DEL

Mannheim und Berlin kratzen an der oberbayerischen Dominanz

DEL-Vorschau: Die Titelkandidaten

Mannheim und Berlin kratzen an der oberbayerischen Dominanz

Gehören mit ihren Klubs zu den Titelkandidaten: Adam Almquist, Tom Kühnhackl, Andrew Rowe, Kai Wissmann (v.li.).

Gehören mit ihren Klubs zu den Titelkandidaten: Adam Almquist, Tom Kühnhackl, Andrew Rowe, Kai Wissmann (v.li.).

EHC Red Bull München

Ausgangslage: Dank eines glatten 4:1 im Finale gegen den ERC Ingolstadt sicherten sich die Münchner ihren vierten DEL-Meistertitel. Starcoach Don Jackson erklärte danach seinen Rücktritt, bleibt dem Team aber als Berater erhalten, sodass auch sein Nachfolger, Ex-Bundestrainer Toni Söderholm, auf seinen Rat bauen kann. 

Kader: Auf den Schlüsselpositionen bleibt Söderholm der Meisterkader erhalten. Ein paar Veränderungen gab es dennoch. Verteidiger Zach Redmond trat mit 35 Jahren zurück, Daryl Boyle (36) wechselt mit Co-Trainer Steve Walker nach Schwenningen (dort Chef), Shootingstar Maksymilian Szuber wurde von NHL-Klub Arizona gedraftet und wird 2023/24 wohl im Coyotes-Farmteam in Tucson (AHL) spielen. Im Gegenzug kam Nationalspieler Dominik Bittner aus Wolfsburg, zudem Andrew MacWilliam zurück. Königstransfer war in der Defensive zweifellos der spielstarke Schwede Adam Almquist (32), der über enorme internationale Erfahrung verfügt. 

Im Sturm gingen mit Frederik Tiffels (Berlin) und Justin Schütz (Köln) zwar sogar zwei Nationalspieler, die mit Markus Eisenschmid und Nico Krämmer (beide aus Mannheim) aber adäquat ersetzt wurden. 

Stärken & Schwächen: In der vergangenen Saison stellten die Oberbayern den besten Sturm (205 Tore) und die beste Abwehr (nur 132 Gegentore). Die größte Veränderung des Sommers war der Trainerwechsel, der auch die größten Fragezeichen aufwirft - auch wenn  Söderholm die erfolgreiche Taktik seines Vorgängers nur in Nuancen ändern will. Die ersten Eindrücke aus der CHL, in der die Münchner nach drei Siegen aus den ersten vier Spielen vorne mit dabei sind, ließen keine größeren Eingewöhnungsprobleme zwischen Coach und Team erkennen.  

Ausblick: Auch mit Trainer- und moderatem Personalwechsel ist das dominante Team der letzten Saison der Topfavorit auf den Titel 2024. Dank Eingespieltheit und qualitativ hochwertiger Besetzung bis tief in die deutschen U-23-Positionen, auf denen die Münchner - dank enger Verzahnung mit der RB-Akademie in Salzburg - exzellent aufgestellt sind. 

Viele neue Gesichter: Die Trainer der DEL-Saison 2023/24

Adler Mannheim

Ausgangslage: Im Halbfinale endete im Frühjahr Mannheims Saison mit einem 2:4 gegen Ingolstadt. Es folgte ein mittelgroßer Umbruch, auch auf der Trainerposition. Johan Lundskog - begleitet unter anderem vom ehemaligen NHL-Cheftrainer Curt Fraser als "Co" - wurde Nachfolger des umstrittenen Bill Stewart auf der Cheftrainerposition. Der erst 39-jährige Schwede mit auch kanadischen Wurzeln war zuvor knapp eineinhalb Jahre Cheftrainer des renommierten Schweizer Topklubs SC Bern gewesen, ehe er im November 2022 kurioserweise von Söderholm abgelöst worden war. Lundskog soll nun Titel in die Kurpfalz zurückbringen. 

DEL - Saison 2023/24

Kader: Während im Tor mit Routinier Felix Brückmann (32) und Senkrechtstarter Arno Tiefensee (21) alles beim Alten blieb, holte Manager Jan-Axel Alavaara gleich vier neue Importspieler in der Abwehr: Jordan Murray (30) aus Wolfsburg, der zum Start noch gesperrt fehlen wird. Dazu mit Jyrki Jokipakka (32) und John Gilmour (30) zwei Akteure mit geballter Erfahrung auch in NHL und KHL. 

In der Offensive wurde es sogar noch prominenter: Linden Vey (32) war in den letzten Jahren wohl einer der konstant besten Center außerhalb der NHL, in der einst auch schon spielte. Für die Abteilung Kreativität kamen auch Daniel Fischbuch (30) aus Düsseldorf und Kris Bennett (27) aus Lugano. Daneben wird der zweimalige Stanley-Cup-Sieger Tom Kühnhackl (31) seine Deutschland-Rückkehr im Adler-Trikot absolvieren. Ein echter Königstransfer

Stärken & Schwächen: Während die Adler 2022/23, nicht zuletzt dank viel Physis und Athletik im Team, kaum mehr Tore zuließen als München, gehörte die Offensive zu den Problemzonen. Selbst für Mannheimer Verhältnisse klotzte der Branchenkrösus in Sachen Neuzugängen - Vey und Kühnhackl seien hier nur vorangestellt - mächtig ran, sodass das Toreschießen kaum mehr ein Problem sein dürfte. 

Ausblick: Die großen Investitionen nicht nur bei den Importspielern lassen keinen anderen Schluss zu - die Adler streben einen Großangriff auf den Meistertitel an und sind neben München der größte Titelfavorit. 

ERC Ingolstadt

Ausgangslage: Erst im Finale endete eine fulminante Saison 2022/23 der Schanzer, die mit attraktivem Tempo-Eishockey, implementiert von "Trainer des Jahres"  Mark French, schon in der Hauptrunde zu Platz zwei hinter München gestürmt waren. Gerade in der Offensive mussten die Oberbayern im Sommer indes ein paar schmerzhafte Abgänge hinnehmen. 

Kader: Stefan Matteau versucht sich per Tryout noch einmal in der NHL, Topscorer Frederik Storm wechselte nach Köln, Ty Ronning nach Berlin, der Deutsch-Kanadier Justin Feser nach Wolfsburg. Damit verließen vier der besten Scorer den Klub. Als Ersatz kam Travis St. Denis (30), der selbst einer der Topscorer von DEL-Konkurrent Straubing gewesen war, der spielstarke Patrik Virta (27) vom finnischen Meister Tappara Tampere. Dazu Routinier Andrew Rowe (35) aus der Schweiz und Power Forward Casey Bailey (31) aus Iserlohn. 

Stärken & Schwächen: Größtes Faustpfand im Kader bleiben die starken deutschen Akteure um Kapitän Fabio Wagner (27) und Leon Hüttl (22) in der Abwehr sowie Aufsteiger Wojciech Stachowiak (24), Daniel Pietta (36) und Mirko Höfflin (31) im Angriff. Ob der phasenweise äußerst dominante Spielstil mit den neuen Importspielern dauerhaft beibehalten werden kann, ist zwar fraglich. Doch French verfügt noch immer über einen Kader mit vielen Optionen.  

Ausblick: Im Duell mit München, Mannheim und den wieder nach höherem strebenden Eisbären und Haien muss sich Ingolstadt strecken, wird sich aber - wenn man vom Verletzungspech verschont bleibt - dank des spielstarken Kaders aber durchaus behaupten können. 

Großes Aufrüsten in Mannheim und Berlin

Eisbären Berlin

Ausgangslage: Was für ein Abstieg! Als amtierender Meister und sogar Titelverteidiger rutschten die Hauptstädter in der vergangenen Saison sensationell auf Rang elf ab und verpassten so sogar die Qualifikationsrunde für die Play-offs. Ein wenig überraschend blieb Meistertrainer Serge Aubin im Amt. Auf Spielerseite fiel der Umbruch dagegen weit weniger zimperlich aus. 

Kader: Von den Importspielern des Vorjahres stehen nur noch die Verteidiger Morgan Ellis und Julian Melchiori sowie die Stürmer Zach Boychuk und Yannick Veilleux unter der Vertrag. Verdiente Kräfte wie Matt White und Kevin Clark gingen trotz laufender Verträge. Neu wurden unter anderem Meisterspieler Blaine Byron (28) aus Schweden zurückgeholt, dazu der in Ingolstadt stark aufspielende Ronning (25) und mit dem 33-jährigen ehemaligen NHL-Spieler Patrice Cormier ein äußerst erfahrener und robuster Center. Im Tor endete das Experiment mit drei jungen Keepern mit der Verpflichtung von Jake Hildebrand (30) aus Frankfurt. 

Damit aber noch längst nicht genug: Denn auf der deutschen Seite gelang es den Eisbären, WM-Silbermedaillengewinner Kai Wissmann (26) nach einem Jahr in der NHL-Organisation der Boston Bruins zurückzuholen, langfristig zu binden - und obendrein nach dem Abgang von Urgestein Frank Hördler zum neuen Kapitän zu machen. Nach schwerem Jahr in München kam mit Frederik Tiffels (28) ein weiterer Nationalspieler, mit Lean Bergmann (25) und Tobias Eder (24) gleich zwei weitere Akteure aus dem Dunstkreis des Nationalteams, deren Entwicklung noch längst nicht abgeschlossen ist. 

Stärken & Schwächen: Wussten die Berliner in ihren beiden Meisterjahren 2020/21 und 2021/22 zumeist in jeder Spielsituation eine gute Antwort, war in der vergangenen Spielzeit alles anders. Offensiv fehlte die Selbstverständlichkeit und manchmal auch der letzte Zug, defensiv präsentierte sich das Team vielfach zu offen und wenig zweikampffreudig. Führt der doch recht radikale personelle Umbruch vor allem im Angriff zu einer Rückkehr zu vergessenen Meistertugenden?

Ausblick: Nominell wurde der auf Schlüsselposition zuvor ein wenig in die Jahre gekommene Kader runderneuert - und dies mit für DEL-Verhältnisse sehr prominenten Akteuren. Finden Aubin und Team wieder zusammen, ist für die Eisbären weit mehr als nur die Rückkehr in die Play-offs möglich. 

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jom