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SV Todesfelde: "Wir haben Bock auf die Regionalliga"

Drei Highlight-Spiele zum Saisonabschluss

SV Todesfelde: "Wir haben Bock auf die Regionalliga"

99-mal Torjubel: Der SV Todesfelde stellte die mit Abstand stärkste Offensive der Oberliga Schleswig-Holstein.

99-mal Torjubel: Der SV Todesfelde stellte die mit Abstand stärkste Offensive der Oberliga Schleswig-Holstein. Arne Schmuck

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Das Etappenziel ist erreicht, für den SV Todesfelde geht es allerdings erst jetzt so richtig ans Eingemachte. Zum dritten Mal nach 2020 und 2022 sicherten sich die Blau-Gelben den Landesmeistertitel in Schleswig-Holstein. Am Ende waren es stolze acht Punkte Vorsprung vor dem SV Eichede, die 100-Tore-Schallmauer verfehlte der Oberliga-Champion lediglich um einen Treffer. Mit Morten Liebert (28 Treffer) stellt "Tofe" zudem einmal mehr den Torschützenkönig.

Diese Zahlen sollen nun vergoldet werden. Am 25. Mai kommt es daheim in Todesfelde zum Landespokalfinale gegen den Regionalligisten Phönix Lübeck, ehe im Anschluss die Regionalliga-Aufstiegsrunde folgt. Mit Altona 93 (am 29. Mai in Hamburg) und Werder Bremen II (Heimspiel am 2. Juni) warten dort zwei namhafte Schwergewichte auf die Segeberger, die in dieser Dreierrunde zumindest Platz 2 erreichen müssen, um erstmals in der 96-jährigen Vereinsgeschichte die höchste Landesspielklasse nach oben verlassen zu dürfen. Für das 1.144-Seelen-Nest wäre das das i-Tüpfelchen auf eine zuletzt von diversen Erfolgen geprägte Historie.

"Das Pokalfinale ist ein absolutes Bonusspiel, das wir gerne mitnehmen", sagt Todesfeldes Trainer Björn Sörensen. Gleich im ersten Jahr als Coach der Blau-Gelben ist dem 2,02 Meter großen Hünen sowohl in der Meisterschaft als auch im Landespokal ein großer Wurf gelungen. Mit einem Triumph über Phönix wäre das ein noch größerer Wurf, für die Segeberger wäre dieser gleichbedeutend mit der zweiten DFB-Pokal-Teilnahme nach 2020 (0:1-Erstrunden-Niederlage gegen den damaligen Zweitligisten VfL Osnabrück). Dass mit Sörensen sowie seinem "Co" Dirk Hellmann und Torwarttrainer Michael Nordheim bereits vor dem Gewinn des Meistertitels verlängert wurde, spricht für eine Kontinuität, mit der sich "Tofe" in diesem Jahrtausend als Aushängeschild des schleswig-holsteinischen Fußballs etabliert hat.

Wehmut bei Sörensen

"Ich persönlich würde mit der Mannschaft gerne den nächsten Schritt gehen", verrät Sörensen, der Platz 1 in der Oberliga als "Titel, den man nicht schmälern darf" bezeichnet, "weil er das Ergebnis einer kompletten Saison ist". Gleichwohl weiß auch der 38-Jährige, der als Angestellter einer Krankenkasse seine Brötchen verdient, dass das Gesamtresultat aus 30 Meisterschaftsspielen zunächst einmal "nur" für den Briefkopf taugt. "Schade, dass der Meister sich nicht mit einem Direktaufstieg belohnen kann", schwingt dann auch bei Sörensen ein bisschen Wehmut mit. Er selbst kennt bereits das Gefühl von Regionalliga-Fußball. In der Saison 2015/16 war diese rund vier Monate lang als Co-Trainer des TSV Schilksee sein Betätigungsfeld.

Todesfelde setzt auf einen guten Mix aus Jung und Alt, für Sörensen ist dies einer von vier Schlüsseln zum Erfolg. "Unsere mannschaftliche Geschlossenheit hat uns geholfen, eine schwierige Phase im April zu überstehen. Da haben alle ihren Mann gestanden, und es hat sich gezeigt, dass die Last bei uns nicht nur auf wenigen Schultern liegt", erinnert der Coach an den zweiten Schlüssel. So fiel Lieberts kongenialer, ähnlich erfahrener Sturmpartner Marco Pajonk (15 Treffer) mit einer Oberschenkelverletzung einige Wochen aus. Pünktlich zum Pokalfinale und zur Aufstiegsrunde ist der 32-Jährige wieder fit geworden.

Todesfelde auf die fast schon traditionelle Offensivstärke zu reduzieren, wäre ein Trugschluss. Da lässt dann auch Schlüssel Nummer drei schön grüßen: In 30 Partien wurden nur 24 Treffer kassiert, allein sechs davon in den beiden Begegnungen mit dem späteren Absteiger Inter Türkspor Kiel. Bleiben also gerade mal 18 Gegentore in den restlichen 28 Partien. "Unser Geheimnis liegt in der Verteidigung", sagt dann auch Sörensen im Brustton der Überzeugung. Väter des Erfolges sind der häufig überragende Torwart Fabian Landvoigt sowie die regionalligaerfahrenen Verteidiger Christian Rave (Sörensen: "Er ist der Wortführer und hält den Laden zusammen.") sowie Kai-Fabian Schulz.

Längst wächst in Todesfelde - und das ist dann der Schlüssel Nummer vier - aber auch eine neue Generation nach. Junge Spieler, wie der kleine Dribbelkönig Julius Kliti, der bei RB Leipzig und dem FC St. Pauli ausgebildete Paul Meseberg, Pawel Erfmann, Felix Möller oder auch Maximilian Musci, den Sörensen bereits bei seiner vorherigen Station TSV Bordesholm unter seinen Fittichen hatte, haben sich als leistungsstarke Nachrücker ein ums andere Mal empfohlen.

Das ist die stärkste Aufstiegsrunde aller Zeiten.

SVT-Trainer Björn Sörensen

"Nun wollen wir zeigen, dass wir zu Recht oben gestanden haben", gibt sich Sörensen kämpferisch. Über den Tellerrand des Pokalfinals gegen Phönix Lübeck hinausblickend erklärt der Coach: "Das ist die stärkste Aufstiegsrunde aller Zeiten. Werder II arbeitet mit Vollprofis, das ist eine Ausnahmemannschaft, die auf extrem hohem Level trainiert. Allerdings wurden die Bremer in ihrer Liga nur selten gefordert. Mal schauen, ob sie in der Aufstiegsrunde den Hebel umlegen können. Altona ist ebenfalls professionell aufgestellt, doch grundsätzlich brauchen wir uns nicht zu verstecken."

Für Holger Böhm wären der Landespokalsieg und erst recht der Aufstieg in die Regionalliga die nächsten Mosaiksteine eines bereits jetzt beeindruckenden Lebenswerkes. Seit 2003 ist der 62-Jährige 1. Vorsitzender des SV Todesfelde, in seine Ära fällt neben den Erfolgen auch der Aufbau eines Vorzeigevereins. "Für mich ist schon der Meistertitel ein Highlight. Alles, was jetzt noch kommen könnte, wäre eine Zugabe", meint Böhm, der einen erneuten Einzug in den DFB-Pokal als "Riesenchance" bezeichnet, "weil wir uns überregional präsentieren und natürlich auch ein bisschen Geld verdienen könnten". Der kleine Joda-Sportpark in Todesfelde dürfte gegen Phönix mit 1500 Zuschauern ausverkauft sein, auch die Nachfrage für das Heimspiel gegen Werder II ist groß.

Aufwand für "die paar People"

"Wir haben Bock auf die Regionalliga", sagt Böhm. "Wenn alles klappt, wäre es eine Wahnsinnssaison. Wenn nicht, wäre auch alles okay. Denn für uns kommt jetzt die Kür", weiß der Klubboss. Sollte "Tofe" aufsteigen, müssten Umbaumaßnahmen eingeleitet werden. Sämtliche Stehplätze müssten eingezäunt und rund 200 Sitzplätze nachgerüstet werden, hinzu käme der gerne als "Gästekäfig" titulierte Bereich für die Auswärtsfans. "Wie schnell wir das hinbekämen, müsste abgewartet werden. Aber ich bin da total entspannt", betont Böhm. Die Trennung zwischen einheimischen und auswärtigen Zuschauern kann er im Übrigen nicht nachvollziehen. "Für die paar People, die da mitkommen, musst du so einen Aufwand betreiben", meint Böhm kopfschüttelnd.

LANDESPOKAL-FINALE

Gar ein lautes Lachen ringen ihm die Zahlen ab, die in der schleswig-holsteinischen Fußballszene gerne kolportiert werden. "Völliger Blödsinn" kontert er die landläufige Meinung, der Etat des SV Todesfelde sei im hohen sechsstelligen Bereich anzusiedeln. "Das wäre Wahnsinn, ein ganz großer Zirkus. Und wo soll dieses Geld denn überhaupt herkommen?", fragt Böhm, der seinen Verein auch nach einem Aufstieg nicht in diesen Sphären ansiedeln würde: "Das wäre nicht mal annähernd der Bereich, in dem wir uns in der Regionalliga bewegen würden. Wir besorgen lieber Arbeits- und Ausbildungsplätze. Wir sind und bleiben ein Dorfverein, in dem das Ehrenamt die Basis bildet. Und darauf sind wir verdammt stolz."

Arne Schmuck

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