Champions League

BVB-Wandlung: Aus Dortmunds Zauderern sind Macher geworden

Cans Rettung, Adeyemis Solo: Zwei Szenen als Symbol des Aufschwungs

Aus Dortmunds Zauderern sind Macher geworden

Brust raus: Dortmunds Emre Can und Gregor Kobel.

Brust raus: Dortmunds Emre Can und Gregor Kobel. IMAGO/Beautiful Sports

Es hat in der jüngeren Vergangenheit nicht viele Spiele gegeben, nach denen die Fans von Borussia Dortmund zufriedener den Heimweg antraten als nach dem 1:0-Erfolg über den FC Chelsea am Mittwochabend. Das Resultat gibt dem BVB alle Möglichkeiten fürs Rückspiel im Champions-League-Achtelfinale - und das Spiel war ein beeindruckender Beleg für die neue Arbeits- und Leistungskultur bei den Schwarz-Gelben.

Champions League, Achtelfinale und Bundesliga

Ja, der Sieg war am Ende etwas glücklich angesichts der Chancen der Londoner vor allem in der Schlussphase, aber er war dennoch nicht unverdient: Die Mannschaft von Trainer Edin Terzic hatte ihn sich gemeinsam erkämpft und ersprintet. Sie war sechs Kilometer mehr gelaufen als der Gegner und hatte sowohl mehr Sprints als auch schnelle Läufe absolviert. Der Sieg war kein Stückwert, sondern das Ergebnis von individuellen Glanzleistungen - wie dem Treffer von Karim Adeyemi - und gemeinsamen Verteidigungsaktionen - wie jener von Gregor Kobel und Emre Can in der 78. Minute, die die Fans ebenso laut jubeln ließ wie der Siegtreffer 15 Minuten zuvor.

Umso erstaunlicher war es fast angesichts der berauschenden Atmosphäre im Signal Iduna Park, wie nüchtern die Spieler und Verantwortlichen des BVB mit dem Spiel umgingen. So sprach Kobel davon, dass seine Mannschaft "nicht den besten Tag" erwischt habe, Sportdirektor Sebastian Kehl sagte, "dass wir bestimmt schon bessere Spiele gemacht haben", Trainer Terzic bilanzierte, dass "uns ein bisschen die Zielstrebigkeit und die Klarheit gefehlt haben".

Das Schicksal in die eigene Hand genommen - trotz Matchglück

Es waren nachvollziehbare Einschränkungen, die gut darstellten, warum es bei der Borussia aktuell so gut läuft und alle sieben Pflichtspiele des Kalenderjahres 2023 gewonnen werden konnten: Die Dortmunder verlieren sich nicht in Träumen, spielen nicht "Hätte, wäre, könnte", reden nicht unentwegt von ihren Qualitäten. Die Dortmunder machen - angeleitet von einem Trainer, der verstanden hat, wie dieser Klub tickt und was die Fans wollen. Und der mit seinen Botschaften mehr und mehr auch bei seinen über viele Jahre lang sehr wankelmütig aufgetretenen Spielern durchdringt. Man wird in den vergangenen Wochen den Eindruck nicht los, dass aus Dortmunds Zauderern Macher geworden sind, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Das Matchglück, das es in diesen Tagen durchaus gut mit dem BVB meint, tut sein Übriges dazu.

DORTMUND, GERMANY - FEBRUARY 15: Karim Adeyemi of Borussia Dortmund runs at Enzo Fernandez of Chelsea during the UEFA Champions League round of 16 leg one match between Borussia Dortmund and Chelsea FC at Signal Iduna Park on February 15, 2023 in Dortmund, Germany. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

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78. Minute als Symbol des gewandelten BVB

Exemplarisch für diese Entwicklung stand die oben bereits angesprochene Szene in der 78. Minute, als es Kalidou Koulibaly gelang, den erneut starken Kobel, der diesmal den Ball nur noch abfälschen konnte, mit einem Schuss zu überwinden, aber Can für seinen geschlagenen Torhüter auf der Linie klärte. "Das stand sinnbildlich für unser Spiel derzeit", sagte Kobel - und stand mit dieser Wertung nicht allein. Kehl erklärte die Szene zum "Symbol" für "die kämpferische Leistung, das Engagement der Mannschaft, den Zusammenhalt und das Füreinander-Dasein". In dieser Szene habe man exemplarisch gesehen, "wie die Jungs zusammenstehen, das war herausragend gut".

Wie auch der Treffer von Adeyemi, der sich - wie Can und der erneut auffällige Julian Brandt - vom Sorgenkind zum Leistungsträger entwickelt hat. Nach einer Chelsea-Ecke landete der Ball noch in der eigenen Hälfte beim Nationalspieler, der jüngst einen neuen Sprint-Rekord in der Bundesliga aufgestellt hatte, als er mit 36,7 km/h "geblitzt" wurde. Adeyemi brachte den hohen Pass von Raphael Guerreiro mit dem ersten Kontakt unter Kontrolle, zog das Tempo an, umkurvte erst des argentinischen Weltmeister Enzo Fernandez und dann Keeper Kepa Arrizabalaga, eher er den Ball über die Linie schob und am Ende seines 70 Meter langen Sprints noch einen Rückwärtssalto stand. Auch das war durchaus symbolisch. Es war Fußball, wie ihn die Dortmunder Fans lieben - und mit dem der BVB sich in den Zehner-Jahren einen Namen gemacht hatte in Europa.

Noch allerdings ist nichts erreicht, wie auch Terzic zu bedenken gab. Für Lob sei es noch zu früh, wiegelte der 40-Jährige freundlich, aber bestimmt ab. "Wir haben noch viel Arbeit vor uns." Am Mittwoch sah man, wie viel Freude diese Arbeit machen kann.

Matthias Dersch

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