Rein sportlich sieht es für Spartak Moskau in dieser Premier-Liga-Saison recht gut aus, wenngleich die Hauptstädter das Spitzenspiel an diesem Mittwoch bei Tabellenführer, Meister und Double-Champion Zenit St. Petersburg mit 1:3 verloren haben. Mit sechs Punkten Rückstand rangiert Spartak aber auf Rang 2 und hat die Champions-League-Qualifikation damit im Blick.
Das treibt Trainer Domenico Tedesco derzeit also nicht so um wie etwas anderes: seine persönliche Gefühlslage. Kurz nach dem 1:3 in der nördlichsten Millionenstadt der Welt hat sich der frühere Schalke-Coach (2017-2019) nämlich extrem offen präsentiert und Einblick in sein Gedankengut gewährt. Der Tenor dabei: Tedesco möchte den Moskauer Klub bis Saisonende verlassen, er sehnt sich nach seiner Familie.
"Die schwerste Entscheidung in meiner Karriere"
Tedesco, der auch schon in Aue (2017) gearbeitet und nach seinem Schalke-Aus bei Juventus Turin gelernt hat, habe den Eigentümer des Vereins bereits am Vortag darüber informiert, dass er seinen Vertrag im Mai auslaufen lassen wolle, berichtet die Agentur "Tass" über den 35-Jährigen und zitiert diesen auch: "Das war die schwerste Entscheidung in meiner Karriere."
Tedesco sei stolz auf seine Zeit bei Spartak. Doch wegen der Reiseeinschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie wolle er lieber bei seiner Familie sein: "Als ich den Vertrag unterschrieben habe, konnten sie noch zu mir fliegen." Der frühere Schalke-Coach ist im Oktober vorigen Jahres bei Spartak vorgestellt worden. Zwischen Russland und der EU gibt es seit diesem Frühjahr allerdings keinen regulären Flugverkehr wegen der weltweiten Pandemie.
Tedesco verbal attackiert
Doch das ist offenbar nicht der einzige Grund, der das Verlangen des gebürtigen Italieners in Richtung Heimat bestärkt. Am jüngsten Wochenende zeigte sich Tedesco entsetzt nach Anfeindungen eines russischen Kollegen. "Mir wurde von der gegnerischen Bank gesagt, dass sei ihr Land und ich solle es verlassen", berichtete er. "Ich bin schockiert." Er habe so etwas nicht für möglich gehalten: "Wir alle lieben den Fußball. Weder Ausländerfeindlichkeit noch Gewalt haben im Sport und in unserer Gesellschaft etwas zu suchen."
Zu dem Vorfall kam es am vergangenen Samstag bei der Begegnung zwischen FK Sotschi und Spartak. Die Moskauer verloren das Spiel mit 0:1. Der Torwarttrainer von Sotschi, Dmitri Borodin, rief dem Deutsch-Italiener demnach zu: "Das ist unser Land." Und Borodin selbst bestätigte dies im Anschluss. Die Vereine kündigten an, den Fall aufklären zu wollen.