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Neymar als Schütze Nummer 5 - eine fatale Entscheidung?

Argentinien geht einen anderen Weg

Neymar als Schütze Nummer 5 - eine fatale Entscheidung?

Ließ den Tränen nach dem dramatischen Viertelfinal-Aus gegen Kroatien freien Lauf: Brasiliens Star Neymar.

Ließ den Tränen nach dem dramatischen Viertelfinal-Aus gegen Kroatien freien Lauf: Brasiliens Star Neymar. IMAGO/Shutterstock

Kroatien hatte sich wie erwartet als kein leichter Gegner für Brasilien im WM-Viertelfinale entpuppt. Die Kockasti waren der Seleçao mit taktischer Geschlossenheit begegnet, nicht mit offenem Visier - und mit Torwart Dominik Livakovic, der mit vielen Paraden den Rekordweltmeister entnervt und so die Verlängerung ermöglicht hatte.

In dieser war dann zunächst die Weltklasse von Neymar aufgeblitzt: Antritt, Doppelpässe, umkurvter Keeper und überlegter Abschluss unter die Latte - 1:0. Fürs Weiterkommen hatte das jedoch nicht gereicht, weil den Kroaten mit ihrem einzigen (!) Torschuss kurz vor Ablauf der Uhr der Ausgleich gelungen war (Joker Bruno Petkovic).

Ohne Schuss und in Tränen: Der Plan mit Neymar misslingt

Wm-Viertelfinale

Das Elfmeterschießen musste demzufolge die Entscheidung bringen. Und hier entschied sich der brasilianische Trainer Tite bei der Ermittlung der Schützen mit seinem Team zu folgender Reihenfolge: Rodrygo an Nr. 1, Casemiro an Nr. 2, Pedro an Nr. 3, Marquinhos an Nr. 4 und Neymar erst an Nr. 5. Der Profi von Paris Saint-Germain schießt normalerweise für Brasilien die Elfmeter. Vor seinem Treffer zum 1:0 gegen die Kroaten in der Verlängerung hatte Neymar seine jüngsten sechs Treffer für Brasilien vom Punkt erzielt.

Coach Tite bestätigte die Wahl Neymars als fünften Schützen später: "Da ist der Druck am größten." Deswegen sei die Wahl auf Neymar gefallen. Eine falsche, wie sich herausstellen sollte ...

Statt Chance auf den WM-Pokal gibt's die Hand von Perisics Sohn

Weil die ersten vier kroatischen Spieler allesamt trafen und auf der anderen Seite sowohl Rodrygo als auch Marquinhos verschossen, durfte das Aushängeschild der Seleçao gar nicht mehr schießen - und Brasilien schied mit 2:4 im Elfmeterschießen dramatisch aus. Bei vier der vergangenen fünf Weltmeisterschaften war für die stolze Fußballnation nun schon in dieser Runde Schluss - und bei all diesen WM-Turnier stets gegen ein europäisches Land (Frankreich 2006, Niederlande 2010, Belgien 2018, Kroatien 2022 im Viertel- sowie gegen Deutschland 2014 im Halbfinale); die letzte Finalteilnahme datiert aus dem Jahr 2002.

Die Folge waren Stille und Entsetzen auf den Rängen, bei den Protagonisten auf dem Feld und sicherlich auch in der Heimat des fünfmaligen Titelträgers - und inmitten des Kamerabildes pures Entsetzen auch bei Neymar. Der 30-Jährige sackte direkt nach dem Ausscheiden gen Boden, brach in Tränen aus und wurde minutenlang von Teamkameraden und auch Gegnern aufgemuntert - etwa auch vom Sohn von Ivan Perisic, der dem Fußballidol vieler junger Brasilianer die Hand gab.

CR7 ist auch bekannt als Nummer 5

Neymar (hier getröstet von Dani Alves)

Auch Minuten nach dem sicheren Aus noch in Tränen aufgelöst: Neymar (hier mit Dani Alves). IMAGO/Xinhua

Anhänger und Beobachter dieses Spiels drückten in der Folge in den sozialen Kanälen ihren Unmut über das Nicht-Erscheinen von Neymar im Elfmeterschießen auf. Für viele hätte er als erster Schütze antreten sollen.

Neymar sollte im Falle eines fünften Elfmeters im Optimalfall der Schlüssel fürs Halbfinale sein. Geklappt hatte das in der Vergangenheit auch schon: 2014 im Achtelfinale gegen Chile etwa war er als Schütze Nr. 5 aufgetreten, hatte verwandelt und seine Nation neben dem folgenden Fehlschuss des Gegners (Gonzalo Jara) eine Runde weiter geschossen. Im olympischen Endspiel 2016 gegen Deutschland hatte Neymar ebenfalls - nach einem vorangegangen Fehlschuss von Nils Petersen - als fünfter Schütze verwandelt und durfte sich als Gold-Held feiern lassen.

Dass diese Taktik aber auch schiefgehen kann, hat sich nun gezeigt. Diskussionen darüber gibt es immer mal wieder, da auch Cristiano Ronaldo als Elfmeterexperte schon einige Male als fünfter Schütze ans Werk gegangen ist - und zum Beispiel neben einem goldenen letzten Treffer im WM-Viertelfinale 2006 gegen England auch schon wie Neymar gar nicht antreten durfte (EM 2012, Halbfinale gegen Spanien). 

Lionel Messi, der mit Argentinien nur Stunden nach Brasiliens Aus dramatisch gegen die Niederlande im Elfmeterschießen weiterkam, war hingegen im entscheidenden Thriller nach einem Fehlschuss von Oranje-Schütze Virgil van Dijk als Erster für die Albiceleste an den Start gegangen und hatte das Weiterkommen so erfolgreich eingeleitet.

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