U 21

Malick Thiaw: Einbürgerung, EM-Ticket, "Gardemaß", Matip-Vergleiche

Was macht die Neulinge im deutschen U-21-Kader aus?

Thiaw: Einbürgerung, EM-Ticket, "Gardemaß", Matip-Vergleiche

Durchstarter im Bundesliga-Keller: Schalkes Malick Thiaw.

Durchstarter im Bundesliga-Keller: Schalkes Malick Thiaw. imago images

Wo haben sie den denn hergezaubert? Diese Frage werden sich viele gestellt haben, als am Montag im deutschen U-21-EM-Kader der Name Thiaw - ausgesprochen "Tschau" - auftauchte. Der in Düsseldorf geborene Sohn eines senegalesischen Vaters und einer finnischen Mutter wurde bislang als Finne geführt und erhielt erst kürzlich die deutsche Staatsbürgerschaft. Eine Einbürgerung im Rahmen einer Nacht- und Nebel-Aktion, wie es sie im Profigeschäft mehrerer Sportarten schon öfter gegeben hat, um die Qualität der eigenen Nationalauswahl zu erhöhen?

Auf diesen Gedanken könnte man auch im Fall Thiaw kommen, da trifft er jedoch nicht zu. "Wir beobachten ihn seit Jahren und stehen schon länger mit ihm in Kontakt", erzählt Meikel Schönweitz, Cheftrainer der U-Nationalmannschaften beim DFB, im Gespräch mit dem kicker. Den Einbürgerungsprozess habe Thiaw im Verlauf des vergangenen Jahres angestoßen, so Schönweitz, völlig unabhängig von einer U-21-EM-Perspektive, die es damals noch gar nicht geben konnte, da sich die deutsche Auswahl erst im November für die Endrunde qualifizierte.

Schönweitz: "Er geht den schwereren Weg"

"Was uns besonders freut, ist sein klares Bekenntnis. Er hat uns gegenüber schon öfter betont, dass er sich als Deutscher fühlt und gerne für den DFB spielen möchte", sagt Schönweitz: "Damit geht er den schwereren Weg." Denn zuletzt hatte der finnische Verband bereits mit der Berufung für die A-Nationalmannschaft intensiv um den Innenverteidiger geworben.

Thiaw möchte es trotz weitaus größerer Konkurrenz beim DFB packen, wo er als jüngerer Jahrgang 2001 aktuell sogar noch für die U 20 auflaufen könnte. Schönweitz und Co. wollten den Schalker schon länger zu einem ihrer U-Lehrgänge einladen. Diese Pläne hat Thiaw mit seinen Leistungen überholt und fährt nun direkt zur EM der ältesten Junioren. Innerhalb der chaotischen Schalker Mannschaft ist das Eigengewächs (seit 2015 im Klub) mit inzwischen schon 18 Bundesliga-Einsätzen seit seinem Debüt im März 2020 unter David Wagner eine der ganz wenigen positiven Erscheinungen.

Das ist der deutsche Kader für die U-21-EM

"Er hat einen echten Sprung gemacht, auch die Rückmeldungen vom Verein waren sehr gut", berichtet Schönweitz von Empfehlungen der ihm bestens bekannten Trainer Manuel Baum, Mike Büskens und Dimitrios Grammozis. Baum hatte vor seinem kurzen Hinrunden-Engagement als S04-Cheftrainer die deutsche U 20 trainiert, Schalke-Urgestein Büskens wirkte über Jahre als Assistent im DFB-Junioren-Bereich und der aktuelle Chefcoach Grammozis begleitete mit der Kursgruppe seiner Fußballlehrerausbildung unter anderem die U-21-EM 2017 in Polen, bei der das Kuntz-Team triumphierte.

Viele Schalker Beobachter denken an Matip

"Wir haben direkt am Tag der Einbürgerung telefoniert. Bei uns, mit Stefan als U-21-Cheftrainer an der Spitze, ist dann recht schnell die Entscheidung gefallen, Malick aufgrund seiner Leistungen und regelmäßigen Spielpraxis in der Bundesliga direkt mit zur EM zu nehmen", sagt Schönweitz und betont: "Wenn du dich als 18-Jähriger in der aktuellen Situation auf Schalke etablierst, brauchst du Qualität."

Und was genau kann Kuntz von seinem "brandneuen" Abwehrspieler erwarten? Schönweitz nennt etwa "Gardemaß und Kopfballstärke" des 85 Kilo schweren 1,92-Meter-Manns, der mit dem Schädel bereits ein Bundesligator erzielte (beim 1:1 gegen Stuttgart) und sowohl in einer Dreier- als auch im Zentrum einer Viererkette flexibel einsetzbar ist. Gepaart mit seiner ruhigen, ballsicheren Art, dem meist cleveren Zweikampfverhalten sowie einem guten Auge fürs Spiel erinnert der Rechtsfüßer viele Schalker Beobachter an Joel Matip.

Der in Bochum geborene jetzige Liverpool-Star hatte sich seinerzeit übrigens gegen den DFB entschieden und absolvierte bisher 24 A-Länderspiele für Kamerun, die Heimat seines Vaters. Das Nationalteam der Republik Senegal war laut Schönweitz in den Gesprächen mit Thiaw derweil gar kein Thema gewesen.

Carsten Schröter-Lorenz/TL

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