Der Start in die Saison 2020/21 wurde erneut verschoben - von Mitte November auf die zweite Dezemberhälfte. "Jeder ist völlig deprimiert", beschrieb Wolfgang Gastner, Geschäftsführer der Nürnberg Ice Tigers, die Stimmung unter den 14 DEL-Klubs im Gespräch mit dem kicker. "Wir stehen hilflos da und versuchen alles, aber unser Geschäftsmodell wird verboten. Wir können nur mit einer gewissen Anzahl an Zuschauern in die Saison starten, anders ist es nicht möglich. Und genau diese sind nicht erlaubt."
20 Prozent an Zuschauern wären aktuell zulässig, doch das reicht wohl keinem DEL-Klub, um überleben zu können. "In Nürnberg bräuchte ich mindestens 3.000 Zuschauer in der Arena, um einigermaßen kostendeckend arbeiten zu können. Ob diese dann auch kommen, steht auf einem ganz anderen Blatt", rechnet Gastner vor. Wie bereits schon im Fußball zu sehen war, werden die erlaubten Zuschauer-Kapazitäten oftmals nicht erreicht. "Genau deshalb bringt es auch nichts, sich auf eine Auslastung von 50 Prozent einzulassen, wenn dann trotzdem keine Zuschauer kommen, weil sie Angst oder aufgrund der Beschränkungen wie etwa dem Mundschutz keinen Spaß haben."
Die Idee einer "Vollkasko-Versicherung"
Ziel der DEL-Klubs ist es deshalb, unabhängig vom Infektionsgeschehen oder der tatsächlichen Zuschauerzahlen eine finanzielle Absicherung zu haben. Diese soll aus dem mit 200 Millionen Euro dotierten Konjunkturpaket Profisport geschöpft werden. "200 Millionen Euro sind bewilligt worden, doch unsere Zuschüsse sind auf 800.000 Euro je Klub gedeckelt. Meine konkrete Forderung wäre, diese Deckelung aufzuheben, damit alle Covid-19-bedingten Einnahme-Ausfälle erstattet werden können. Also so wie bei einer Vollkasko-Versicherung", erklärt Gastner. "Jeder DEL-Klub hat im Frühjahr einen Haushaltsplan eingereicht, der bewilligt wurde. Das ist das entscheidende Dokument, um zu sehen, welche Ausfälle es bei welchem Verein gibt. Ganz einfach. Keiner kann sich an Zuschüssen bereichern. Es geht auch nicht darum, auf Staatskosten Schulden abzubauen. Die Ausfälle sind durch die Budgetierung klar definiert."
Steht die Politik zu ihrem Rettungspaket?
Im Falle der Ice Tigers betrüge der maximale Ausfall an Zuschauereinnahmen maximal 3,8 Millionen Euro. "Das ist die Worst-Case-Deckelung", erklärt Gastner. "Es soll also nur das vom Staat übernommen werden, was wir an Ausfällen haben. Sollten im Januar, Februar oder März wieder mehr Zuschauer erlaubt sein, würde weniger von diesem Budget abgerufen werden."
Es soll nur das vom Staat übernommen werden, was wir an Ausfällen haben.
Wolfgang Gastner
Ob sich die Politik auf diesen Vorschlag einlässt? "Die Hoffnung ist groß", sagt Gastner. "Ich habe einen Termin in der Staatskanzlei, weil ich das weiter befeuern und die Entscheider sensibilisieren möchte. Ich will erklären, dass ein breiter bewilligtes Budget reichen würde, um den Profisport zu retten. Mit diesen 200 Millionen Euro könnte man den kompletten Profisport neben dem Fußball wunderbar retten."
Das deutsche Eishockey am Scheideweg
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Die Zeit drängt. Je später die DEL startet, desto unwahrscheinlicher ist es, dass nach der regulären Saison (52 Spiele pro Team) auch Play-offs ausgetragen werden können. Auch eine Absage der kompletten Saison 2020/21 ist noch nicht vom Tisch. Oberste Priorität hat für die DEL-Klubs deshalb, dass überhaupt wieder Eishockey gespielt werden kann. "Uns geht es auch darum, nicht komplett von der Bildfläche zu verschwinden. Wir können unseren Sport nicht einfach anderthalb Jahre brach liegen lassen. Das wäre fürchterlich", betont Gastner und erklärt, warum: "Da hängt ja auch ein Rattenschwanz dran: Die DEL stellt Spieler für die Nationalmannschaft und finanziert die Jugendarbeit in den einzelnen Vereinen. Wenn es keine DEL gibt, dann auch keine Olympia-Silbermedaillengewinner, dann spielen DEL2- oder Oberliga-Spieler in der Nationalmannschaft und es gäbe keine Nachwuchsarbeit mehr. Das wollen wir alle nicht!"