke Chancen vergab, um dann in der 96. (!) Minute den irregulären Ausgleichstreffer zu kassieren. Den VAR jedoch gibt es in der 3. Liga nicht. Allein diese zwei Punkte mehr hätten Bayern II am letzten Spieltag noch eine kleine Chance gegeben. Dafür ist es jetzt zu spät.

Die Perspektive: Der Abstieg ist ein empfindlicher Dämpfer auf dem Weg, Nachwuchs und Profis besser zu verzahnen und mehr Spieler nach oben zu bringen. Top-Talente lassen sich von diesem Weg eher mit Praxis in der 3. Liga überzeugen als mit Spielen gegen Buchbach oder Illertissen in der Regionalliga. Noch ist offen, mit welchem Ziel die Mannschaft antritt. Eine weitere Verjüngung ist nicht ausgeschlossen mit Blick auf die Vita von Campus-Chef Jochen Sauer. Der kam einst aus dem RB-Imperium, Salzburgs Farmteam Liefering spielt in Österreich praktisch mit einer A-Jugend. Das könnte auch der Weg von Bayern II sein, sollte die Chefetage von der Säbener Straße nicht andere Pläne haben.

Starke Konkurrenz in der Regionalliga

Der Wiederaufstieg dürfte so oder zur Herkulesaufgabe werden. Mitabsteiger Unterhaching will ebenfalls wieder hoch, aus dem ambitionierten Trio Schweinfurt, Bayreuth und Aschaffenburg bleiben mindestens zwei in der Regionalliga, vielleicht alle drei, sollte sich der Sieger aus dieser Runde nicht gegen Nord-Meister Havelse durchsetzen. Der FC Bayern spielt mit seinem Unterbau wieder da, wo er vor dem Aufstieg 2018/19 viel zu lange verweilen musste.

Frank Linkesch

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