Livakovic stand mit dem Rücken zum Spielfeld. In wenigen Minuten, so viel war klar, würde die Entscheidung mal wieder aus elf Metern fallen. Im Achtelfinale war Kroatiens Torwart zum Held aufgestiegen, als er gegen Japan gleich drei Elfmeter entschärfte - nun kehrte sich Livakovic vom Rasen ab und studierte einen Zettel, den er in den Händen hielt.
Es sollte sich auch dieses Mal auszahlen, dass sich der 27-Jährige Notizen gemacht hatte.
Brasilien fehlt es an Ideen - mit einer Ausnahme
Von Anfang an setzten die Kroaten der Kombinationsfreude der Brasilianer körperliche Robustheit entgegen, gewannen in der ersten Hälfte nicht weniger als 60 Prozent der Zweikämpfe und ließen die Südamerikaner damit gar nicht erst Fahrt aufnehmen. Die einzige Ausnahme: ein Dribbling von Vinicius Junior, das der 22-Jährige nach einem Doppelpass mit Richarlison aus gefährlicher Strafraumposition mit einem Flachschuss abschloss - geblockt (20.).
Kurz vor der Pause war es dann Neymar, der einen Freistoß vom linken Strafraumeck direkt aufs Tor trat, der Schuss wurde abgefälscht, bereitete Kroatiens Torwart Livakovic allerdings keine Schwierigkeiten (42.). Auf der anderen Seite gab es ebenfalls kaum Torraumszenen. Nur einmal mussten die Brasilianer die Luft anhalten, doch Perisic traf den Ball nicht richtig, als er eine Pasalic-Flanke mit dem ersten Kontakt abnehmen wollte (13.).
Brasilien rennt an - Livakovic, immer wieder Livakovic

Er hat ihn: In der zweiten Hälfte verhinderte Dominik Livakovic ein ums andere Mal das 1:0 für Brasilien. imago images
Nach dem Seitenwechsel erhöhte Brasilien die Schlagzahl, fand seinen Meister aber immer wieder in Livakovic. Erst parierte er per Fuß, als Gvardiol eine flache Hereingabe von Vinicius klären wollte, den Ball aber aufs eigene Tor lenkte (47.) - dann gewann er auch die Duelle mit Neymar (55.) und Lucas Paqueta (66.).
Die Kroaten konnten sich nun glücklich schätzen, dass es noch 0:0 stand. Vorne kam der Vizeweltmeister kein einziges Mal nennenswert zum Abschluss - und hinten musste Livakovic erneut gegen Neymar (76.) und Lucas Paqueta (80.) retten.
Das Führungstor für die Seleção schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, doch Kroatien verteidigte das 0:0 mit Glück und Geschick - Verlängerung.
Neymar legt vor, Petkovic antwortet
Brasilien bestimmte das Geschehen und suchte gegen tiefstehende Kroaten nach Lücken - und fand diese schließlich in Person von Neymar: Nach zwei Doppelpässen tauchte der Superstar alleine vor Livakovic auf, umkurvte ihn und trat den Ball aus kurzer Distanz unter die Latte (105+1). Nun war Brasilien auf bestem Wege ins Halbfinale, doch Kroatien hatte aus heiterem Himmel eine Antwort parat: Orsic wagte einen Vorstoß über die linke Seite und bediente Petkovic nahe des Elfmeterpunkts - 1:1 (117.).
Die Entscheidung musste also vom Punkt fallen, und da schwang sich Livakovic einmal mehr zum gefeierten Mann auf. Kroatiens Torwart parierte gleich den ersten Versuch von Rodrygo, später scheiterte Marquinhos am Pfosten - Brasiliens Aus war besiegelt.