Int. Fußball

Sandro Schwarz: "Erfahrung aus Moskau hilft mir in New York"

MLS-Saison steht in den Startlöchern

Schwarz im Interview: "Die Erfahrung aus Moskau hilft mir in New York"

Startet ein neues Abenteuer als Trainer in den USA: Sandro Schwarz.

Startet ein neues Abenteuer als Trainer in den USA: Sandro Schwarz. IMAGO/USA TODAY Network

Am Sonntag (23 Uhr MEZ) ist Saisonstart: Die New York Red Bulls sind beim Nashville SC um Hany Mukhtar gefordert. Zuvor nahm sich Sandro Schwarz im Trainingslager Zeit, um per Videocall zu erklären, was er bei den Red Bulls vorhat. Es ist seine vierte Erstliga-Station nach Mainz 05 (Juli 2017 bis November 2019), Dynamo Moskau (Oktober 2020 bis Juni 2022) und Hertha BSC (Juli 2022 bis April 2023).

Herr Schwarz, wie groß ist die Vorfreude auf das Auswärtsspiel am Sonntag in Nashville?

Die Vorfreunde ist riesig. Hinter uns liegt eine intensive Vorbereitungszeit inklusive des gesamten Kennenlernprozesses, den es zu bewältigen gilt bei einem neuen Verein, in einer neuen Kultur und einem neuen Land.

MLS-Auftakt der New York Red Bulls

Wie unterschiedlich ist das Fußballgeschäft in den USA im Vergleich zu Ihren vorherigen Stationen?

Ich kann alle beruhigen, auch bei uns hier wird elf gegen elf gespielt (lacht). Von daher gibt es in der Arbeitsweise während der Vorbereitung keine großen Unterschiede, wir müssen auf nichts verzichten. Ganz im Gegenteil: Die Jungs sind sehr willig und auch taktisch schon relativ weit. Jetzt gilt es, eine Struktur reinzubekommen, damit wir möglichst erfolgreich sind.

Gibt es gar keine Unterschiede?

Quervergleiche kann ich noch schlecht ziehen, ich habe noch kein Ligaspiel bestritten. Die Aufgabe hier ist eine tolle Herausforderung, wir haben eine tolle Gruppe und eine tolle Atmosphäre am Trainingsgelände. Die tägliche Arbeit macht großen Spaß. Jetzt kommt der Wettkampf dazu, und darauf freuen wir uns total.

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Ist die MLS für Sie völliges Neuland?

Ohne zu wissen, dass mich der nächste Schritt hierherführen würde, hatte ich eine Sommerpause mal genutzt, um mit meinem Trainerteam in den USA Spiele anzuschauen und Eindrücke zu sammeln. Die Liga nimmt eine sehr spannende Entwicklung, angefangen vom Start in den 1990ern über die Veränderungen in den vergangenen Jahren bis hin zur Weltmeisterschaft 2026, die in Kanada, den USA und Mexiko ausgetragen wird. Nach den ersten Gesprächen mit Verantwortlichen von den New York Red Bulls Ende 2023 haben wir uns dann sehr intensiv mit der Aufgabe beschäftigt und uns auch viel Videomaterial über die Mannschaft angeschaut.

Die Liga nimmt eine sehr spannende Entwicklung

Sandro Schwarz

Früher war die MLS ein Auffangbecken für Altstars. Auch heute spielen bei Inter Miami Lionel Messi, Sergio Busquets und Luis Suarez, die alle 35 Jahre oder älter sind. Für was stehen die New York Red Bulls?

Sandro Schwarz, Emil Forsberg, Jochen Schneider

Emil Forsberg (mi.) hat ein neues Kapitel in den USA aufgeschlagen. IMAGO/USA TODAY Network

Wir haben mit Emil Forsberg, der 32 ist, einen erfahrenen Spieler mit absoluter Top-Qualität auf und außerhalb des Platzes aus Leipzig geholt. Wir besitzen eine klare Identität, was die Red-Bull-typische Spielweise betrifft, und wir möchten uns weiterentwickeln und eine dynamische Gruppe sein. Wir wollen als Gruppe weiterwachsen und auch den einen oder anderen jungen Spieler daran teilhaben lassen, um die nächsten Schritte für sich persönlich zu gehen.

Wenn man den Kader durchforstet, fällt der 21-jährige John Tolkin auf. Trauen Sie ihm den Sprung in eine größere Liga zu?

Im Prinzip ja, in der Vorbereitung war er leider angeschlagen und etwas raus. Er hat als Linksverteidiger auf jeden Fall sehr viel Potenzial. Man muss aber auch sagen: Bei den nächsten Schritten geht es nicht darum, aus den USA rauszukommen, sondern sie so sinnvoll zu gestalten, dass es dann für den jeweiligen Spieler wirklich passend ist. Es geht nicht darum, einfach nach Europa zu gehen, dafür hat die MLS schon einiges an Qualität, sie ist eine sehr spannende Liga. Trotzdem ist es auch für uns als Mannschaft wichtig, die Spieler so zu entwickeln, dass womöglich der eine oder andere diesen nächsten Schritt auch in Europa machen kann. Gleichzeitig haben wir den Anspruch und den Leistungsgedanken, Woche für Woche Spiele zu gewinnen und das Maximale rauszuholen.

Was ist die Zielsetzung der New York Red Bulls?

Es sollten definitiv wieder die Playoffs sein, das ist unser Anspruch. Aber jetzt wollen wir erst einmal erfolgreich in die Saison reinkommen, das Auftaktprogramm hat es in sich. An den ersten sieben Spieltagen müssen wir fünfmal auswärts ran.

New York war 14-mal nacheinander in den Playoffs, scheiterte dort meist relativ früh. Ist es Ihr Ziel, den Klub auf ein anderes Niveau zu heben?

Natürlich! Mein Staff und ich sind jetzt nicht hierhergekommen, um das Programm einfach nur abzuspulen und das Level gerade so zu halten. Wir möchten gemeinsam auf die nächste Stufe kommen. Aber zunächst müssen wir uns auch diesmal wieder mit vielen kleinen Schritten für die Playoffs qualifizieren.

Nur zehn Monate Hertha - das war ja weniger unsere Idee

Sandro Schwarz

Übernehmen Sie dabei eine längerfristige Rolle? Ihre Vertragslaufzeit wurde nicht kommuniziert.

Bei jeder Aufgabe, die ich bisher angenommen habe, ob als Spieler oder Trainer, ist es ein wichtiges Kriterium, dass ich mich damit komplett identifizieren kann und nicht denke, das ist jetzt mal ein kurzer Zwischenstopp. Es ist für mich etwas ganz Normales, nicht nur als Trainer, sondern als Mensch, mich mit Haut und Haaren hineinzubegeben und alles für den gemeinsamen Erfolg zu tun. Meine Frau und die beiden Kinder sind mit hier. Wir haben die Entscheidung gemeinsam getroffen. Wir fühlen uns wohl damit, es ist gemeinsam der nächste Schritt. Ich war fast zwei Jahre bei Dynamo Moskau. Dass bei Hertha nur zehn Monate daraus wurden - das war ja weniger unsere Idee (schmunzelt).

In den sehr unruhigen Zeiten bei Hertha waren auch Ihre Qualitäten als Krisenmanager und Entertainer gefragt, sind Sie jetzt wieder mehr Fußballlehrer?

Auf der Ebene, auf der ich arbeite, musst du viele Facetten mitbringen, egal in welchem Land, dann bist du nicht mehr nur der klassische Fußballtrainer. Das Leadership gehört überall dazu. Berlin war trotz allem auch eine sehr wertvolle Erfahrung in diesem ganz, ganz schwierigen Jahr. Auch mit Abstand finde ich, dass man es phasenweise gesehen hat, was wir investiert haben, leider aber nicht mit der nötigen Konstanz.

Als Ihre Verpflichtung von den Red Bulls bekannt wurde, gab es Skepsis in den Medien, warum die Wahl auf Sie fiel - wie haben Sie es wahrgenommen?

In der Vorstellungs-Pressekonferenz war es kein Thema, sie war von einer großen Offenheit geprägt. Die Erfahrung aus Moskau hilft mir natürlich in New York. Es ist doch klar, wenn du als ausländischer Trainer irgendwo anfängst, dann fragen einige, ob das jetzt sein musste. Wenn man dann da ist und die Leute spüren, was das für ein Typ ist und wie er arbeitet, ab da gilt dann die Bewertung wirklich. Aber da hilft mir dann auch die Auslandserfahrung. Es ist ein Stück weit normal, dass Reaktionen erst einmal so sind. Es ist gut, mit einer großen Entspanntheit an die Sache zu gehen.

Moskau, Berlin, New York - Sie bewegen sich im Job nur noch in Metropolen. Liegt es an Ihrer Abenteuerlust?

(lacht) Die Frage ist total berechtigt, aber es ist nicht geplant. Wir haben uns nicht den nächsten Klub wegen der Stadt ausgesucht. Umgekehrt war es so, dass der Klub einfach gepasst hat und wir danach festgestellt haben, dass es auch ein besonderer Standort ist.

Warum haben Sie nicht auf ein gutes Angebot in Deutschland gewartet?

Es gab auch die eine oder andere Option, nach dem ersten Gespräch mit den Red-Bulls-Verantwortlichen war für mich aber klar: Es fühlt sich sehr gut an! Wie man hier Fußball spielen lassen möchte, welche Qualität an Führungspersonal schon im Klub ist, das passt alles sehr gut und hat mir die Entscheidung leicht gemacht. Das Umfeld und die Möglichkeiten des Vereins, das Beste aus der Mannschaft rauszuholen, stehen für mich über der Frage, in welcher Liga der Klub spielt.

Leiden Sie noch mit Ihrem "Heimatverein" Mainz 05?

Leiden ist das falsche Wort, das braucht der Klub auch nicht. Aber natürlich verfolge ich den Verein, für den ich schon in der Jugend gespielt habe. Die erste Pressekonferenz von Bo Henriksen habe ich mir sogar bei Youtube angeschaut.

Dieses Interview erschien erstmals in der Montagsausgabe des kicker am 19. Februar.

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