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Berater-Treffen in London - "Der sollte sich schämen"

Mögliches Vorgehen gegen die FIFA

Berater-Treffen in London - "Der sollte sich schämen"

Jonathan Barnett

Jonathan Barnett picture alliance / empics

Darüber sprechen aber wollen die Berater weniger, zumindest die Vertreter des "Football Forum". Das ist eine Art Lobbyvereinigung der mächtigsten Vermittler. Geführt wird sie von Rafaela Pimenta, der Nachfolgerin Mino Raiolas, Jorge Mendes, dem Deutschen Roger Wittmann und Jonathan Barnett, dessen Agentur Top-Stars wie Jack Grealish vertritt und über dessen Fähigkeiten in moderner Kommunikation noch zu reden sein wird in dieser Geschichte.

Wittmann, Barnett und Co. saßen also am vergangenen Mittwoch zusammen mit Abgesandten der englischen Agentenvereinigung AFA, um über ein mögliches, juristisches Vorgehen gegen die FIFA-Beraterreform zu sprechen, die unter anderem die millionenschweren Vermittlerprovisionen begrenzen möchte. Teilnehmer berichten, Wittmann habe in den Raum geworfen, dass er ja bereits 2 Millionen Euro in eine Klage in Deutschland gesteckt habe und seine Kollegen sich ja auch hier gerne monetär beteiligen dürften. Frage an das "Football Forum": Ist diese Darstellung korrekt? Und gab es denn eine konkrete Entscheidung zu einer möglichen Klage gegen die FIFA?

Auftritt Jonathan Barnett. Denn der antwortet höchstselbst, wobei es im Bereich des Möglichen ist, dass er das gar nicht wollte. Doch mit den Mailprogrammen auf den feingliederigen Smartphones ist das so eine Sache - Stichwort Fähigkeiten in moderner Kommunikation. Barnett jedenfalls antwortet: "Do not reply Whoever leaked it to should be ashamed Sent from my iPhone". Also zu Deutsch: "Antworte nicht Wem immer das zugespielt wurde, der sollte sich schämen Von meinem iPhone gesendet (Fehlende Satzzeichen im Original, d.Red.)." In Kopie ist die zentrale Adresse des "Football Forum". Denkbar, dass Forums-Direktor Daniele Bocucci eigentlich als Empfänger angedacht war.

Gibt es überhaupt einen richtigen Plan?

Man erfährt also auf Fragen zu dem Treffen in London, dass Jonathan Barnett einen Teil seiner millionenschweren Geschäfte mit dem iPhone abwickelt. Über das geplante Vorgehen gegen die FIFA hingegen erfährt man nichts. Vielleicht, weil es keinen wirklichen Plan gibt? Denn offenbar ging es am Mittwoch mehr um so manches Agenten höchstes Gut, Geld, als um ein durchdachtes Prozedere.

Die bisherigen Aktionen der selbsternannten Retter der Branche um Mendes, Wittmann, Barnett und Co. jedenfalls erwecken nicht gerade den Eindruck eines schlauen Taktierens, sondern vielmehr eines blinden Aktionismus. Das Forum hatte in den vergangenen Monaten dem FIFA-Rat zwei Drohbriefe geschrieben. Tenor: Obacht, eure Regeln verstoßen gegen Wettbewerbsrecht, für Schadenersatz werden wir euch persönlich haftbar machen. Zum Beispiel in den USA, und ihr wisst ja, dass die US-Justiz auch in Europa zuschlägt. Schließlich hatten 2015 Schweizer Polizisten im Auftrag des FBI mehrere FIFA-Vorstände in Zürich verhaftet.

Ein Vorgehen, das einer Kriegserklärung gleichkommt

Was Barnett und seine Mitstreiter dabei augenscheinlich nicht bedacht haben: Die USA tragen die WM 2026 gemeinsam mit Mexiko und Kanada aus. Ob Washington im Vorfeld seiner Heim-WM wirklich politisch gewillt ist, FIFA-Funktionäre erneut an die Kandare zu nehmen? Dabei gäbe es genug gute juristische Argumente für die Berater. Stattdessen entschieden sie sich mit den Drohbriefen für ein Vorgehen, das einer Kriegserklärung gleichkommt. Die FIFA-Räte jedenfalls verabschiedeten das Reglement in Doha und der Weltverband erwischte die Branche kalt. Denn niemand hatte mit einer solch schnellen Inkraftsetzung der Reform gerechnet, die seit vergangenem Montag in Teilen gilt und ihre Gegner nun unter Zugzwang setzt.

Benni Hofmann