Handball

kicker-Kolumne von Bob Hanning zum Start der Handball-EM

Die Handball-Kolumne von Füchse-Boss Bob Hanning

So kann Deutschland bei der EM alle überraschen

Er schreibt für den kicker ab sofort eine Handball-Kolumne: Bob Hanning.

Er schreibt für den kicker ab sofort eine Handball-Kolumne: Bob Hanning. imago images

Liebe kicker-Leser, vielleicht kennen Sie mich bislang ausschließlich wegen meiner Kleiderwahl oder manch markigen Spruchs vor einer TV-Kamera. Für mich gibt es aber nicht erst seit meiner achtjährigen Vizepräsidentschaft beim DHB nur ein übergeordnetes Ziel: den deutschen Handball nach vorne bringen. Dafür kämpfe ich mit fast allen Mitteln - auch bunten Pullovern. Ich freue mich mit euch und Ihnen auf eine spannende Europameisterschaft. Dabei muss es erlaubt sein, meinungsstark miteinander zu diskutieren. Die Kolumne soll anregen, dabei aber nicht vermitteln: Ich habe immer recht.

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Alle haben Deutschland längst wieder auf dem Schirm

Was ich mir fest vorgenommen habe, ist, dass das Wort Corona in meiner heutigen Kolumne keinen Platz findet. Konzentrieren wir uns lieber auf die deutsche Mannschaft. Haben wir eine vergleichbare Situation zu 2016, als niemand etwas erwartet hat und wir doch alles gewonnen haben? Ich bin überzeugt, dass der Überraschungsmoment nicht mehr gegeben ist. Die Konkurrenz hat Deutschland längst wieder auf dem Schirm. Spätestens durch den Sieg in der Vorbereitung gegen Frankreich sind alle auch ein Stück weit gewarnt. Ich habe mich über das Ergebnis gefreut, aber viel mehr noch über die spielerische Qualität und das Miteinander. Positiv hervorzuheben ist auch die verbesserte Neuausrichtung des Spielkonzepts.

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Was sind die notwendigen Zutaten, um positiv zu überraschen? Eines vorneweg: Die drei Vorrundengegner müssen wir schlagen. Im Tor brauchen wir Andreas Wolff in seiner besten Verfassung. Die kriegen wir, weil das Duo Wolff/Klimpke die richtige Mischung aus Erfahrung und jugendlicher Leichtigkeit hat. Wolff fühlt sich wohler, für ihn ist es einfacher als noch mit Heinevetter oder Bitter.

Beim Thema "Jung und Alt" greife ich mir Kai Häfner (32) heraus. Wenn man seine jüngsten Leistungen mit denen von den olympischen Spielen vergleicht, müsste man annehmen, dass es zwei verschiedene Spieler sind. Er wird uns angesichts seiner ansteigenden Formkurve und seiner neuen, verantwortungsvolleren Rolle definitiv helfen. Wenn man den unbekümmerten Julian Köster (21) dagegenhält, sieht man, dass es eine gute Mischung gibt.

Der neue Kapitän Johannes Golla wirkt auf mich erfrischend, geradlinig, ehrlich und einfach unverbraucht. Keine Rechtfertigungen, keine Vergleiche, einfach frei heraus. Darauf können wir uns freuen. Um unseren langjährigen Kapitän Uwe Gensheimer gab es die immergleichen Diskussionen. Das tut ihm und auch der Mannschaft gut, dass dieser Nebenkriegsschauplatz nicht mehr existiert.

Andere Spieler müssen jetzt zeigen, dass sie uns besser machen können. Da sehe ich Timo Kastening als Paradebeispiel. Unabhängig davon, dass ich Fan von ihm bin, ist es jetzt an der Zeit, dass er seine Persönlichkeit und Geradlinigkeit aufs Feld überträgt. Ich habe selten mit Spielern gesprochen, die so klar im Kopf sind und nicht davor zurückschrecken, Dinge beim Namen zu nennen.

Mertens kann ein Faktor werden

Fehlen noch die Überraschungen, die jedes Team braucht. Ich bin sehr gespannt auf die Linksaußen-Position, auf Marcel Schiller, aber noch viel mehr auf Lukas Mertens. Er hat vor allem in den letzten Monaten eine unglaubliche Entwicklung unter Bennet Wiegert in Magdeburg genommen. Mertens kann ein Faktor werden.

Eines will ich abschließend noch zu Meinungsvielfalt sagen. Diese Kolumne wird auch dazu dienen, Dinge anzusprechen, wie sie aus meiner Sicht sind. Kritisch und ehrlich. Die Meinung von Henning Fritz, der Bundestrainer Alfred Gislason nicht für eine "zukunftsorientierte Lösung" hält, teile ich überhaupt nicht. Ich finde aber, dass man andere Meinungen zulassen muss, ohne Menschen dafür zu verurteilen. Mir ist das selbst oft genug passiert.

Lasst die Mannschaft jetzt erstmal spielen - und uns begeistern.

Bob Hanning (53) hat die Füchse Berlin von der 2. Liga bis in die Champions League geführt, den DHB in acht Jahren als Vizepräsident auf links gedreht und jüngst einen Spiegel-Bestseller (Hanning. Macht. Handball.) geschrieben. In seiner neuen Kolumne analysiert er für den kicker die Geschehnisse rund um Nationalmannschaft und Bundesliga.

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