Tennis

Australian Open: Kyrgios/Kokkinakis schreiben Geschichte

Zweisatz-Sieg über Ebden und Purcell

Australisches "Duo Infernale" auf dem Olymp: Kyrgios/Kokkinakis schreiben Tennis-Geschichte

Laut, schrill und bunt: Thanasi Kokkinakis und Nick Kyrgios (re.). 

Laut, schrill und bunt: Thanasi Kokkinakis und Nick Kyrgios (re.).  imago images/Xinhua

Bereits vor dem Finale im Doppel der Herren war klar, dass der Titel an ein Team aus Down Under gehen würde, da alle Finalisten Australier waren - letztmals hatte es so etwas 1980 gegeben. Die Frage war aber: Gewinnen die "Rampensäue" Kyrgios/Kokkinakis oder die nicht ganz so extrovertierten Matthew Ebden und Max Purcell.

Nach zwei Sätzen war klar: Kyrgios/Kokkinkais entschieden das Duell mit 7:5, 6:4 und schrieben damit Tennis-Geschichte: Erstmals in der Open Era gewann ein Doppel die Australian Open, das nur dank einer Wildcard am Turnier teilnahm. Sportlich reichte dem Duo in Satz eins ein Break und eins in Durchgang zwei.

Für Kyrgios und Kokkinakis war es der runde Abschluss einer unglaublichen Reise, von deren Erfolg das Duo zu Beginn wohl auch nicht überzeugt war. "Ich bin glücklich und weiß nicht, was ich sagen soll", sagte der ansonsten selten um ein Wort verlegene Kyrgios, für den "ein Traum wahrgeworden" ist.

Also Ladies, los geht's.

Nick Kyrgios

Zum Scherzen war dem 26-Jährigen, der schon zuvor vollmundig getönt hatte, das Turnier gewinnen zu wollen, dann auch zu Mute. So probierte sich Kyrgios als Kuppler. "Ich weiß, dass dieser große Junge heute Nacht unterwegs sein wird", sagt er, tippte Kokkinakis an die Schulter und ergänzte: "Also Ladies, los geht's." Das sorgte für Heiterkeit auf dem Court und den Tribünen - und war bezeichnend für dieses Duo, dem in Melbourne die Herzen zahlreicher Fans nur so zugeflogen waren.

Wenn Kyrgios und Kokkinakis auf dem Platz standen, dann ging es oft schrill und laut zu. Da wurden Schläger zertrümmert, Schiedsrichter angepöbelt, Fans aufgewiegelt und Gegner mit provokantem Jubel geärgert. Nicht jedem gefällt das, so kritisierte nicht der deutsche Doppel-Spezialist Tim Pütz, der im Viertelfinale mit seinem neuseeländischen Partner Michael Venus am australischen "Duo Infernale" gescheitert war, Kyrgios, dessen Nachäffen der Gegner "einfach nur unsportlich" sei.

Australisches Happy End nach Eklat

Unsportlich war auch eine Aktion von Kyrgios, der im Match gegen Pütz/Venus gut und gerne auch hätte disqualifiziert werden können. Ein Kokkinakis-Aufschlag streifte das Netz, was laut und deutlich von der Unparteiischen Eva Asderaki-Moore signalisiert wurde. Das Match war unterbrochen,  Venus chippte den Ball leicht zurück und Kyrgios setzte mit Frust im Bauch zum Schmetterball an. Er drosch den Ball so stark, dass der vom Boden abprallte, anschließend auf die Tribüne flog und einen neunjährigen Jungen im Publikum traf, der danach weinte.

Kyrgios hatte gewiss nicht absichtlich gehandelt, sich beim betroffenen Kind auch unmittelbar entschuldigt und diesem einen Schläger geschenkt. Auch war Kyrgios anzusehen, dass ihn die Szene emotional mitgenommen hatte. "Ich bin froh, dass er ok ist", sagte der Tennis-Profi nach dem Match dem TV-Sender "Channel 9" erleichtert, aber auch wohlwissend, dass er selbst mit einem blauen Auge davon gekommen war. "Ich sah den Ball auf das Kind zufliegen und dachte mir: 'Oh nein, ich werde disqualifiziert.'"

Unbegründet war seine Angst sicher nicht, denn in der Vergangenheit war bei solchen Szenen durchaus hart durchgegriffen worden - Tim Henman, der 1995 in Wimbledon ein Ballmädchen getroffen hatte, Denis Shapovalov, der 2017 im Davis Cup den Stuhlschiedsrichter Arnaud Gabas getroffen hatte, oder auch Novak Djokovic (US Open 2020) wissen das nur zu gut. Diesmal lief es aber anders. Es gab keine Strafe, geschweige denn Disqualifikation, die Show ging weiter und hatte am Ende ihr australisches Happy End.

drm