Int. Fußball

UEFA verschiebt Russland-Entscheidung: Pleite für UEFA & DFB

Thema wurde vorerst von der Tagesordnung gestrichen

Pleite für Ceferin und den DFB: UEFA verschiebt Russland-Entscheidung

Was passiert mit den russischen Jugendmannschaften? Die UEFA hat die Entscheidung fürs Erste vertagt.

Was passiert mit den russischen Jugendmannschaften? Die UEFA hat die Entscheidung fürs Erste vertagt. picture alliance / empics

Sportpolitik ist eine hohe Kunst, die nicht selten in Hinterzimmern stattfindet. Insofern hat sich die UEFA ziemlich blamiert mit Blick auf die Aussetzung ihrer eigenen Entscheidung, russische Nachwuchsteams wieder zuzulassen, die das Exekutivkomitee Ende September getroffen hatte und die heftige Kontroversen offenbarte. Schon in der entsprechenden Sitzung war laut debattiert worden, nachdem das Thema offenbar spontan und unter dem Punkt "Verschiedenes" auf die Agenda gehoben worden war.

Was verwundert. Eine derart staatstragende Entscheidung von hoher Symbolik geprägt, wo doch die hohen Herren in den Gremien gerne vom Fußball als dem angeblich letzten Lagerfeuer der Gesellschaft schwadronieren, wandert durch die Hintertür auf die Tagesordnung? Seltsam. Hatten da zuvor ein paar Funktionäre im Hinterzimmer etwas ausklabustert, um den Rest zu überraschen?

"Keine technische Lösung" als Grund für Kehrtwende?

Bei seiner letzten Sitzung in Limassol jedenfalls befürwortete das UEFA-Exekutivkomitee die Wiederzulassung russischer U-17-Teams grundsätzlich im Beisein der deutschen Vertreter Hans-Joachim Watzke (für den DFB), der in dem Rahmen von einer "51:49-Entscheidung" sprach, und Karl-Heinz Rummenigge (für die ECA). Dies sollte an diesem Dienstag bei der nächsten Exko-Sitzung in Nyon zur Genehmigung bestätigt werden.

Nun wurde das Thema - vorerst - von der Tagesordnung gestrichen. Offiziell, weil "keine technische Lösung gefunden werden konnte, um russischen Mannschaften den Spielbetrieb zu ermöglichen", hieß es seitens der UEFA. In der Tat hätten bereits laufende oder ausgeloste Qualifikationsturniere die Umsetzung in der Praxis erschwert. Zudem hat die UEFA aufgrund des schrecklichen Angriffs auf Israel ein weitgehend dringlicheres Austragungsproblem bei den Herren- und Frauen-Mannschaften zu lösen.

Inoffiziell aber dürfte vor allem das Aufbegehren mehrerer Nationalverbände einen Teil zu der vorübergehenden Verschiebung der Wiederzulassung beigetragen haben. Eine herbe Niederlage für UEFA-Präsident Aleksander Ceferin, der sich fragen lassen muss: Warum wurde ein derart wichtiges wie brisantes Thema nicht im Vorfeld der Limassol-Sitzung transparent angesprochen und diskutiert? Welches Demokratieverständnis pflegt man bitte in der vielbeschworenen Fußballfamilie?

International wirkt der DFB zunehmend isoliert

Zwölf von 55 UEFA-Mitgliedern jedenfalls versagten der Konföderation bis dato die Gefolgschaft: die Ukraine, England, Polen, Rumänien, Estland, Lettland, Litauen, Finnland, Norwegen, Dänemark, Irland und die Schweden, die als Ausrichter der U-17-Europameisterschaft der Frauen 2024 Russland nicht hätten spielen lassen. Bei den Skandinaviern trat Verbandsboss und UEFA-Vizepräsident Karl-Erik Nilsson wegen seines "Ja" zu Russland mittlerweile sogar zurück. Der Deutsche Fußball-Bund DFB, der den Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 ja noch "aufs Schärfste" verurteilt hatte, war in dieser Oppositionsgruppe übrigens nicht dabei.

Verwundern muss das niemanden, international wirkt der DFB zunehmend isoliert. Übte - der mittlerweile nicht mehr ganz so neue - DFB-Präsident Bernd Neuendorf kurz vor der WM in Katar noch heftige Kritik an Weltverbandspräsident Gianni Infantino in Menschenrechtsfragen, ließ sich der DFB im "One-Love-Binden"-Desaster sportpolitisch von Infantino vorführen. Die vermeintliche Front aus mehreren, großen europäischen Nationen, die diese Binde im Emirat tragen wollte, fiel binnen 24 Stunden zusammen, als sei ein Orkan über sie hinweggefegt. Mittlerweile übt sich Neuendorf bei FIFA-Themen mehr in "Ja-aber"-Diplomatie.

Dabei belegt die Aussetzung der Russland-Entscheidung der UEFA, dass sich durchaus etwas erreichen lässt, wenn man sportpolitisch klug agiert. Man darf nun gespannt sein, wie die FIFA in der Frage reagiert. Der Rat des Weltverbandes hatte vor sechs Tagen ebenfalls entschieden, Russlands Nachwuchsteams wiederzuzulassen - Neuendorf übrigens ist Teil dieses Gremiums.

Benni Hofmann