Champions League

Eine Liebeserklärung an den Fußball

Ein Kommentar zur Machtdemonstration von Manchester City

Eine Liebeserklärung an den Fußball

Hochverdient im Champions-League-Finale: Manchester City bejubelt den Sieg über Real Madrid.

Hochverdient im Champions-League-Finale: Manchester City bejubelt den Sieg über Real Madrid. imago images

Irgendwann, als Real nur noch hinterherlief, gab Carvajal Grealish einen mit, rempelte Alaba Rodrigo. Nichts Böses. Aber Ausdruck des Frusts, der Machtlosigkeit, der Erkenntnis. Nämlich der, dass die Madrilenen so krass unterlegen waren, wie sie es in ihren schlimmsten Albträumen nicht vermutet hätten.

"Die Perfektion klopft an" hatte der kicker an dieser Stelle vor wenigen Wochen geschrieben, als ManCity in der Premier League den FC Arsenal auseinandergeschraubt hatte. Um im Bild zu bleiben: Diesmal trat sie ein, die Perfektion, beherrschte die Bühne. Schöner als es City über weite Strecken machte, kann man Fußball nicht spielen. Wie sie den Ball und den Gegner laufen ließen, was für ein sensationelles Positionsspiel sie aufgezogen haben, wie sie spielten und gingen, spielten und gingen, spielten und gingen …

Sandro Wagner wähnte am DAZN-Mikrofon zwei Skyblues mehr auf dem Feld, und genau das trifft es: City lässt das Spiel so leicht aussehen, so ästhetisch, dass jeder nur schwärmen kann, der den Fußball liebt. City seinerseits lieferte eine Liebeserklärung an diesen Sport.

Die Offensivqualitäten sind bekannt, werden bewundert, bestaunt. Das Besondere: Sie spielen zwar nominell mit zwei Wingern, die aber eigentlich keine sind. Sie spielen mit Achtern, die vielmehr die weiteren Stürmer neben Haaland geben. Aber: Sie können auch verteidigen, sie pressen, sie liefern Gegenpressing in Vollendung.

Nun werden die Kritiker wieder sagen, dass das ja alles klar ist, weil City so viel Geld hat und ausgegeben hat. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Wer sich die Mühe macht und unter der Oberfläche schaut, sieht, dass in der Startelf drei Spieler standen, die aus Dortmund zu City kamen, zwei von Benfica, je einer von Aston Villa, aus Monaco, Wolfsburg, Atletico, Tottenham und Everton. Allesamt gute Klubs, aber keine Weltklasseteams. Keiner kam von PSG, Real, Barca, Bayern (außer Guardiola), Juve. Spieler, für viel Geld geholt, aber Spieler, die auch passen. Und die der Trainer Pep Guardiola erst auf das Level gehoben hat, auf dem sie jetzt kicken.

ManCity hat seit 2016/17 mehr als eine Milliarde Euro ausgegeben für Transfers, Manchester United aber auch, PSG 900 Millionen. Geld ist vieles. Aber nicht alles.

Nun ist das Inter-City-Finale perfekt, und Manchester wird noch mal so eine gute Leistung brauchen, um diese starken Mailänder zu knacken. Wie Inter das 3-5-2 auslebt, ist klasse. Das wird kein Selbstläufer für die Engländer. Aber erst wenn sie den Henkelpott gewonnen haben, dann ist die Saison perfekt für sie, nicht nur dieses Halbfinalrückspiel. Doch selbst wenn Inter in Istanbul triumphieren sollte - diese magische Nacht gegen Real und diesen Sieg kann City keiner mehr nehmen. Vielleicht ist das in vielen Jahren sogar mehr wert als ein Pokal.

Diesmal hat sich Ancelotti vercoacht

Und Real? Carlo Ancelotti war es diesmal, nicht Guardiola, der sich vercoacht hat: Antonio Rüdiger rauszulassen, der Erling Haaland im Hinspiel abgemeldet hatte, war nicht nachvollziehbar. An Reals Mythos, an dieser einzigartigen, großen Klubgeschichte ändert dieser Abend natürlich nichts.

Champions League, Halbfinale

Aber vielleicht muss man mal mit einem anderen Mythos aufräumen, nämlich, dass Real immer so überragend ist, nur, weil sie am Ende den Titel holen. Das ist natürlich das, was am Ende zählt, ja. Doch Fakt ist: Sie waren im Vorjahr gegen PSG, Chelsea, City und auch im Finale gegen Liverpool überwiegend die schlechtere Mannschaft.

Ihre Passivität, mit der sie auch diesmal ins Spiel gingen, ist dieses Klubs nicht würdig. Und genau das unterscheidet City von anderen Teams: Diese Mannschaft wartet nicht auf Fehler des Gegners, sondern ist immer pro-aktiv, will spielerisch dominieren. Nach der WM 2018 hieß es, der Ballbesitzfußball sei tot. Wer City sieht, weiß: Er ist schon lange wieder auferstanden.

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