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Kohfeldt über Wolfsburg-Aus: "Kann es nicht so ganz verstehen"

Der frühere VfL- und Werder-Coach trainiert mittlerweile die KAS Eupen

Kohfeldt über Wolfsburg-Aus: "Kann es nicht so ganz verstehen"

Kämpft in Belgien mit der KAS Eupen gegen  den Abstieg: Florian Kohfeldt.

Kämpft in Belgien mit der KAS Eupen gegen  den Abstieg: Florian Kohfeldt. IMAGO/Photo News

Als Trainer von Werder Bremen erlebte Florian Kohfeldt ab 2017 einen steilen Aufstieg. Rückblickend wäre es dem 41-Jährigen jedoch recht gewesen, wenn die Aufmerksamkeit weniger auf seine Person gerichtet gewesen wäre, wie er in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erklärt. "Dieser Hype: Das war nicht ich. Ich glaube, es gibt 100 Zitate von mir, mit denen ich versuche, die Mannschaft hervorzuheben und nicht mich. Aber das ist halt in Deutschland dann nicht möglich, mit dieser Botschaft durchzudringen."

Dass er diesen "Hype" trotz Wechselgerüchten nicht für sich und seinen nächsten Karriereschritt genutzt hat, sieht der Coach weiter als richtige Wahl. "Vielleicht hätte ich mit einem anderen Charakterzug schneller auf einen anderen Zug springen können, der mich vielleicht dann auch, sagen wir mal, in ein Regal katapultiert hätte, wo ich vielleicht nicht so schnell wieder runterfallen kann", spekuliert Kohfeldt, "Aber meine Devise war und ist immer: Ich habe eine Zusage gegeben und die Zusage halte ich ein. Ich bin loyal."

Nach einem 0:2 in Augsburg am vorletzten Spieltag der Saison 2020/21, durch das der SVW auf den Relegationsplatz abrutschte, trennten sich die Wege dennoch. Thomas Schaaf übernahm für den letzten Spieltag, verlor mit 2:4 gegen Gladbach und stieg als 17. direkt ab. Für Kohfeldt ging es derweil nach kurzer Pause schon in Wolfsburg weiter.

Kohfeldt sah seine Ziele in Wolfsburg als erreicht

In der Autostadt verbrachte der Coach jedoch nicht einmal eine Saison. Zwar hielt er mit den zwischenzeitlich strauchelnden Wölfen letztlich sicher die Klasse, doch der Verein entschied sich am Ende der Spielzeit für die Trennung. "Ich kann es auch mit Abstand nicht so ganz verstehen", gesteht Kohfeldt. Zwar sei der VfL eine Mannschaft, die "grundsätzlich nach deutlich mehr strebt" als Platz zwölf, doch unter "schwierigen Rahmenbedingungen" sei es darum gegangen, "die Mannschaft zu stabilisieren und eine Entwicklung anzustoßen". Ziele, die der Coach aus seiner Sicht erreicht habe.

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Im Anschluss an die Saison 2021/22 hätte es zwar die Möglichkeit gegeben, einen neuen Job anzutreten, Kohfeldt entschied sich jedoch für eine Auszeit. "Bis zum Winter 2022 habe ich dann auch bewusst mit keinem Verein geredet. Und dann war mir relativ klar, was ich will", erinnert sich der gebürtige Siegener: "Ich wollte auf jeden Fall mal ins Ausland"

So heuerte Kohfeldt im vergangenen Sommer bei der KAS Eupen in der belgischen Jupiler Pro League an. Dort kämpft er zurzeit als Vorletzter gegen den Abstieg in Liga zwei, den sein Vorgänger Edward Still schon in der Vorsaison nur knapp verhindern konnte.

"Breitere Trainerrolle" als Reiz in Belgien

Für den 41-Jährigen sei es bei seiner Wahl in erster Linie darum gegangen, "diese Lebenserfahrung zu machen", in einem Land zu coachen, "in dem die Trainerrolle etwas breiter definiert ist als die in Deutschland".  In Belgien könne er beispielsweise deutlich mehr Einfluss auf die Kaderplanung nehmen, da es zwar einen Teammanager, aber "nicht so wie in der Bundesliga zwei Manager und den Chefscout, die mit am Platz stehen", gebe. "Im Sommer war ich in die Kaderplanung so weit eingebunden wie vorher noch nirgendwo. Da gehörte zu meinen Aufgaben auch, Kontakte zu Spielern zu knüpfen und auch mal mit deren Agenten zu sprechen."

Die KAS gehört zu der Aspire Zone Foundation aus Katar, sei jedoch kein "Retorten-Klub", wie Kohfeldt betont. "Was ich mag und wofür ich immer kämpfen würde, ist ein Verein mit klaren Werten, der diese lebt und der diese nicht verkauft. Man muss zum Beispiel sagen: Die KAS Eupen ist familiär, sozial und engagiert in der Region."

Ein zentraler Punkt für den Trainer, auch in der Investoren-Diskussion in Deutschland. "Grundsätzlich gilt für mich: Wenn sportliche Ambitionen und Werte in Einklang zu bringen sind, auch ohne Investor und in einer reinen Vereinsstruktur, dann finde ich das gut", erklärt Kohfeldt. "Wenn das nicht geht, könnte man sich überlegen, ob und wie man die Dinge zusammenbringen kann. Nicht jeder Investor ist sicherlich gut für einen Verein. Aber ausschließen würde ich es keinesfalls." Allerdings müsse es dafür "klare, der Vereinskultur angemessene Kriterien geben", betont der Mann, der im deutschen Oberhaus 150-mal an der Seitenlinie stand. 

Die Bundesliga ist eine richtig geile Sache. Das merkt man manchmal gar nicht mehr, wenn man mittendrin ist.

Florian Kohfeldt

Den Fußball in Deutschland hat Kohfeldt auch im Ausland weiter fest im Blick. "Die Bundesliga ist eine richtig geile Sache. Das merkt man manchmal gar nicht mehr, wenn man mittendrin ist." Dennoch könne man sich bei den Belgiern etwas abschauen: "Ich habe hier wieder ein bisschen neu gelernt, sich auf das wirklich Wichtige im Fußball zu konzentrieren und Dinge zu priorisieren", erklärt Kohfeldt. Außerdem empfindet er den Ansatz zur Nachwuchsentwicklung als deutlich freier. "Wir geben den Spielern schon viel früher klare Aufgaben und Anweisungen für bestimmte Situationen. Das machen die Belgier nicht", erklärt Kohfeldt und glaubt, "dass die richtig guten Spieler durch die Freiheiten hier in Belgien ihre Fähigkeiten besser entwickeln können."

Eine Erkenntnis, die der Trainer für seinen nächsten möglichen Job in Deutschland mitnehmen will. "Die Wahrscheinlichkeit ist wohl gerade am größten, dass ich wieder in Deutschland arbeiten möchte", blickt er voraus, fügt allerdings an: "Das muss aber nicht so kommen." Kohfeldt könne sich durchaus vorstellen, auch "in einer etwas erweiterten Funktion" zu arbeiten. "Letztendlich geht es darum, was ich reizvoll finde. Das kann ein Trainerjob in Deutschland sein. Das kann ein Trainerjob im Ausland sein. Es kann aber auch sein, dass es reizvoll ist, hier fünf Jahre in Belgien zu bleiben."

dza

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