Nordost

Wollitz mit Cottbus erneut Regionalliga-Meister

Nach dem 1:0 gegen Babelsberg

Dritte Amtszeit, fünfter Titel: Wollitz mit Cottbus erneut Regionalliga-Meister

Claus-Dieter Wollitz hat mit Energie Cottbus das erste Saisonziel erreicht.

Claus-Dieter Wollitz hat mit Energie Cottbus das erste Saisonziel erreicht. IMAGO/Fotostand

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Anfang Oktober 2022 kam es im Stadion der Freundschaft zu einer bemerkenswerten Szene: In Spielminute 81 stand ein Wechsel an, es kam: Rangelov für Piplica - zwar auf Seiten des Gegners Lok Leipzig, dennoch sorgte die Durchsage des Stadionsprechers wohl bei dem ein oder anderen Zuschauer für einen Anflug von Nostalgie.

Es sind Namen, die man nicht nur in der Lausitz mit der letzten Blütezeit des Traditionsvereins in Verbindung bringt: Am Ende dieser Bundesliga-Ära von 2006 bis 2009 stand ein Abstieg und ein Trainerwechsel, ein gewisser Claus-Dieter Wollitz übernahm in Liga zwei; es sollte seine erste Amtszeit von insgesamt dreien sein bei Energie. Sie endete inmitten der Saison 2011/12, als man sich wegen fehlendem sportlichen Erfolgs trennte. Ohne "Pele" - so Wollitz' Spitzname, den man ihm nach eigenen Angaben wegen seines fußballerischen Könnens bereits im Alter von fünf Jahren verlieh - stieg Energie im Jahr 2014 in die 3. Liga ab und schwebt seitdem etwas unter dem Radar Fußballdeutschlands.

Beim weiteren Niedergang, 2016 landete der FCE in der Regionalliga, stand der Mann mit dem emotionalen Stil dann bereits wieder an der Seitenlinie. Diese zweite Amtszeit trat Wollitz kurz vor Saisonende an, um eben jenen Ligensturz doch noch zu verhindern. Es misslang, doch im Jahr darauf folgte für ihn und Energie die Regionalliga-Meisterschaft und der unmittelbare Wiederaufstieg. Noch dazu holte er den Titel im brandenburgischen Landespokal - wie übrigens auch 2018, 2019 und 2022. Und auch dieses Jahr steht Energie wieder im Finale.

Aufstiegsspiele? "Weltfremd und abartig!"

32. Spieltag

Meister der Regionalliga Nordost - diesen Titel kann sich der heute 57-Jährige, der 2021 erneut zurückkehrte, nach dem 1:0 gegen den SV Babelsberg am vorletzten Spieltag ein zweites Mal in den Lebenslauf schreiben. Nach dem vorletzten Spieltag ist Cottbus an der Spitze nicht mehr einzuholen. Ob es nun aber tatsächlich auch im Sommer in die 3. Liga geht - und die Anhänger damit ihrem Traum näher kommen, mittelfristig auch wieder zu einer der besseren Fußballadressen des Landes zu gehören -, ist noch offen.

Als letzte Aufgabe stehen Anfang Juni zwei Aufstiegsspiele gegen den Vertreter der Regionalliga Bayern an, der wahrscheinlich SpVgg Unterhaching heißen wird. Wollitz hat zu der höchst umstrittenen Aufstiegsregel, die den Regionalliga-Staffeln Bayern, Nord und Nordost turnusmäßig diese zusätzliche Hürde stellt, seine klare Meinung geäußert: "Es ist aberwitzig, weltfremd und abartig, dass ein Meister nicht aufsteigen darf", sagte er im Februar im kicker-Interview.

Dabei stand zu Beginn ohnehin mindestens ein Fragezeichen vor dieser Saison. Wichtige Spieler, vor allem aus der Offensive, hatten Energie verlassen; viel Geld, diese zu ersetzen, war nicht vorhanden für Wollitz, der in Doppelfunktion auch als Sportlicher Leiter fungiert. Doch nach durchwachsenem Start stabilisierte sich das Team im Herbst, kletterte langsam in Richtung Spitze. Und auch nach dem Re-Start aus der Winterpause brauchte man etwas Zeit, bevor man die PS und mit ihnen die Ergebnisse wieder auf den Platz bekam.

So gab es Schlüsselmomente in der Saison. Der Last-minute-Sieg gegen den Berliner AK (2:1) im Februar gehört dazu, natürlich der überzeugende Auftritt gegen Carl Zeiss Jena (1:0) im April, der für das nötige Selbstvertrauen im Endspurt sorgte. Nach diesem Spiel hatte die Liga für ein paar Tage zwei punkt- und torgleiche Tabellenführer. Während Erfurt aber in Folge schlingerte, brachte sich Cottbus für den Matchball am vorletzten Spieltag in Position.

Das stabilste Team der Liga

Im Titelrennen, aus dem sich nach und nach die Kontrahenten verabschiedeten, bis nur noch Cottbus und Erfurt übrig blieben, setzte sich letztlich die stabilste Mannschaft der Liga durch. Wollitz, der sich mit seinem Team aus erfahrenen Akteuren und jungen Talenten gegen meist tiefstehende Gegner mit Ballbesitzfußball behauptete, konnte sich dabei auf wichtige Stützen verlassen: Angefangen beim Torhütertalent Elias Bethke, der nach der Verletzung von Stammkeeper Alexander Sebald früh in der Saison zur Nummer 1 avancierte, über Linksverteidiger Axel Borgmann, der wohl qualitativ auffälligste Energie-Spieler der Saison, bis hin zu Jonas Hofmann im defensiven Mittelfeld und dem routinierten Antreiber Maximilian Oesterhelweg, der auch immer wieder für Standard-Gefahr sorgte.

Dass hinter all dem Erfolg ein finanziell klammer Verein steht, ist keine Ausnahme in der Regionalliga, diesem ökonomisch aufreibenden Graubereich zwischen Amateur- und Profifußball. Bestehende Verbindlichkeiten, eine nötige Stadionsanierung, steigende Personalkosten - auch Liga drei, sollte es so kommen, wird zur Herausforderung. "Energie Cottbus benötigt an allen Ecken und Enden Geld", erklärte Energie-Präsident Sebastian Lemke noch im Winter. Entsprechend stieß es ihm auf, als nach dem Fehlverhalten einiger Anhänger sogar ein Geisterspiel drohte.

Und Wollitz? Der macht weiter, egal, wie das mit den Aufstiegsspielen ausgeht. "Es ist schon ein passender Verein für mich. Der Standort Cottbus lebt Leidenschaft, Werte und Emotionen", sagte er jüngst. Und: Dass es ein Traum von ihm sei, wenn der Verein sein 60-jähriges Jubiläum in der 2. Liga feiern dürfte. Das steht 2026 an. Ob es jemals auch wieder erstklassigen Fußball in Cottbus und mit ihnen neue Piplicas, neue Rangelovs zu sehen gibt, steht - wie für so viele Traditionsvereine derzeit - in den Sternen.

Jan Mauer

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