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Alexandra Popp ist die "Persönlichkeit des Jahres 2022"

Stürmerin spielte herausragende EM - Kritischer Geist

"Persönlichkeit des Jahres 2022": Alexandra Popp ragt auf vielfache Weise heraus

Für den kicker die "Persönlichkeit des Jahres": Alexandra Popp.

Für den kicker die "Persönlichkeit des Jahres": Alexandra Popp. IMAGO/Shutterstock

Die Spielführerin der Nationalmannschaft folgt damit auf Robert Lewandowski (2021), Hansi Flick (2020) und Jürgen Klopp (2019).

Die kicker-Redaktion würdigt seit 1990 eine Persönlichkeit, die mit Leistung und Haltung im deutschen Fußball oder für den deutschen Fußball herausragend und vorbildlich gewirkt hat. Dabei zählen nicht nur rein sportliche Ergebnisse und Maßstäbe, sondern auch eine glaubwürdig vertretene Meinung zu Themen dieses Sports sowie beim Blick über den Tellerrand hinaus.

Meinungsstärke und authentisches Auftreten

Die Mittelstürmerin, die mit dem VfL Wolfsburg erneut das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokalsieg erreichte, ragte auf vielfache Weise heraus. Die 31-Jährige zeigte, wie schon häufig in ihrer Karriere, speziell in diesem Jahr bewundernswerten Sportsgeist: Mit ihrer persönlichen Widerstandskraft gegen Verletzungen und als vorbildliche Teamplayerin. Alexandra Popps Stimme hat Gewicht im deutschen Fußball. Dabei verbindet sie ihre Meinungsstärke mit einem gewinnenden, authentischen Auftreten.

Im Interview mit dem kicker (Ausgabe an diesem Donnerstag) sagt Popp zu dieser Ehrung: "Als ich gehört habe, dass ich zur Persönlichkeit des Jahres gewählt wurde, habe ich mich gefragt: Was habe ich denn getan? Ich habe Fußball gespielt, und eigentlich war ich nur ich selbst."  Es sei ihr immer wichtig gewesen, ihre Bodenständigkeit zu behalten. "Das schätzen auch viele an mir." Und weiter: "Ich will mich nicht verstellen, sondern authentisch bleiben."

Trotz Verletzung vor dem Finale: EM das "i-Tüpfelchen"

Natürlichkeit habe auch die gesamte Mannschaft ausgestrahlt, die während der EM in England die Herzen der Menschen eroberte und sich erst im Finale dem Team des Gastgebers geschlagen geben musste, mit 1:2 in der Verlängerung. In diesem Endspiel fehlte Popp, die zuvor sechs Tore erzielt hatte, wegen einer kurz zuvor aufgetretenen Oberschenkelverletzung.

Nachdem sie im April 2021 einen Knorpelabriss im Knie erlitten hatte, war ihre EM-Teilnahme lange Zeit fraglich. Popp sagt heute: "Es war für mich nicht das Schönste, dass ich bei der EM gespielt habe, sondern die Tatsache, dass ich überhaupt dabei sein konnte. Diese Momente miterleben zu dürfen, dass ich mich sportlich zurückkämpfen konnte und das Vertrauen der Bundestrainerin bekommen habe, das war das i-Tüpfelchen. Ich schaue natürlich gerne zurück und habe auch immer noch Gänsehaut, aber durch das verlorene EM-Finale auch ein bisschen Wehmut. Aber das gehört dazu. Und ich bin sehr glücklich, wie alles gelaufen ist."

Popp Thumb Neuneu

"Ihre Stimme hat Gewicht": Alexandra Popp ausgezeichnet

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Sinnbild des Aufschwungs im Frauenfußball und ihr kritischer Geist

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg gratuliert ihrer Kapitänin im kicker. "Diese Auszeichnung hat sie sich verdient. Sie ist eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Für 'Poppi' war es ein ganz besonderes Jahr. Sie steht für mich aber auch stellvertretend für das, was 2022 alles im Frauenfußball passiert ist und welch tolle Entwicklung er genommen hat."

Popp hat sich 2022 wie Voss-Tecklenburg in der Debatte über Verbesserungen für den Fußball der Frauen klar positioniert - und argumentierte dabei stets differenziert, selbst als Bundeskanzler Olaf Scholz in sozialen Medien pauschal die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen forderte.

Alexandra Popp

Ragte auf vielfache Weise heraus: Alexandra Popp.  IMAGO/Schreyer

Dem kicker sagte sie jetzt: "Mir ist schon bewusst, dass meine Stimme als Kapitänin der Nationalmannschaft Gewicht hat, auch schon vor der Europameisterschaft.  … Mir ist aber auch bewusst, dass zu viel und zu laut auch nicht immer das Richtige ist." Ihre Erwartungen für 2023 seien auf den Fußball bezogen weiter klar: "Ich hoffe für die Vereine der Frauen-Bundesliga, dass dort jetzt infrastrukturell die nächsten Schritte gegangen und die Bedingungen professioneller werden, damit wir im nächsten Schritt vom Profitum sprechen können, weil ich glaube, dass die Bundesliga dann noch besser wird."

Angemessene Grundgehälter, die es Bundesliga-Spielerinnen tatsächlich ermöglichen, Fußball als Beruf auszuüben, verbesserte Bedingungen für das Training und die Betreuung in den Klubs, weitere Mittel für die Nachwuchsförderung an der Basis und Fortschritte in der Ausbildung von Trainerinnen und Trainern sind Aspekte des Fußballs der Frauen, die von Führungskräften der Vereine und des DFB immer wieder angesprochen werden. Sie verbindet die Erwartung, dass der Boom 2022 über das WM-Jahr 2023 hinaus eine nachhaltig positive Wirkung entfaltet.

Da in den vier Spielzeiten von 2023/24 bis 2026/27 insgesamt 20,7 Millionen Euro aus den Fernsehrechten erlöst werden (pro Saison 5,17 Millionen Euro), das 16-fache im Vergleich zur laufenden Saison, ist eine Grundlage dafür geschaffen.

Jörg Jakob

Im kicker-Interview (Donnerstag-Ausgabe und eMagazine) spricht Alexandra Popp außerdem über weitere EM-Effekte, ihre Gefühle beim Toreschießen, ihr Durchsetzungsvermögen und die zunehmenden Belastungen für Spitzenspielerinnen.

Von 1990 bis heute: Alle Persönlichkeiten des Jahres