Europa League

Mehr Neue als Nottingham: Wie Marinakis auch in Piräus wütet

Olympiakos-Präsident krempelt den Serienmeister kräftig um

James, Marcelo und mehr Neue als Nottingham: Wie Marinakis auch in Piräus wütet

Sie wollen Olympiakos voranbringen: Neuzugang Marcelo und Präsident Evangelos Marinakis.

Sie wollen Olympiakos voranbringen: Neuzugang Marcelo und Präsident Evangelos Marinakis. imago images (2)

Es war der 14. Mai, am vorletzten Spieltag der Play-offs, als Olympiakos vorzeitig den 47. Meistertitel feierte. Es war der dritte in Folge im vierten Jahr unter Erfolgstrainer Pedro Martins, dieser hatte unlängst für zwei weitere Jahre verlängert. In Zusammenarbeit mit der Klubführung, aber ohne den zu Monza abgewanderten Sportdirektor Francis Modesto, liefen die Planungen für die Champions-League-Qualifikation.

Es kamen - wie vom Portugiesen gewünscht - ein temporeicher Außenspieler (der Däne Philip Zinckernagel, der Nottingham zum Premier-League-Aufstieg verholfen hatte), ein erfahrener Rechtverteidiger (Sime Vrsaljko von Atletico Madrid) und ein hängender Stürmer (Aboubakar Kamara von Ligakonkurrent Aris). Damit sollte der Einzug in die CL-Gruppenphase gelingen. Business as usual also.

Bis zum 27. Juli. Da zeigte das unscheinbare Maccabi Haifa mit dem sensationellen 4:0 in Piräus schonungslos, dass zuvor wohl zu viele Probleme unter den Teppich gekehrt worden waren. Erfolgstrainer Martins musste gehen, aber die lodernde Kritik über die unattraktive Spielweise und vor allem über die Aussortierung von Publikumsliebling Kostas Fortounis (28 Bundesliga-Spiele für Kaiserslautern) gab es schon lange vorher.

Hinzu kamen die täglichen Meldungen über Neuverpflichtungen des Premier-League-Aufsteigers Nottingham Forest. Besitzer Evangelos Marinakis kümmere sich nun mehr um sein "neues Kind" und vernachlässige seinen Stammverein, so lautete der Tenor der zahlreichen, erfolgsverwöhnten Fans in der griechischen Hafenstadt.

Europa League, 2. Spieltag

Die Verpflichtung des eher unerfahrenen Spaniers Carlos Corberan, der lediglich Huddersfield in seiner Trainer-Vita aufweisen kann, beruhigte in Piräus niemanden. Dass der 39-jährige Spanier in jedem seiner zehn Spiele als Coach mit einem durch Abgänge und Zugänge fast täglich veränderten Kader klarkommen musste, erwähnt keiner der rund 30 Olympiakos-Reporter, die täglich jede Trainingseinheit, jeden Spielzug, jeden Wechsel und jede Aktion ausgiebig in TV-, Radio-, Print- und digitalen Kanälen analysieren.

Nach nur 50 Tagen im Amt schien noch vor dem Freiburg-Spiel die Erlösung und Ablösung des Spaniers nur eine Frage der Zeit zu sein. Der dürftig verfügbaren Zeit des allmächtigen Präsidenten, der wohl bald einen namhaften Coach nach Piräus lotsen wird.

Nebengeräusche inklusive: Marinakis übernimmt Ligavorsitz

Dass die Olympiakos-Führung nach den seltenen nicht gewonnenen Spielen in der Liga lautstark die Schiedsrichter kritisiert, ist in Hellas fast schon Tradition. Im Europacup sind es aber nach der Pleite gegen Freiburg (0:3) mittlerweile schon elf sieglose Partien nacheinander, die lautlos hingenommen werden. Auch ein Novum. Nicht das Einzige in diesem denkwürdigen Sommer.

Die Kritik an den Unparteiischen hat meist gereicht, um in den Spielen danach "nicht mehr benachteiligt zu werden". Doch die neue Verbandsführung um den Juristen Takis Baltakos scheint keine offenen Ohren dafür zu haben. So sah sich Marinakis gezwungen, bei der Wahl zum neuen Ligachef persönlich anzutreten. Mit weiteren acht Stimmen der kleineren Vereine wurde er letztlich auch gewählt.

Dass zufällig seine neue Internet-Einkaufsplattform "Shopflix" diese acht Klubs mit einer für sie überlebenswichtigen sechsstelligen Summe sponserte, kann auch Zufall sein.

Die Konkurrenz rüstet auch auf

Zurück zum Sportlichen. In der laufenden Saison gibt es über die Liga zwei Tickets für die Champions-League-Qualifikation zu gewinnen. Das hat allerdings auch die gesamte Konkurrenz auf dem Zettel. Panathinaikos investierte erstmals nach vielen Jahren gezielt in teure Spieler; so kamen etwa Torjäger Andraz Sporar (für drei Millionen Euro von Sporting), Mittelfeld-Antreiber Benjamin Verbic (Dynamo Kiew) sowie der Brasilianer Bernard, der bis Sommer 2021 für Everton in der Premier League gekickt hatte.

kicker-Analyse: "Das ist Freiburg aus der Bundesliga nicht gewohnt"

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Die eingespielten Athener unter Trainer Ivan Jovanovic führen nach vier Spielen mit zwölf Punkten die Tabelle souverän an. Stadtrivale AEK verkaufte für die neue Arena "Hagia Sophia", die am 30. September eingeweiht wird, schon mehr als 26.000 Dauerkarten. Lediglich knapp 6000 werden bei jedem Heimspiel in den freien Verkauf gehen. Unlängst waren es beim Publikumsmagneten Olympiakos weniger als die Hälfte an verkauften Saisonkarten.

PAOK verjüngte gezielt sein Team, um mit jungen, erfolgshungrigen Spielern - darunter der ehemalige Bayern-Profi Tiago Dantas oder Keeper Dominik Kotarski mit Ajax-Ausbildung - mittelfristig eine starke Mannschaft zeitgleich mit dem Stadionneubau bis 2026 auf die Beine zu stellen.

20.000 Fans feiern Marcelo - James lässt dann alle ausflippen

Und Olympiakos? Der Serienmeister schaffte es auch dank zweier gewonnener Elfmeterschießen in die Gruppenphase der Europa League. Noch zu wenig, um auch nur einen erfolgsverwöhnten Fan zu beeindrucken. Also holte man Ende August Spielmacher Pep Biel für schlappe sechs Millionen vom FC Kopenhagen. Vor der Konkurrenz wurde finanziell mit den Muskeln gespielt, was aber noch keinen Grund für Ekstase lieferte.

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Für diese sorgte allerdings Real-Legende Marcelo, der kurz vor Transferschluss noch zusagte, um wenig später vor 20.000 Fans samt Präsident Marinakis stundenlang gefeiert zu werden. Am Donnerstag kam noch der Kolumbianer James dazu, der endgültig jeden Fan ausflippen lässt.

Dass kurz nach seiner Vorstellung eine erbärmliche 0:3-Schlappe gegen Freiburg folgte, erscheint als momentaner Schönheitsfehler, für den Martins, Corberan, der Verband oder "Feinde des größten Klubs" Verantwortung tragen. Doch welcher Trainer kann aus 36 Spielern eine Einheit formen? Schon jetzt hadern altgediente Größen wie Manolas, Sokratis, Torjäger El-Arabi und der 38-jährige Franzose Valbuena wegen fehlender Einsatzzeiten. Und wenn dann auch noch Fanliebling Fortounis fit wird ...

23 Neuzugänge - sogar einer mehr als Nottingham!

Sowohl Marcelo als auch James beleben die marode Super League enorm. Auch den Dauerkartenverkauf und erst recht den Trikotverkauf. Doch James darf bis zur WM-Pause lediglich bei acht Ligaspielen mitwirken, für die Europa League kann er nur dann nachgemeldet werden, wenn Olympiakos sportlich dort überwintert. Was aktuell mehr als fraglich ist. Gleiches gilt für die anderen Neuen Diadie Samassekou (Mittelfeld, Leihe mit Kaufoption von Hoffenheim) und Cedric Bakambu (Angreifer, Olympique Marseille).

Mit den aktuell vereinslosen, alten Bekannten Omar Elabdellaoui (zuletzt Galatasaray, 29 Bundesliga-Spiele für Braunschweig, danach Olympiakos), Pajtim Kasami (schon von 2014 bis 2016 bei Olympiakos) und Alexandros Paschalakis (zuletzt PAOK, ehemals Jugendspieler bei Olympiakos) stehen drei weitere mögliche Transfers bis zum 30. September vor dem Abschluss. Wären insgesamt 23 Neue, einer mehr als Nottingham!

Und nebenbei hat Nottingham auch geholfen: mit Ui-Jo Hwang (für etwa vier Millionen von Bordeaux zu den Engländern und sofort an Olympiakos verliehen) und Josh Bowler (für zwei Millionen von Blackpool geholt), der sich am Deadline Day noch gefreut hatte, in der Premier League angekommen zu sein. Dazu kommt der Brasilianer Gustavo Scarpa, der im Januar ablösefrei von Palmeiras zu Nottingham wechselt und jetzt schon als fixer Neuzugang in Piräus gehandelt wird.

Er wäre nach Biel, Fortounis, James und Valbuena bereits der fünfte Zehner im Kader. Bleibt abzuwarten, welcher Trainer mit dieser "reizvollen" Aufgabe umgehen kann.

Georgios Vavritsas

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