Europa League

Bosz: "Amateurhaft. Nicht zu erklären. Meine Verantwortung"

Leverkusen liefert nach desolatem Auftritt gegen Mainz den nächsten Tiefpunkt

Bosz: "Amateurhaft. Nicht zu erklären. Meine Verantwortung"

Alles andere als zufrieden: Leverkusens Trainer Peter Bosz.

Alles andere als zufrieden: Leverkusens Trainer Peter Bosz. getty images

Nach dem Unentschieden gegen den Tabellenvorletzten hatte Leverkusens Trainer am Samstag von dem "schlechtesten Spiel" gesprochen, das er von seiner Mannschaft seit seinem Amtsantritt im Januar 2019 gesehen habe. Dass er bereits fünf Tage später einer noch schwächeren Leistung seiner Elf beiwohnen musste, hätte er da wohl nicht gedacht.

Doch was Bayer 04 in den ersten 45 Minuten auf dem Kunstrasen des Wankdorf-Stadions ablieferte, war eine einzige Katastrophe. Zwei Gegentreffer nach Eckbällen, bei denen Nadiem Amiri und Jonathan Tah eine ganz schlechte Figur abgaben, waren nur zwei von vielen Unzulänglichkeiten. "Wir haben zwei Standards amateurhaft verteidigt. Und vor der Halbzeit noch ein Gegentor bekommen. Das darf nicht passieren", urteilte Bosz.

Der Trainer machte nachher aus seinem Herzen keine Mördergrube, sondern attestierte seiner Mannschaft den nächsten Tiefpunkt. So lautete seine Einordnung im Verhältnis zu dem schon schwachen Spiel gegen Mainz: "Wir haben heute gezeigt, dass es möglich ist, noch schlechter zu spielen."

In der Tat. Für seine Elf, der er mit Amiri, Kerem Demirbay und Florian Wirtz ein extrem offensiv besetztes Mittelfeld verpasst hatte und die keinerlei Balance fand, bedeutete jeder Ballverlust einen gefährlichen Konter der Schweizer. Die Innenverteidiger Tah und Aleksandar Dragovic, der vor dem 3:0 patzte, sahen sich immer wieder in Eins-gegen-eins-Situationen und teilweise überfordert.

Es muss sein, dass ich die Mannschaft schlecht vorbereitet habe.

Peter Bosz

Bosz hätte es sich einfach machen und einzelne Akteure herauspicken können. Doch stattdessen nahm er sich selbst in die Kritik. "Die erste Hälfte kann ich nicht erklären. Es muss sein, dass ich die Mannschaft schlecht vorbereitet habe. Das ist meine Verantwortung", sagte er, "wahrscheinlich habe ich einen Fehler gemacht. Und die Mannschaft nicht erreicht. Sonst können wir nicht so schlecht anfangen."

Die insgesamt sieben Veränderungen in der Startelf wollte der Trainer allerdings nicht als Erklärung für die Minusleistung gelten lassen. "Wir haben auf den Positionen gewechselt. Dass dann so eine Leistung auf den Platz kommt, hat meiner Meinung nach nichts damit zu tun", erklärte der 57-Jährige, "wir mussten in der Halbzeit umstellen, um wieder Zugriff zu bekommen. Den haben wir bekommen."

Erfolgreiche Umstellung auf 3-4-3

Mit der Hereinnahme von Edmond Tapsoba als dritten Innenverteidiger und der Umstellung vom 4-3-3 auf ein 3-4-3 kippte die Partie. Nach einem Doppelschlag von Patrick Schick und mit dem Joker-Tor von Moussa Diaby hatte Bayer das Momentum für sich. Doch auch beim vierten Berner Treffer zeigten sich Abstimmungsprobleme. Gianluca Gaudino kam relativ frei zum Schuss, den Niklas Lomb noch an den Pfosten lenken konnte, doch den Abpraller verwandelte Jordan Siebatcheu zum Siegtreffer.

Die Fragezeichen in Leverkusen werden nach diesem Spiel nicht kleiner. Im Gegenteil. Die Konstanz und Stabilität, die Bayer in der Hinrunde auszeichnete, ist wie weggeblasen. Bis zur Halbzeit war es eine Vorstellung, die Schmerzen bereitete. "Die erste halbe Stunde war nicht schön. Da wäre man gerne kein Trainer von Bayer 04 gewesen", gab Bosz zu.

Der Niederländer arbeitet derzeit auf einer Großbaustelle. Immer wiederkehrender Kontrollverlust im Spiel. Schlechte Restverteidigung. Zu große Abstände, wodurch dem Gegner Räume offeriert werden. Und dazu reihenweise leichte Ballverluste. "Natürlich macht mir das Sorgen. Man kann auf diese Weise keine Spiele gewinnen. Ich versuche immer Zugriff zu haben über Ballbesitz. Aber wenn man so verteidigt, wenn man so die Bälle verliert, wenn man so ein Positionsspiel spielt, dann bekommt man nie Zugriff", bemängelte der Trainer.

Leverkusen braucht ein Erfolgserlebnis

Der Druck für Bayer und Bosz wächst mit solchen Leistungen weiter. Geschäftsführer Rudi Völler hatte nach dem 2:2 gegen Mainz gefordert: "Da muss eine Reaktion kommen - schon in Bern." Diese kam nur verspätet und lässt Bayer nächste Woche zumindest nicht chancenlos ins Rückspiel gehen.

Klar ist: Kriegt Bayer nicht schnellstens die Kurve, ist nach dem blamablen Ausscheiden aus dem DFB-Pokal beim Regionalligisten Rot-Weiss Essen schon in einer Woche auch das Ziel in der Europa League verfehlt. Und auch in der Liga muss bereits am Sonntag in Augsburg ein Erfolgserlebnis her.

Bosz setzt darauf, dass seine Mannschaft viel mehr kann, als sie in den vergangenen Wochen meist gezeigt hat. "Nachdem wir in der Halbzeit umgestellt haben, haben die Jungs ein anderes Gesicht gezeigt. Obwohl da auch noch nicht alles super war. Aber da haben wir schon besser gespielt. Vor zwei Wochen haben wir gegen Stuttgart eine sehr gute Leistung gezeigt. Das ist möglich. Und das wird auch schnell wieder da sein - glaubt mir." Der Glaube allein hilft nicht.

Stephan von Nocks