3. Liga

Klub-Idol Joachim Streich zum FCM-Absturz: "Das tut einfach weh"

"Kein Leben in der Mannschaft"

Klub-Idol Joachim Streich zum FCM-Absturz: "Das tut einfach weh"

Die Leistungen des 1. FC Magdeburg haben Klub-Ikone Joachim Streich zuletzt überhaupt nicht mehr gefallen.

Die Leistungen des 1. FC Magdeburg haben Klub-Ikone Joachim Streich zuletzt überhaupt nicht mehr gefallen. imago images

"Ich würde den Kader verkleinern. Der ist viel zu groß", sagt Streich. "Statt 30 Mann würde ich 22, 23 Spieler für den Rest der Saison auswählen, auf die gebaut wird." Die sportliche Krise, die auch vom neuen FCM-Trainer Christian Titz bislang nicht gestoppt wurde, weckt tiefe Sorgen bei dem Mann, der als Spieler (1975 bis 85) und Trainer (1985 bis 1990 und Juli 1991 bis März 1992) den Klub aus Sachsen-Anhalt prägte. Gegen Verl sei "kein Leben in der Mannschaft gewesen", sagt Streich. "Das war ein blutleerer Auftritt. Für mich sah es fast so aus, als hätten sich einige schon aufgegeben." Nach einem Trainerwechsel erwarte man, "dass sich die Spieler neu beweisen wollen - aber da kam nichts".

Mit Ausnahme von Torhüter Morten Behrens fehle es dem Team an Konstanz, "er spielt eine gute Saison, ohne ihn sähe es noch schlimmer aus". Neben der verloren gegangenen defensiven Stabilität macht dem früheren Top-Stürmer, der Rekordtorschütze der DDR-Nationalmannschaft (55 Tore in 102 Länderspielen) und der DDR-Oberliga (229 Tore in 378 Spielen) ist, vor allem die harmlose Offensive zu schaffen: "Nach vorn fehlen Tempo, Ideen und Durchschlagskraft."

Den Anfang der momentanen Misere des Europapokalsiegers von 1974 verortet der DDR-Rekordnationalspieler und kicker-Kolumnist in den personellen Entscheidungen nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga im Sommer 2018. "Der FCM hatte die Chance, sich in der 2. Liga festzusetzen", sagt Streich im Interview. "Aber man muss sagen, dass die Weichenstellung vor jener Zweitligasaison nicht geglückt ist. Bis auf Marius Bülter wurde zu viel Masse statt Klasse gekauft. Da wurde am falschen Ende gespart. Nichts war teurer als der folgende Abstieg in die 3. Liga." Jetzt, so der frühere Angreifer, stehe der Verein kurz vor der Regionalliga: "Das tut einfach weh. Und das Schlimmste ist, dass ich manchmal denke, dass mich das mehr beschäftigt als die Spieler."

Der damalige Magdeburger Aufstiegstrainer Jens Härtel, den der FCM im November 2018 nach 13 Zweitliga-Spieltagen entlassen hatte, mischt aktuell mit dem FC Hansa Rostock - Streichs anderem Ex-Klub - im Aufstiegskampf mit. Streich, der als Spieler 1975 von Rostock nach Magdeburg gewechselt war, traut Hansa die Rückkehr in die 2. Liga zu: "Die Mannschaft hat sich sportlich stabilisiert. Und das Umfeld inklusive des Stadions sind sowieso reif für mehr als die 3. Liga." Für Härtel, den er einst in seiner Trainer-Zeit beim FSV Zwickau anleitete, ist Streich voll des Lobes: "Jens arbeitet sehr akribisch und fleißig. Er ist ein angenehm sachlicher Typ."

Und Fakt, so Streich mit Blick auf den Absturz des 1. FC Magdeburg, sei eines: "Nach Härtel wurde es nicht besser." Der FCM habe nach der Phase der Kontinuität mit Härtel zu viele Trainer - Michael Oenning, Stefan Krämer, Claus-Dieter Wollitz, Thomas Hoßmang, jetzt Titz - beschäftigt: "Jeder von ihnen hat neue Ideen und einen eigenen Ansatz. So kann keine Ruhe reinkommen."

Steffen Rohr