Int. Fußball

Fifpro warnt vor Belastungen wie im Fall Bellingham

1394 Verletzungen in den Top-5-Ligen seit der Winter-WM

Fifpro warnt vor Belastungen wie im Fall Bellingham

In jungem Alter bereits sehr hoher Belastung ausgesetzt: Jude Bellingham.

In jungem Alter bereits sehr hoher Belastung ausgesetzt: Jude Bellingham. IMAGO/Revierfoto

Jude Bellingham wird am 29. Juni 20 Jahre alt. Stand heute hat er bereits 14.445 Spielminuten in Senioren-Spielen seiner Vereine und A-Länderspielen absolviert - Testspiele nicht mitgerechnet. Deutlich mehr als der bisherige Rekordhalter der englischen Nationalmannschaft Wayne Rooney (Jahrgang 1985), der bis zum Alter unter 20 auf 10.989 Einsatzminuten kam.

Stärkere physische und mentale Belastung als früher

Die Vergleichswerte in jüngerer Zeit anderer Frühstarter liegen sogar deutlich darunter: Jadon Sancho (Jahrgang 2000) brachte es in jungen Jahren auf 7184, Raheem Sterling (1994) auf 7174 und Marcus Rashford (1997) auf 5936 Spielminuten. "Es ist erwiesen, dass die Kannibalisierung des Spielkalenders die heutigen Spitzenspieler mental und physisch stärker belastet als die vorherige Generation", betont Jonas Baer-Hoffmann, der Generalsekretär der internationalen Spielergewerkschaft Fifpro.

Bellingham, der in diesem Sommer für eine Ablöse in Höhe von 103 Millionen Euro zu Real Madrid wechselt, schleppte sich mit Knieproblemen durch die gesamte Saison, absolvierte aber auch auf eigenen Wunsch trotzdem die meisten Spiele beim BVB und in der Nationalmannschaft, so auch bei der WM in Katar.

Fifpro setzt sich für Entlastung der Spieler ein

Sein Debüt im Seniorenfußball gab Bellingham bereits im Alter von 16 Jahren und 38 Tagen 2019 im Trikot von Birmingham City FC in der zweiten englischen Liga. Die Fifpro setzt sich schon länger für obligatorische Pausen innerhalb und außerhalb der Saison, eine Begrenzung der Anzahl von englischen Wochen und die Minimierung von Auslandsreisen ein. "Es ist äußerst wichtig, dass wir einige der Maßnahmen einführen, um die Spieler vor psychischen oder physischen Verletzungen zu schützen“, sagt Präsident David Aganzo bei der Vorstellung eines Berichts am Rande des Champions-League-Finals in Istanbul.

Extremfall durch WM in Katar

Mit dem 60-seitigen Report über die Arbeitsbelastung von Top-Spielern will die Spielergewerkschaft auch die aus ihrer Sicht völlig unzureichenden Vorbereitungs- und Erholungszeiten vor und nach der Weltmeisterschaft in Katar dokumentieren. Aufgrund des ungewöhnlichen Spieltermins im Winter schrumpfte die durchschnittliche Vorbereitungszeit von 31 auf sieben Tage und die durchschnittliche Erholungszeit nach dem letzten Spiel von 37 auf acht Tage. Für das Extrembeispiel sorgte Kamil Glik, der vier Tage nach dem WM-Aus von Polen in Italien Serie B für Benevento Calcio auf dem Platz stand.

Die Premier League (26. 12.), Ligue 1 (28.12.) und La Liga (29.12.) setzten nach der WM schon im Dezember den Ligabetrieb fort, die Serie A am 4. Januar und die Bundesliga sogar erst am 20. Januar. In den ersten vier Monaten des Jahres weist der Fifpro-Report an Muskel-, Bänder- oder Sehnenverletzungen in der höchsten Liga in Deutschland 137 Fälle, in Spanien 160, in England 187, in Italien 194 und in Frankreich 196 Fälle aus.

Inklusive der Anzahl der nicht näher definierten Kategorie "Andere Verletzungen" wurden bis einschließlich April 1394 Verletzungen gezählt. "Der Spielkalender ab 2024/2025 wird den Druck auf ihre Gesundheit und ihre Karrieren weiter erhöhen", befürchtet Baer-Hoffmann und fordert, dass Verbände und Klubs "stärker ihrer Fürsorgepflicht nachkommen".

Michael Ebert

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