Frauen

Martina Voss-Tecklenburg: "Bin komplett zusammengebrochen"

Ex-Bundestrainerin räumt Fehler ein

"Ich bin komplett zusammengebrochen": Voss-Tecklenburg erklärt sich

Hat sich ausführlich zu ihrer Situation in den letzten Monaten geäußert: Martina Voss-Tecklenburg.

Hat sich ausführlich zu ihrer Situation in den letzten Monaten geäußert: Martina Voss-Tecklenburg. IMAGO/Sven Simon

WM-Aus, Trainerfrage, öffentliche Auftritte, Kommunikation über Anwälte - und schließlich das endgültige Aus als Bundestrainerin: Die letzten Monate hatte die Personalie Martina Voss-Tecklenburg für viele Diskussionen in Fußballdeutschland gesorgt und viele Fragen offen gelassen. Auch, weil sich eine Person kaum selbst geäußert hatte: Voss-Tecklenburg selbst. Das hat sich nun geändert.

In einem am Montag veröffentlichten ZDF-Interview schildert die Ex-Bundestrainerin unter anderem, dass es ihr bereits vor der Frauen-WM in Australien und Neuseeland "nicht gut ging", weil "die letzten Jahre sehr anstrengend waren". Ab 2018 war die frühere Nationalspielerin Bundestrainerin, wurde unter anderem 2022 Vize-Europameisterin mit der DFB-Auswahl. Das enttäuschende Aus in der Gruppenphase bei der Weltmeisterschaft warf allerdings Fragen um die Weiterbesetzung ihres Postens auf.

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Auch sie selbst habe sich hinterfragt, sagt Voss-Tecklenburg im Interview. "Ich habe dann mit der entsprechenden Analyse für mich beschlossen, erstmal weiterzumachen", berichtet sie von einem Gespräch mit den DFB-Entscheidern. "Aber es war ambivalent bei mir. (...) Zwischendurch habe ich immer wieder gemerkt: Da sind Ängste, da ist eine gewisse Unsicherheit, da ist eine Leere in meinem Kopf."

Nach dem ersten Entschluss, so Voss-Tecklenburg, sei sie dann nach Hause gefahren - wo sich die Situation änderte. "Im Gespräch mit meinem Mann bin ich komplett zusammengebrochen", berichtet sie. "Ich hatte vorher schon schlaflose Nächte, musste mich erbrechen, war gestresst und innerlich kaputt, als ob dir jemand den Stecker zieht." Zudem habe sie Panikattacken gehabt und einen Druck auf der Brust verspürt. "Ich habe gemerkt: Der Kopf ist leer, ich bin nur am Weinen, ich bin nicht in der Lage, konstruktiv zu denken."

In diesem Moment sei ihr klar geworden, dass sie vorerst nicht weiter arbeiten könne und sich in ärztliche Behandlung begeben. Voss-Tecklenburg selbst habe in dieser Zeit "körperliche Reaktionen" auf ihren Zustand gezeigt, wie sie weiter beschreibt, "ich habe viel geweint, ich habe sechs Kilo abgenommen". Auch weil sie sich selbst nicht in der Lage sah, sich öffentlich zu äußern, hatte es reichlich Spekulationen und Unklarheiten um die 55-Jährige gegeben.

Im September hatte der DFB bekanntgegeben, dass Voss-Tecklenburg in den Nations-League-Spielen in Dänemark und gegen Island nicht zur Verfügung stehen werde und sprach von einer Erkrankung, ging aber nicht näher auf Details ein. Die Verantwortlichen betonten aber, dass man zu ihr halten würde und installierte Horst Hrubesch als Interimscoach. Voss-Tecklenburg sei zu diesem Zeitpunkt bereits wieder gesundgeschrieben gewesen, erklärt sie, hatte aber Erholungsurlaub genommen.

Im Nachhinein muss ich sagen: Das war ein Fehler.

Martina Voss-Tecklenburg

Die Irritationen um ihre Person waren größer geworden, als Voss-Tecklenburg im Oktober beim Bayerischen Zahnärztetag einen Vortrag gehalten hatte - obwohl sie sich noch im Erholungsurlaub befand und noch keine WM-Analyse mit den Spielerinnen getätigt hatte. Das hatte unter anderem Nationalspielerin Lena Oberdorf kritisiert.

Foto : Lena Sophie OBERDORF ( GER ) Fussball international, UWNL , Frauen Länderspiel am Di. 26.09.2023 Deutschland - Island 4 - 0 *** Photo Lena Sophie OBERDORF GER football international, UWNL , women international match on Tue 26 09 2023 Germany Iceland 4 0

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Im Interview erklärt Voss-Tecklenburg, dass sie vor ihren Auftritten, über die sie den DFB informiert habe, eine Presseerklärung mit dem Verband habe abgeben wollen, was "aus unterschiedlichen Gründen" nicht geklappt habe. Dass sie ihren Zustand und ihr Vorhaben nicht vorab besser kommuniziert habe, bereue sie aber. "Im Nachhinein muss ich sagen: Das war ein Fehler", stellt sie klar. "Es wäre besser gewesen, bestimmte Leute zu informieren." Sie habe "bestimmt den ein oder anderen Moment versäumt".

Von einigen Menschen beim DFB "enttäuscht"

Seit den Vorkommnissen habe sie mit einigen Nationalspielerinnen Kontakt gehabt und sich mit einem Schreiben verabschiedet. Für eine persönliche Verabschiedung "brauche ich emotional noch", so Voss-Tecklenburg weiter. "In den Gesprächen merke ich noch, dass es mir weh tut. (...) Bundestrainerin zu sein, war ein riesiges Privileg, aber auch eine riesige Anstrengung - und ich habe den Preis dafür gezahlt."

Mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf habe es in der Zeit zwei Telefonate sowie ein langes Gespräch im Zuge der Vertragsauflösung gegeben, die letztlich Anfang November vonstatten ging. Eine dauerhafte Nachfolge-Lösung gibt es noch nicht. Vom DFB an sich sei Voss-Tecklenburg nicht enttäuscht, sondern nur "über Menschen, bei denen ich das Gefühl habe, sie haben mir etwas unterstellt". Namen nannte sie dabei aber nicht.

Sie selbst ist "noch nicht am Ende des Prozesses". Der der deutschen Nationalmannschaft wird nun weitergehen - ohne sie.

mib

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