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Unparteiische in der Kritik: Nürnberg appelliert an den DFB

Franken fordern Öffnung für männliche Schiedsrichter

Unparteiische in der Kritik: Nürnberg appelliert an den DFB

Brachte das Fass für Nürnberg zum Überlaufen: Schiedsrichterin Nadine Westerhoff.

Brachte das Fass für Nürnberg zum Überlaufen: Schiedsrichterin Nadine Westerhoff. IMAGO/foto2press

Am Montag erschien auf der Website des 1. FC Nürnberg ein Statement von Osman Cankaya, dem Sportlichen Leiter des Frauen-Bundesligateams, in dem er die Leistungen der Schiedsrichterinnen ligaweit schonungslos kritisierte und als Ursache strukturelle Defizite beim DFB anführte.

Der 34-Jährige regte als kurzfristigen Lösungsansatz an, die 1. und 2. Bundesliga auch für männliche Schiedsrichter zu öffnen. Ein sowohl in der Deutlichkeit als auch in der Wahl des Kommunikationsmittels einzigartiger Vorgang. Die Reaktion des DFB ließ nicht lange auf sich warten: Vizepräsident Ronny Zimmermann interpretierte den Nürnberger Vorstoß gar als geschlechterdiskriminierende Kritik an den Schiedsrichterinnen.

Eine krasse Fehlentscheidung zu viel

So will man beim Aufsteiger aber nicht verstanden werden. Auslöser war die krasse Fehlentscheidung des Schiedsrichtergespanns um Nadine Westerhoff in der Partie am vergangenen Samstag zwischen Werder Bremen und dem 1. FCN. Beim Stand von 0:0 traf eine Bremer Flanke in den Strafraum die Nürnberger Kapitänin Lara Schmidt im Gesicht. Der Kontakt wurde als Handspiel von der Unparteiischen gewertet, die einen Strafstoß verhängte und die Nürnbergerinnen auf die Verliererstraße schickte.

Nicht der erste spielentscheidende Eingriff eines Referees in eine Partie der höchsten deutschen Frauenspielklasse. Aber das Maß war jetzt voll bei den Nürnberger Entscheidungsträgern. Dabei wollen die Franken den Eindruck vermeiden, dass man sich nur beschwert, wenn Entscheidungen gegen einen gefällt werden. Im Gegenteil: Bei der Aufzählung der spielentscheidenden Schiedsrichterfehler werden von den FCN-Verantwortlichen ausdrücklich auch Fehlentscheidungen aufgezählt, die zugunsten der eigenen Mannschaft ausfielen.

Kritik über das eigene Wohlergehen hinweg

So wurde ein Blackout von Nürnbergs Keeperin Kristin Krammer, die den Ball in der Partie bei der SGS Essen außerhalb des Strafraums mit der Hand aufnahm, statt mit Rot, nur mit Gelb geahndet. Während dies nicht spielentscheidend war, verweisen die Franken auch auf eine weitaus folgenreichere Szene. So verhängte das Schiedsrichtergespann in der Partie gegen den FC Bayern München im Dezember einen unberechtigten Foulelfmeter für den FCN - Münchens Glodis Perla Viggosdottir hatte Vanessa Haim nur leicht touchiert. Und obwohl dieser Fauxpas dem Aufsteiger das umjubelte 1:1 bescherte, ein unter Umständen entscheidender Punkt im Abstiegskampf, legen die Nürnberger Verantwortlichen auch hier den Finger in die Wunde.

Die lange Kette ähnlich gelagerter Fälle quer durch die gesamte Liga haben den FCN nun zu diesem Schritt - der Sensibilisierung der Öffentlichkeit - veranlasst. Ein Schritt, für den es auf diversen Plattformen fast durchweg zustimmende Reaktionen gibt. Hier hat man einen Nerv getroffen. Jetzt, wo der Geist aus der Flasche ist, haben den FCN auch von anderen Bundesligisten positive Reaktionen erreicht. Letztlich war es wohl nur eine Frage der Zeit, welcher Verein als Erster den Schritt in die Öffentlichkeit wagt.

Franken sehen DFB in der Verantwortung

Die Kritik der Nürnberger soll aber primär nicht den Schiedsrichterinnen gelten, die Woche für Woche mit ihrem Team ihr Bestes geben. Vielmehr steht der DFB im Vordergrund. So kommen aus Sicht des FCN die besten Schiedsrichterinnen regelmäßig nicht in der Frauenbundesliga zum Einsatz, sondern werden in der 2. und 3. Liga im Männerbereich eingesetzt. Dies wiegt umso schwerer, da Schiedsrichterinnen ohnehin rar gesät sind.

Unter dem Abfluss der Spitzenschiedsrichterinnen in den Männerfußball leidet so die Qualität in der Spielleitung bei den Frauen. Der umgekehrte Weg von männlichen Schiedsrichtern in die höchsten Spielklassen im Frauenfußball ist aktuell weiterhin nicht möglich. Hier setzt die Kritik der 1. FC Nürnberg an. Der ergänzende Einsatz junger männlicher Regionalligaschiedsrichter würde die angespannte Situation in der Frauenbundesliga aus Sicht der Franken schnell entspannen.

In Nürnberg will man es bei dem am Montag veröffentlichten Statement bewenden lassen. Jetzt soll wieder der Fußball in den Vordergrund rücken. Und da wartet am Montagabend mit Bayer Leverkusen eine hohe Hürde. Gegen den Tabellen-Sechsten setzte es in der Hinrunde mit 0:6 die höchste Niederlage der laufenden Saison. Nach der 0:4-Niederlage in Bremen, mit der die Fränkinnen wieder auf einen Abstiegsrang gerutscht sind, will die Mannschaft von Coach Thomas Oostendorp zurück in die Erfolgsspur finden und die positive Entwicklung mit zuvor drei Spielen ohne Niederlage bei fünf Punkten fortsetzen.

Martin Bauer

Mit fünf DFB-Nationalspielerinnen: Die kicker-Elf der Bundesliga-Hinrunde