Eishockey

Draisaitl: Der Dominator der NHL im November 2019

Deutscher Superstar und McDavid verschieben Grenzen

Draisaitl: Der Dominator der NHL im November 2019

Leon Draisaitl ist bislang der dominanteste Spieler der NHL-Saison 2019/20.

Leon Draisaitl ist bislang der dominanteste Spieler der NHL-Saison 2019/20. picture alliance

Er selbst mag den Vergleich nicht besonders, auch wenn er ihm schmeichelt und er natürlich liebend gerne einmal auf eine ähnliche Karriere zurückblicken würde. Leon Draisaitl ist nicht Dirk Nowitzki. "Er ist eine Legende. Was er erreicht hat, ist im Eishockey schwer zu erreichen", sagt der 24-Jährige über den im Sommer zurückgetretenen Würzburger Basketball-Superstar, der mit 31.560 Punkten die sechstmeisten Punkte in der NBA aller Zeiten erzielte. Und dennoch: Während die Vergleiche zwischen beiden Ausnahmeathleten bis in den Sommer 2018 noch ein wenig künstlich und übertrieben schienen, leuchtet Draisaitls Stern in der NHL in den letzten 14 Monaten heller denn je.

Elf aus drei: Draisaitl und McDavid dominieren die NHL

Mit 43 Scorerpunkten aus gerade einmal 22 Spielen führt Draisaitl die NHL mit Stand vom späten Samstagabend (MEZ), den 16. November, mit deutlichem Vorsprung sogar vor dem eigenen Teamkollegen, dem kanadischen Superstar Connor McDavid (40) und dessen Landsmann Brad Marchand (32) von den Boston Bruins an. Der letzte Spieler, der die 40-Punkte-Marke in der NHL noch schneller erreichte als nun Draisaitl, war kein geringerer als Mario Lemieux (20 Spiele, Saison 2002/03).

Er ist ein Biest da draußen.

Oilers-Coach Dave Tippett Anfang Oktober 2019 über Leon Draisaitl

Gerade die vergangene Woche war selbst für die beiden kongenialen Führungsfiguren der Edmonton Oilers eine besondere: Während McDavid beim 6:2 bei den Anaheim Ducks in der Nacht zum Montag einen Hattrick erzielte, kam Draisaitl auf satte vier Vorlagen. Es folgte eine 3:6-Niederlage in San Jose, bei der Draisaitl dennoch auf Tor und Vorlage kam (McDavid: ein Assist).

Die Nacht auf Freitag im Spiel gegen die Colorado Avalanche (6:2) wurde schließlich zum Sinnbild für die Dominanz der beiden Ausnahmekönner: Draisaitl erzielte diesmal gleich fünf Assists, McDavid war sogar an sämtlichen sechs Oilers-Toren beteiligt (drei Tore, drei Vorlagen) - und erzielte damit den zweiten Hattrick innerhalb von drei Partien. Auch bei der 4:5-Niederlage nach Overtime am Samstagabend (nach zwischenzeitlicher 4:2-Führung) gegen die Dallas Stars war Draisaitl mit Tor und Assist wieder maßgeblich an der Offensivproduktion seiner Oilers beteiligt, natürlich auch McDavid mit drei Assists.

Draisaitl kam in den vier Spielen der vergangenen Woche somit auf zwei Tore und satte elf Assists, McDavid mit sechs Toren und sieben Vorlagen auf die gleiche Punkteanzahl von 13. "Es macht Spaß, wirklich viel Spaß mit ihm zusammenzuspielen. Wir spielen nun schon lange zusammen, solche Abende, an denen es gemeinsam so funktioniert, sind eine tolle Sache", meint McDavid.

Draisaitl verschiebt weiter die eigenen Grenzen

Im Jahr eins nach seinen herausragenden 105 Scorerpunkten, den viertmeisten in der NHL - darunter mit 50 Toren die zweitmeisten nach Supertorjäger Alex Ovechkin (51) -, ist Draisaitl damit drauf und dran, die eigenen Grenzen noch einmal zu verschieben. "Er ist ein Biest da draußen", hatte der neue Oilers-Coach Dave Tippett Draisaitl bereits nach der Auftaktpartie in die Saison 2019/20 (3:2 gegen Vancouver; ein Tor und zwei Vorlagen von Draisaitl) über den deutschen Stürmer gesagt, dem er in dieser Partie fast 27 Minuten Eiszeit gegeben hatte - selbst für einen Verteidiger normalerweise ein hoher Wert.

In der Tat hat der gebürtige Kölner seinem Spiel in den vergangenen zwei Jahren mehrere zusätzliche Dimensionen hinzugefügt. Die Athletik ist noch besser geworden, so dass Draisaitl mittlerweile kaum mehr von der Scheibe zu trennen ist. Hinzu kommt die von Ex-Coach Ken Hitchcock beschriebene Fähigkeit eines Torjägers, "ruhige Bereiche" auf dem Eis zu finden und zu besetzen, um - neben den bekannten eigenen Spielmacherqualitäten - auch als Anspielstation für Abschlüsse zur Verfügung zu stehen. Gepaart mit seinem ebenfalls stark verbesserten Schuss, ist der 24-jährige Draisaitl nun ein kompletter, kaum zu verteidigender Starstürmer, der für die Gegner zudem auch noch erschreckend konstant aufspielt. Ein echter Superstar wie Nowitzki eben.

Draisaitl und Nowitzki: Ein immer fairerer Vergleich

Angesichts von Draisaitls derzeitiger Dominanz in der NHL überrascht es schon ein wenig, dass er bei der Wahl zum deutschen Sportler des Jahres 2019 nicht unter den Nominierten zu finden ist. Ein Blick auf Nowitzki allerdings macht deutlich, wie schwierig es für internationale deutsche Topstars einer Mannschaftssportart außerhalb des Fußballs ist, nationale Anerkennung zu erhalten: Denn auch die NBA-Legende wurde nur ein einziges Mal zu Deutschlands Sportler des Jahres gewählt - 2011, nach dem einzigen Titelgewinn mit den Dallas Mavericks.

Während die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft nach dem sensationellen Silbermedaillengewinn von Pyeongchang als Mannschaft des Jahres 2018 ausgezeichnet worden war, fehlt ein Eishockeyspieler bis heute sogar gänzlich in der bis 1947 zurückreichenden Kategorie als Sportler des Jahres. Auch wenn für Draisaitl der von ihm angestrebte Stanley-Cup-Sieg mit Edmonton die Voraussetzung seien sollte: Es wäre keine Überraschung mehr, wenn Draisaitl auch diese bis dahin für einen deutschen Eishockeyspieler unerreichbar erscheinende Auszeichnung einmal erhalten wird.

Joachim Meyer

Von Draisaitl bis Bergmann - Ein Superstar, ein Newcomer und zwei Stürmer