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Afrika-Cup - Aissa Laidouni: "Die Nationalmannschaft ist größer"

Unions Mittelfeldspieler spricht über den Afrika-Cup

Laidouni im Interview: "Die Nationalmannschaft ist immer größer"

Will mit Tunesien den Afrika-Cup gewinnen: Aissa Laidouni.

Will mit Tunesien den Afrika-Cup gewinnen: Aissa Laidouni. picture alliance / Laci Perenyi

Letzter in der Champions-League- Gruppe, Abstiegskampf, Trainerentlassung - bei Union Berlin lief es zuletzt mäßig. Inwiefern beeinflusst einen das bei einem großen Turnier mit der Nationalmannschaft, Herr Laidouni?

Aissa Laidouni (27): Natürlich ist es immer schöner, wenn es im Klub läuft. Aber das tangiert mich beim Afrika-Cup überhaupt nicht. Ich bin immer stolz, für Tunesien zu spielen, also bin ich auch mit ganzem Herzen dabei.

Stichwort Herz: Die Mentalität ist eines der entscheidenden Merkmale Tunesiens. Läuft es gut, kann die Mannschaft über sich hinauswachsen, wie beim 1:0 gegen Frankreich bei der WM in Katar. Läuft es aber schlecht, gibt es immer wieder Enttäuschungen, zum Beispiel das Ausscheiden in einer Gruppe mit Dänemark, Australien und eben Frankreich. Wie lässt sich diese Diskrepanz beheben?

In Afrika sind wir eine große Mannschaft, das Niveau steigt seit Jahren. Wir müssen eben in jeder Partie über uns hinauswachsen.

Bei der WM ist das nicht gelungen.

Das Aus tat weh, aber jetzt haben wir die Chance, es besser zu machen. Daran arbeiten wir jeden Tag.

Wir sind eine große Fußballnation.

Aissa Laidouni

Sind Sie dennoch ein Favorit auf den Titelgewinn?

Auf jeden Fall. Wir haben eine hohe Qualität, sind eine große Fußballnation, das zeigt sowohl die Vergangenheit als auch die Gegenwart.

Wer gehört noch zum Favoritenkreis?

Als Titelträger sicherlich der Senegal, dazu kommen die Marokkaner, die bei der WM bis ins Halbfinale vorgestoßen sind.

Mit Wahbi Khazri ist Tunesiens erfolgreichster Torschütze (25 Treffer in 74 Partien) nach der WM 2022 zurückgetreten. Inwiefern hat das die Mannschaft verändert?

Er war ein sehr wichtiger, unglaublich erfahrener Spieler, einer mit einer beeindruckenden Karriere. Aber die Nationalmannschaft ist immer größer als der eine Spieler.

Trotzdem war das Spiel auf ihn als einzige Spitze ausgerichtet, das wurde nicht zuletzt bei der WM sichtbar.

Klar war er wichtig, verdiente sich Respekt. Aber wir müssen diese Denkweise, dass keiner im Team größer ist als das Team selbst, in unsere Köpfe hineinbekommen. Zudem gibt es andere Spieler, die seinen Platz einnehmen und uns helfen können.

Zum Beispiel Youssef Msakni, Ihr Kapitän. Auch bei ihm hatte es mit seinen 33 Jahren jedoch die Überlegung gegeben, zurückzutreten.

Wir sind natürlich froh, dass er bei uns spielt, er ist ein guter Führungsspieler, der auch schon einige Tore für Tunesien geschossen hat (22 in 97 Spielen, d.Red.).

Müssen Sie dennoch die Spielweise ändern?

Das müssen wir nicht. Diese Fixierung auf einen Spieler haben wir nicht, das Team in seiner Gesamtheit muss funktionieren.

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Was ist Ihre Rolle im defensiven Mittelfeld? Spielen Sie lieber auf der Acht oder der Sechs?

Mir ist es gleich. Auch, ob ich nun mit einem Zehner wie manchmal bei Union spiele oder ohne. Die Hauptsache ist, die Anforderungen des Trainers zu erfüllen. Und ich habe ja starke Kollegen an meiner Seite.

Bei den Adlern von Karthago, wie die tunesische Mannschaft auch genannt wird, ist das Frankfurts Ellyes Skhiri.

Er ist ein sehr guter Freund von mir. Da wir beide in Deutschland spielen, sehen wir uns natürlich regelmäßig, telefonieren auch ab und zu. Ellyes ist ein großer Spieler, an dessen Seite es bei der Nationalmannschaft riesigen Spaß macht, zu spielen.

Gilt das auch für Manchester Uniteds Hannibal? Einst kam er als großes Talent nach England, durchlief mehrere Jugendmannschaften bei United - schaffte bisher aber nicht den Durchbruch in der Premier League. Nun bat er Nationaltrainer Jalel Kadri deshalb, ihn nicht für den Afrika-Cup zu nominieren.

Er ist ein Riesentalent, wir wären froh gewesen, ihn dabei zu haben. Aber in Manchester hat er enorme Konkurrenz, da ist es selbst bei seinen Möglichkeiten nicht selbstverständlich, zu spielen. Es ist normal, Zeit zu brauchen, bis man sein ganzes Potenzial entfaltet. Er ist auch so ein außergewöhnlicher Spieler.

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Trainer Kadri gilt nicht als unumstritten, schon nach der WM hatte der einflussreiche Verbandspräsident Wadie Jary ihm mit dem Rauswurf gedroht. Ist er die Marionette des Bosses?

Das ist eine verbandspolitische Frage, zu der ich mich nicht äußern möchte.

Wie würden Sie denn Kadri als Typ beschreiben?

Er ist ein Trainer, der nah an den Spielern ist, arbeitsam, rigoros, einer, dem die Beziehung zu seinen Spielern wichtig ist.

Zum Abschluss etwas Grundsätzliches: Die Qualität im afrikanischen Fußball steigt stetig. Was sind die Gründe?

Viele Spieler werden in Europa ausgebildet, zudem gewinnen auch die afrikanischen Akademien zunehmend an Qualität und Bedeutung. Ob nun im Senegal oder Algerien. Die meisten Verbände stecken immer mehr Geld in den Nachwuchs. Dieses Vorgehen trägt mittlerweile erste Früchte.

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