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Nördlingen unter Schreitmüller: Flexibilität und Jugendstil

TSV setzt erfolgreich auf Eigengewächse

Nördlingen-Coach Schreitmüller: "Gibt nichts Schöneres, als wenn ein Matchplan funktioniert"

Karl Schreitmüller ist Coach des Bayernligisten TSV Nördlingen.

Karl Schreitmüller ist Coach des Bayernligisten TSV Nördlingen. IMAGO/Johannes Traub

Bayernliga Süd

"Wir haben eine klare Spielidee und verfolgen diese in jedem Spiel - unabhängig vom Gegner", lautet die Devise der meisten Fußballtrainer.

Karl Schreitmüller vom TSV Nördlingen verfolgt mit seiner Truppe einen anderen Plan: "Wenn ich den Gegner studiere und seine Schwächen kenne, gewinne ich mehr Spiele, als wenn ich nur über meine eigene Mannschaft Bescheid weiß", erklärt der erfahrene Übungsleiter lapidar, geht anschließend aber ins Detail: "Als Trainerteam versuchen wir die Schwächen des Gegners auszumachen und die Mannschaft in der Trainingswoche dann darauf vorzubereiten. Das führt auch dazu, dass wir nicht immer das gleiche System spielen - wichtig ist dennoch, dass wir als Gruppe eine einheitliche Spielauffassung haben. Für mich als Trainer gibt es dann eigentlich nichts Schöneres, als wenn ein ausgearbeiteter Matchplan funktioniert. Zuletzt hat das sogar oft funktioniert."

Remis gegen Regionalligaabsteiger

Auch beim jüngsten Remis gegen Regionalligaabsteiger FC Pipinsried setzte die Mannschaft die Vorgaben des Trainerteams um - obwohl es am Ende nicht zu einem Dreier reichte. "Wir haben sehr gut angefangen und sind früh in Führung gegangen. Leider haben wir nach diesem Auftakt nach Maß bereits nach einer Viertelstunde den Ausgleich kassiert. Die schwere Verletzung vom Pipinsrieder Torwart war dann ein Schock", berichtet der Coach und sendet Genesungswünsche.

"Danach war es ein zerfahrenes Spiel mit vielen Unterbrechungen, aber einem klaren Plus an hochwertigen Chancen auf unserer Seite. Dennoch sind wir am Ende mit der Punkteteilung zufrieden - schließlich haben wir im Hinspiel noch 1:4 verloren." Damals fand man über 90 Minuten keinen Zugriff auf den Gegner und musste sich verdient geschlagen geben. Dass man im Rückspiel dagegen am Siegtreffer schnupperte, zeigt die Entwicklung der Mannschaft.

Mit Eigengewächsen ins Vorderfeld

So fügt sich das Unentschieden in die starke Bilanz der vergangenen Wochen ein - zuvor konnten die Schwaben sechs der letzten sieben Partien gewinnen und sich auf Tabellenplatz fünf vorarbeiten. Eine schöne Momentaufnahme, bestätigt auch der Coach: "Die Jungs setzen unsere Vorgaben immer besser um, daher sind wir dieses Jahr noch einen Schritt weiter als im Vorjahr." Dort gelang den Nördlingern als Aufsteiger der frühzeitige Klassenerhalt - ein Resultat, das in der laufenden Saison bestenfalls noch übertroffen werden soll.

"Wir hatten keine großen Veränderungen im Kader und bisher kaum Verletzte. Daher sind wir fit und haben mit unserer körperlich robusten Truppe eine gute Mannschaft. Zudem helfen uns die wenigen Neuzugänge weiter." So glänzt Sasa Maksimovic als spielstarker Offensivmann, während sich Paul Rauser mit seiner Körperlichkeit bestens ins Spiel des TSV integriert. "Mit Felix Käser haben wir außerdem einen Rückkehrer nach seinem Kreuzbandriss, der wie ein Neuzugang für uns ist. Zusätzlich haben weitere Spieler einen Schritt nach vorne gemacht - ein Musterbeispiel ist hier Mario Taglieber, der als Eigengewächs lange zwischen erster und zweiter Mannschaft gependelt ist und heuer eine absolute Größe in unserer Bayernligamannschaft ist."

Generell ist das Vertrauen auf den eigenen Nachwuchs der präferierte Weg in Nördlingen - neben Taglieber sind Simon Gruber, Daniel Martin oder Rekonvaleszent Felix Käser ebenso echte Eigengewächse und somit gleichzeitig Vorbild: "Mit diesen Beispielen können wir den Jungs aus dem Nachwuchsleistungszentrum den Verbleib schmackhaft machen, indem wir zeigen, dass sie bei uns direkt Chancen auf Bayernligafußball haben. Derzeit sind wieder einige Talente in der U 19, auf die wir uns bereits freuen", beschreibt Schreitmüller die Philosophie des Vereins.

Allein das jüngste Heimspiel gegen den FC Pipinsried untermauert den Nördlinger Weg eindrucksvoll: Gleich zehn Spieler der Startelf trugen auch in der Jugend bereits das Trikot des TSV - eine Bilanz, die in der Bayernliga Seltenheitswert aufweist.

Wiedergutmachung im Derby

Eine ähnliche Quote an einheimischen Spielern wird wohl am kommenden Wochenende erneut in der ersten Elf stehen, wenn ein Highlight der Saison ansteht. "Gegen Gundelfingen ist es ein Derby, zudem haben wir das Heimspiel in der Vorrunde vergeigt. Wir haben also definitiv etwas gutzumachen. Dennoch stehen wir aktuell vor Gundelfingen - das soll weiterhin so bleiben", gibt Schreitmüller die Marschroute vor.

"Vor so einem Spiel brauchen wir Trainer nicht viel motivieren. Die Jungs wollen zeigen, dass wir die bessere Mannschaft sind. Am Ende entscheidet wohl auch das Spielglück - das hatten wir uns zuletzt aber oft erarbeitet." Oder, um es gemäß der TSV-Spielidee auszudrücken: Man muss nur mehr Fehler beim Gegner finden, als man Defizite im eigenen Spiel aufweist.

Simon Ruß

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