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"Massaker beenden": Paris-Roubaix-Renndirektor sieht hohes Tempo als Problem

Politt: "Angst darf man nicht haben"

"Massaker beenden": Paris-Roubaix-Renndirektor sieht hohes Tempo als Problem

Mit teils sehr hohen Geschwindigkeiten stürzen sich die Fahrer in die Abfahrt.

Mit teils sehr hohen Geschwindigkeiten stürzen sich die Fahrer in die Abfahrt. picture alliance / Roth / SCA

Für Thierry Gouvenou, Renndirektor des Klassikers Paris-Roubaix, ist das rasante Tempo bei Abfahrten eine Ursache für die zunehmenden Stürze im Radsport. "Stopp, stopp, stopp, lassen Sie uns das Massaker beenden. Fangen wir an, über die Geschwindigkeitsprobleme nachzudenken", sagte Gouvenou der französischen Sportzeitung L'Équipe.

Am Donnerstag hatten unter anderem Jonas Vingegaard, Remco Evenepoel und Jay Vine bei einem Massensturz während der Baskenland-Rundfahrt folgenschwere Knochenbrüche erlitten. Auch den Vuelta-Elften von 2023, Steff Cras, erwischte es böse. Der 28-Jährige erlitt einen Pneumothorax sowie mehrere Rippen- und Wirbelbrüche. Nach Angaben seines Teams TotalEnergies werde Cras "einige Tage im Krankenhaus bleiben".

An der Zeit, sich Grenzen zu setzen

Gouvenou sieht das Problem vor allem in der Tempoentwicklung auf Abfahrten - auch bei der Baskenland-Rundfahrt passierte der Sturz bei einer Abfahrt: "Die Fahrer (der Begleitfahrzeuge, Anm. d. Red.) bei den Rennen, die sehr erfahrene Leute sind, sagen mir, dass sie keinen Sicherheitsabstand mehr haben, wenn sie vor den Radfahrern abfahren. Die Abfahrten auf den Pässen werden mit über 100 km/h gefahren." Es sei an der Zeit, sich Grenzen zu setzen. "Man hört von völlig überzogenen Übersetzungen, die verwendet werden."

Bei der Aerodynamik und beim Bremsen habe es enorme Fortschritte gegeben, erklärte Gouvenou, das gehe aber viel zu schnell: "Leider ist man, sobald man von der Straße abkommt, nicht geschützt, weil das Radfahren auf der Straße von Herrn Jedermann stattfindet."

Für das am Sonntag stattfindende Eintagesrennen von Paris nach Roubaix mit seinen gefürchteten Kopfsteinpflaster-Passagen haben die Planer eine Schikane eingebaut, um die Geschwindigkeit und somit die Sturzgefahr zu mindern.

Politt: "Alles wird schneller, alles wird besser"

Nils Politt, der am Sonntag als einer der deutschen Hoffnungsträger bei Paris-Roubaix an den Start geht, sieht das vergrößerte Gefahrenpotenzial begründet in den diversen Veränderungen im Radsport. "Wir werden immer schneller, weil das Material immer weiterentwickelt wird. Das ist wie in der Formel 1, kann man sagen", so Politt, "von Aero-Helmen oder Stoffen für das Trikot, die besser im Wind stehen, bis hin zu Laufrädern. Alles wird schneller, alles wird besser."

Doch nicht nur das Material hat sich verändert, auch im Fahrerfeld sieht Politt eine neue Entwicklung: "Allgemein ist das Stresslevel deutlich höher. Die Rennen werden immer schneller und immer früher eröffnet", sagte der deutsche Meister im Zeitfahren, "das hat sich schon verändert im Vergleich zu meinen ersten beiden Jahren in der World-Tour."

Jonas Vingegaard Helm

Jonas Vingegaard und sein Team überraschten in diesem Jahr mit einem neuen Zeitfahr-Helm. IMAGO/Sirotti

Für Angst sei aber kein Platz. "Man sollte schon Respekt haben. Aber Angst darf man nicht haben. Wenn Angst mitfährt, fährt man vorsichtig. Und dann hat man mehr oder weniger schon verloren", sagte der 30-Jährige vom Team UAE Emirates.

Immer wieder Stürze

Auch wenn die Saison bislang noch jung ist und mit den Frühjahrsklassikern erst so richtig Fahrt aufnimmt, gab es schon einige schlimme Unfälle. Beim Halbklassiker Quer durch Flandern verletzte sich Wout van Aert schwer. Am Mittwoch schockte zudem ein Trainingsunfall des deutschen Hoffnungsträgers Lennard Kämna auf Teneriffa das deutsche Bora-hansgrohe-Team.

Der Königstransfer der Raublinger Equipe, Primoz Roglic, kam als Gesamtführender der Baskenland-Rundfahrt am Donnerstag ebenfalls zu Fall. Der Slowene zog sich Schürfwunden, Prellungen sowie Blutergüsse zu. Von Frakturen blieb er verschont, die Rundfahrt, die am Samstag in Eibar endet, musste er dennoch beenden.

sts, DPA, SID

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