Int. Fußball

Einer mit 211 Toren, ein verflixtes Duo: Ära Jürgen Klopp

Amtszeit des Liverpooler Trainers endet nach 491 Spielen

Einer mit 211 Toren und ein verflixtes Duo: Die Ära Klopp in Grafiken

"The Normal One" nimmt den Hut: Liverpools Trainer Jürgen Klopp verlässt Anfield nach knapp neun Jahren.

"The Normal One" nimmt den Hut: Liverpools Trainer Jürgen Klopp verlässt Anfield nach knapp neun Jahren. IMAGO/Propaganda Photo

Aus! Schluss! Vorbei! Mit dem 2:0 gegen die Wolverhampton Wanderers geht das Kapitel Jürgen Klopp beim FC Liverpool zu Ende. Sportlich betrachtet hatte die Partie am Sonntagabend keine Bedeutung mehr, da der dritte Platz schon vor Anpfiff feststand, dennoch herrschte Gänsehautstimmung pur unter den über 60.000 Zuschauern an der Anfield Road.

Kein Wunder, hatte "The Normal One" dem Liverpooler Anhang doch unzählige außergewöhnliche Momente beschert: 299 Siege, 13 Endspiele, acht Titel, darunter den Henkelpott 2019 sowie die Meisterschaft 2020.

Das Abschiedsspiel gegen die Wolves war die 491. Partie in der Ära Klopp. Ein paar mehr Partien in dieser Saison hätten sich Coach und Mannschaft sicherlich gewünscht, doch in der Europa League begrub Atalanta Bergamo im Viertelfinale die Titelhoffnungen der Reds (0:31:0), im FA-Cup scheiterten sie ebenfalls in der Runde der letzten Acht mit 3:4 in der Verlängerung an Manchester United.

Der letzte Titel: Finalsieg gegen Chelsea

Da auch die Meisterschaft in der Premier League aufgrund einer Schwächephase im April verspielt wurde, blieb der Titel im League Cup, den sich Liverpool am 25. Februar mit einem 1:0 nach Verlängerung gegen Chelsea sicherte, der letzte, den Klopp nach Anfield holte.

Nun ist nach fast neun Jahren im Nordwesten Englands Schluss. In den Top-5-Ligen Europas waren vor Saisonende nur drei Trainer länger im Amt als Klopp, darunter Freiburgs Christian Streich, der nun ebenfalls ein neues Kapitel aufschlägt, sowie Frank Schmidt, der bereits stolze acht Jahre vor Klopps Premiere bei den Reds in Heidenheim inthronisiert wurde. Als Schmidt seinen Einstand beim FCH feierte, versuchte sich der gebürtige Stuttgarter Klopp am Wiederaufstieg mit Mainz in die Bundesliga.

Längste Amtszeit seit Paisley

Gleichwohl ist Klopps Amtszeit beachtlich: Der letzte LFC-Coach, der eine längere Amtszeit als Klopp aufweisen konnte, war Bob Paisley, der 1974 Bill Shankly als Cheftrainer beerbte und 1983 nach neun ebenfalls überaus erfolgreichen Jahren von seinem Amt zurücktrat.

Klopp übernahm die Reds am 8. Oktober 2015 auf dem zehnten Tabellenplatz. Seine erste Spielzeit endete mit Platz 8 sowie zwei verlorenen Endspielen: im Ligapokal gegen Manchester City (1:3 i.E.) sowie in der Europa League gegen den FC Sevilla (1:3). In den folgenden acht Saisons landete sein Team stets unter den Top 5. 2019/20 gelang es der Mannschaft sogar die Dominanz von Manchester City zu brechen und erstmals nach 30 Jahren wieder die Meisterschaft für sich zu entscheiden.

Trotz 97 Punkten nur Vize-Meister

Wer weiß, wie erfolgreich Liverpool unter Klopp gewesen wäre, hätte es in dieser Zeit nicht dieses Manchester City unter Pep Guardiola gegeben. 2018/19 reichten sagenhafte 97 Punkte nur zur Vize-Meisterschaft, 2021/22 landete Liverpool mit 92 Punkten auf Platz 2, weil Manchester City am Ende jeweils noch einen Zähler mehr auf dem Konto hatte.

Mit dem Dauerrivalen lieferte sich Klopp auch die meisten Pflichtspielduelle. Es verwundert daher nicht, dass der 56-Jährige gegen die Skyblues auch die meisten Pflichtspielniederlagen als Liverpool-Coach erlitt. Dennoch ist die Bilanz gegen City mit zehn Siegen bei neun Remis und sechs Niederlagen positiv. Kein anderer Klub war in dieser Zeit auch nur annähernd so erfolgreich gegen den englischen Serienmeister.

Kein Premier-League-Team mit positiver Bilanz gegen Klopp

Die meisten Siege durfte Klopp gegen Crystal Place und West Ham United bejubeln, die er jeweils 13-mal bezwang. Die meisten Begegnungen, ohne je Punkte liegen gelassen zu haben, bestritt er gegen Norwich City, das in allen acht Aufeinandertreffen als Verlierer vom Platz ging. Bemerkenswert ist ferner, dass er gegen keinen einzigen Premier-League-Klub eine negative Bilanz aufweist.

Angstgegner Real Madrid

Auf internationaler Ebene gab es jedoch einen Gegner, denen die Reds hoffnungslos unterlegen waren: Real Madrid. Während sich die Klopp-Elf im Meisterschafskampf an Manchester City immer wieder die Zähne ausbiss, scheiterte sie in der Königsklasse in steter Regelmäßigkeit an den Madrilenen. 2018 verlor man das Finale in Kiew gegen Real mit 1:3, vier Jahre später unterlagen die Reds den Königlichen im Finale von Paris mit 0:1. Zudem zog Liverpool im Viertelfinale 2020/21 sowie im Achtelfinale 2022/23 jeweils gegen die Spanier den Kürzeren.

Außer gegen Real weist Liverpool seit Oktober 2015 sonst nur gegen die SSC Neapel (2 Siege/1 Remis/3 Niederlagen) sowie den FC Sevilla (0/2/1) negative Bilanzen auf.

Immerhin: 2019 gelang er dann doch, der große Erfolg in der Königsklasse. Maßgeblich dafür verantwortlich waren zwei Profis, die das Spiel der Reds unter Klopp prägten und am häufigsten in dessen Ägide auf dem Platz standen: Roberto Firmino und Mohamad Salah. Letzterer brachte Liverpool mit dem frühen 1:0 gegen Tottenham per Elfmeter auf die Siegerstraße beim 2:0 im Finale von Madrid.

Salah mit 211 Toren unter Klopp

Firmino verabschiedete sich schon vor einem Jahr aus Liverpool. Im Sommer 2023 nahm der saudische Klub Al-Ahli den Brasilianer unter Vertrag. Salah hingegen versetzte seinen Coach auch diese Saison wieder regelmäßig in Ekstase, insgesamt kommt er auf 211 Treffer für die Reds - Bestwert unter Klopp.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich einen Spieler mit solchen Zahlen je wieder trainieren werde.

Jürgen Klopp

"Ich bin mir nicht sicher, ob ich einen Spieler mit solchen Zahlen je wieder trainieren werde", ließ Klopp wissen. Ob Salah je wieder einen solchen Trainer haben wird, darf allerdings auch bezweifelt werden.

Ullrich Schindler

Trainer Jürgen Klopp (re.) umarmt mit Tränen in den Augen Manager Christian Heidel (beide Mainz) Fußball 2. BL Herren Saison 2003 2004, FSV Mainz 05, Aufstieg, Aufsteiger Gruppe Mainz Freude,

"Da hatte ich Angst, dass er aufhört": Heidel verrät Klopps bitterste Niederlage

alle Videos in der Übersicht