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LoL: 'Faker's Meisterstück: T1 krönt sich zum Weltmeister

Vierter LoL-WM-Titel für den "unsterblichen Dämonenkönig"

'Faker's Meisterstück: T1 krönt sich unangefochten zum Weltmeister

Per dominantem 3:0 nach Spielen holt 'Faker' seinen vierten WM-Titel.

Per dominantem 3:0 nach Spielen holt 'Faker' seinen vierten WM-Titel. Colin Young-Wolff

Er hat es ein viertes Mal geschafft. Sang-hyeok 'Faker' Lee ist Weltmeister in League of Legends (LoL). Mit seinem Team T1 zeigte er ein dominantes Finale in Seoul und siegte mit 3:0 nach Spielen über Konkurrent Weibo Gaming aus China.

Riot überbot sich einmal mehr mit Bühnenshow und Präsentation. Angemessen für das Finale, das kurz, aber intensiv wurde. Denn das Ergebnis zeigt klar: T1 ist mit Abstand das beste Team der Welt, Weibo aber auch mit Recht Vizeweltmeister. Denn oft fehlten den Chinesen nur die letzten zehn Prozent, um einen Teamkampf zu drehen. Genauso oft standen sie sich aber auch selbst im Weg und machten teils matchentscheidende katastrophale Fehler.

Traditionell fährt Riot für das WM-Finale groß auf. Diesmal wieder in Seoul, Korea. Colin Young-Wolff

Auf der anderen Seite spielte T1 einmal mehr "clean, calm, collected". Also sauber, ruhig und besonnen - so wurden Caster und Analysten nicht müde zu betonen.

T1 hatte sehr genaue Pläne mitgebracht. Für die Championauswahl, aber besonders für die Herangehensweise gegen Weibo: Gerade zu Beginn übertrieb der Weltmeister überhaupt nichts und spielte beinhartes Schul-LoL ohne Glitzer und Style. Es war deutlich: Nachdem das T1 letztes Jahr im Finale gegen ein sehr ähnlich gelagertes Team verloren hatte, sollte es diesmal anders laufen. Und wie.

T1 ist Weltmeister! Colin Young-Wolff

Kaum Fehler, keine Niederlagen

Im ersten Spiel gab T1 nur ein neutrales Ziel ab, Durchgang zwei endete 14:1 für die Koreaner: Zweifel daran, wer Weltmeister werden würde, waren schnell vom Tisch. Das lag auch daran, wie eingespielt das Team ist. Unverändert seit letztem Jahr ist jeder Spieler für sich genommen einer der besten, wenn nicht sogar der Beste der Welt in der jeweiligen Rolle.

AD-Carry 'Gumayusi', Supporter 'Keria' und Midlaner 'Faker' sind jeweils MVPs ihrer Zunft, Jungler 'Oner' und Toplaner 'Zeus' werden individuell von anderen Spielern ausgestochen, im Teamverbund sind sie jedoch wieder unschlagbar. T1 definiert dieses Jahr die "Meta" - also die stärksten Taktiken, die gespielt werden - immer wieder selbst und gab im ganzen Turnier nur zwei Spiele ab: dominant. Für 'Faker' und T1 ist es der vierte WM-Titel nach sieben Jahren verlorener Finals und zwei Jahren ohne überhaupt einen nationalen oder internationalen Titel. Das Team streicht 445.000 US-Dollar als Siegprämie ein, Weibo erhält rund 334.000.

Koreas T1 mit 'Keria', 'Gumayusi', 'Faker', 'Oner' und 'Zeus'. (v.l.) Colin Young-Wolff

Spiel 1 - Bloß nicht übertreiben

Sowohl Weibo als auch T1 hatten für das erste Spiel einen Gameplan. Die Picks & Bans waren schnell durch, beide Teams hatten ihre Hausaufgaben gemacht.

Die Chinesen versuchten, mit ihrer Auswahl T1s bevorzugte Vorgehensweise zu brechen. Der Weltmeister spielt gerne für frühe Vorteile, viele Drachen und um darauf basierend Dominanz auszuüben. Aber das störte T1 nicht weiter: Jungler 'Oner' bekam den von ihm gewünschten spielbestimmenden Champion und wurde nicht wie sonst in die Unterstützerrolle geschickt. So erhielt er statt Rell oder Maokai seinen bekanntesten Pick: Lee Sin - damit stand er bei 45 Siegen und 10 Niederlagen.

Den Baum holte sich Weibo und ging zweimal damit unter. Zwar zeigte 'Weiwei', was damit möglich ist. Aber die Meta hatte die Chinesen schon überholt - Maokai war zu Beginn von Worlds der spielbestimmende Jungler.

T1 wollte Fehler aus dem letzten Jahr nicht wiederholen. Man hätte DRX damals unterschätzt und sich zu sicher gefühlt, betonte das Team immer wieder. Also zeigten die Koreaner ein makelloses Spiel: Drache und Herald waren die Ziele für T1. Zum Teil wurde der eine sogar genutzt, um den anderen zu erzwingen.

Weibo blieben wenige Chancen und das, obwohl 'Faker' mit seiner Ahri viel daneben warf. Dafür zeigte er einmal mehr, wie wichtig er nicht nur als Kapitän ist: Kurz vor Spielende war sein AD-Carry 'Gumayusi' in arger Not, floh vor dem sicheren Tod. 'Faker' sprang hinzu, nahm 'Light', Weibos ADC, aus dem Spiel und der Rest von T1 stürzte erneut wie ein Wespenschwarm über die Chinesen herein. Kurz danach war Schluss.

Spiel 2 - Wir bestimmen die Meta

'Gumayusi' bekam Draven, ein derzeit ungewöhnlicher Pick, aber ein beliebter für den AD-Carry. Das zahlte sich zunächst gar nicht aus: Schon gleich nach Spielbeginn musste der Koreaner zurück in die Basis, um seine Lebenspunkte aufzuladen - ohne jeglichen Einkauf.

Ebenfalls ungewöhnlich: T1 pickte Nocturne für den Jungle und antwortete ohne jedes Nachdenken auf 'TheShy’s Top-Lane Aatrox mit Gwen. Im Spiel zeigte sich dann schnell, warum: Weibos bester Spieler wurde zu einem vermeidbaren Fehler gezwungen. Zunächst überstand er einen Überfall auf ihn siegreich, ging im Anschluss zu weit vor, starb, gab 800 Gold ab und war für die restlichen 20 Minuten komplett aus dem Spiel, während T1s 'Zeus' zum Über-Carry mutierte. Die Koreaner nutzten Nocturnes Fähigkeit, die Gegner in Dunkelheit zu stürzen: Für asiatische Teams ist Vision, also den Feind zu sehen, extrem wichtig.

Weibo, mit der Niederlage im Rücken, wollte zu viel. Und statt ebenfalls "calm & collected" zu spielen, mit dem Herald stetig Gold zu verdienen, gingen sie auf Kills und wurden bestraft. Jedoch, das muss dazu gesagt werden, mit knappen Niederlagen.

Weibo Gaming aus China mit 'TheShy', 'Weiwei','Xiaohu, 'Light' und 'Crisp' (v.l.) Colin Young-Wolff

T1 ihrerseits zeigten großen Respekt und ließen Baron ungewohnterweise zunächst aus. Es war dann 'Zeus', der sich mächtig fühlte und mit einem Überraschungsangriff sein Team in die Bredouille brachte: Mutig sprang er mit seiner Gwen unter die Gegner, mit dem Wespenschwarm eigentlich außer Reichweite. Aber der Toplaner hatte seine Stärke richtig eingeschätzt, T1 holte Kills und überlebte knapp. Dasselbe tat er dann später noch einmal unter dem Top-Inhibitor-Turm und erzielte einen Triple-Kill. Danach war das Spiel vorbei. 1:14 nach Toden und 'Gumayusi' hatte nicht mal Schuhe gekauft.

Spiel 3 - Upps, so hatten wir uns das nicht gedacht

Weibo pickte Komfort-Champions und der Plan war klar: Um Jungler 'Weiwei' und seine Bel’Veth gruppieren und so zurück in die Serie finden. Das ging nicht ganz schief, aber T1 gab 'Oner' erneut Lee Sin und 'Faker' einen seiner gefürchteten Assassinen.

Die Chinesen wollten ihre Lanes gewinnen - das wiederum klappte kaum. First Blood auf der Toplane ging an T1, da sie mithilfe gut platzierter Wards wussten, wo sich 'Weiwei' befand. Auch später zeigten die Weltmeister, was die asiatischen Teams ausmacht: Tat Weibo etwas auf der Karte, antwortete T1 auf der anderen Seite und egalisierte den Vorteil.

Dann in einem Teamkampf um den Drachen der kapitale Fehler: Weibos Supporter warf seinen Bard-Ultimate auf die eigenen Mid- und Toplaner, um sie zu schützen. Eigentlich gut gedacht, 'TheShy' hatte Kennens Ultimate gezündet. Allerdings ging auch 'Faker' in die Stase und Weibos Azir-Ultimate komplett ins Leere. Triple-Kill für 'Faker' und seine Akali. Danach tat der Wespenschwarm T1 seine Arbeit, schlug blitzschnell zu und ließ Weibo erneut keine Chance.

T1 unerreichter Weltmeister

T1 ist unerreicht dieses Jahr. Der Klasse der Spieler, dem Verständnis, der Definition der Meta, dem Wespenschwarm und der Mentalität konnte kein Team bei Worlds beikommen. Nur Ligakollege Gen.G gewann in der Swiss-Runde und gegen Turnierfavorit JDG setzte es auch eine Niederlage im Halbfinale.

Endlich wieder am Ziel: 7 Jahre musste 'Faker' auf seinen vierten Titel warten. Colin Young-Wolff

Der "unsterbliche Dämonenkönig" 'Faker' hat es erneut geschafft. Nicht mehr als "Faker, Faker, Playmaker", sondern als Anker und Leuchtturm eines äußerst talentierten Teams. Sein Supporter 'Keria' verdient sich den kicker-eSport-MVP-Titel des gesamten Turniers, dicht gefolgt von AD-Carry 'Gumayusi', wiederum dicht gefolgt von Toplaner 'Zeus' und 'Oner' auf spielbestimmenden Champions.

T1s Zukunft unklar

Im Interview gaben sich 'Gumayusi' und 'Zeus' bescheiden: Sie beide glaubten, sie hätten heute nicht ihre beste Leistung gezeigt. Das gesamte Team - 'Faker' natürlich ausgenommen - war sichtlich überwältigt von dem Titel und den Gefühlen. Der beste Spieler aller Zeiten des Sports sagte seinerseits, er wolle Freude für alle bringen, die mit ihm spielen und ihm zusehen. Er sei am glücklichsten, dass er nach wie vor auf solch großen Bühnen spielen dürfe.

Worlds 2023

'Faker' zementiert damit seinen Status nicht nur in LoL, sondern im gesamten eSport. Ein Wermutstropfen ist dabei: Das komplette T1-Team scheint bereits zu wissen, dass man sehr bald getrennte Wege gehen wird. Es erscheint ausgemacht, dass es der letzte Auftritt dieser großen Mannschaft war - die Kommentare der Spieler sprachen eine deutliche Sprache.

'Faker' hingegen bleibt bei T1, sein Spielervertrag läuft noch und er ist darüber hinaus Mitbesitzer der Organisation. Entsprechend schließen wir Worlds 2023 mit den Worten des unsterblichen Dämonenkönigs: "Für sehr lange Zeit habe ich den Aufstieg und Fall von vielen Teams beobachtet. Aber der Spieler, der am Ende immer stand - bin ich."

Holm Kräusche

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