Champions League

Warum Jacob Neestrup erst als Trainertalent Karriere machte

Kopenhagener Coach ist erst 35 Jahre alt

Zwei vielsagende Minuten: Warum Neestrup erst als Trainertalent Karriere machte

Er kennt auch die Schattenseiten des Profifußballs: Jacob Neestrup.

Er kennt auch die Schattenseiten des Profifußballs: Jacob Neestrup. IMAGO/Gonzales Photo

Es lief nicht gerade rund beim FC Kopenhagen im September 2022. Die Dänen hinkten in der Meisterschaft deutlich hinterher, sechs der ersten zehn Ligaspiele gingen verloren. Und da der FCK auch in der Königsklasse noch ohne Punkt und Tor dastand, entschied die Vereinsführung, sich von Jess Thorup zu trennen. Der Co-Trainer übernahm - und wie!

Jacob Neestrup heißt der damals gerade mal 34 Jahre alte Coach, der Kopenhagen trotz zehn Punkten Rückstand auf den Randers FC noch zur Meisterschaft führte. Damit nicht genug, auch im Pokalfinale triumphierte Kopenhagen mit einem 1:0 gegen Aalborg. "Ich weiß, dass in diesem Jahr nicht alles perfekt war. Aber wir haben am Ende einigermaßen überlegen gewonnen", erklärte Neestrup cool beim TV-Sender "Viaplay": "Es war eine große Saison mit einem gewaltigen Druck."

Der Double-Gewinn war für Neestrup kein unbekanntes Gefühl. Als Spieler des FC Kopenhagen wurde er 2009 Meister und Pokalsieger, es blieben jedoch die einzigen Titel für das Kopenhagener Eigengewächs, zu denen er auch nicht allzu viel beitragen konnte. Denn Neestrups Körper war für Profifußball irgendwie nicht geschaffen.

Zwei Minuten gespielt, acht Monate pausiert

Dabei hatte die Karriere des talentierten Mittelfeldspielers früh Fahrt aufgenommen. 18 Jahre, 6 Monate und 12 Tage war er jung, als er im dänischen Pokal im September 2006 sein Debüt in der ersten Mannschaft gab - es endete nach zwei Minuten. Neestrup verletzte sich so schwer, das er acht Monate lang pausieren musste, sein Ligadebüt gab er im letzten Saisonspiel 2006/07. Von Verletzungen immer wieder zurückgeworfen, kam nur noch ein einziges Erstligaspiel in Dänemark hinzu.

2009 wechselte er nach Norwegen zu Viking Stavanger, im Mai 2010 dann weiter zum isländischen Meister FH Hafnarfjördur. Zwei Monate später verfolgte er ein Champions-League-Qualifikationsspiel gegen Bate Borisov von der Bank aus. Womöglich wäre er auch eingesetzt worden, hätte er sich nicht kurz zuvor bei einem Autounfall Verletzungen zugezogen. Natürlich sei es "sehr unglücklich", die Spiele seien "zu einem schlechten Zeitpunkt" gekommen, sagte Neestrup damals. "Aber jetzt bin ich wieder vollständig genesen, nachdem mein Nacken und meine Schultern lange Zeit geschmerzt haben."

Guardiola ein Remis abgerungen

Doch so recht kam Neestrup nach all den Rückschlägen nicht mehr auf die Beine. 2011, gerade mal fünf Jahre nach seinem Profidebüt, hängte er die Schuhe nach einem Wechsel zurück in die Heimat zu Viertligist Fremad Amager an den Nagel. Zunächst schlug er eine Karriere im Management ein, wurde dann beim FC Kopenhagen Juniorencoach und erstmals Co-Trainer der ersten Mannschaft. Im Juni 2019 übernahm er den Trainerposten beim damaligen dänischen Zweitligisten Viborg, kehrte aber nach einem Jahr zu seinem Herzensklub zurück und wurde wieder Assistent - bis sein Boss Thorup entlassen wurde.

Seitdem hat er schon manchen namhafteren Trainerkollegen ärgern können - auch Pep Guardiola. Nach dem klaren 5:0 am 3. Spieltag der vergangenen Königsklassen-Saison reiste Manchester City als nächstes nach Kopenhagen. Mehr als ein 0:0 war nicht drin für den haushohen, allerdings auch lange in Unterzahl spielenden Favoriten. Am letzten Spieltag verhinderte ein 1:1 gegen den BVB, dass Kopenhagen torlos aus dem Wettbewerb ging. Drei Zähler sammelte der klare Außenseiter in der schweren Gruppe, der auch noch der FC Sevilla angehörte, immerhin.

Bayerns Hürden: Neestrup, Bardghji und der Heimvorteil

Auf dem Weg in die aktuelle Gruppenphase schaltete Kopenhagen in der 3. Qualifikationsrunde Sparta Prag und in den Play-offs den polnischen Meister Rakow Tschenstochau aus. Gerät auch der FC Bayern ins Stolpern? Thomas Tuchel ist sich der Gefahr bewusst. Genau bewusst: "Sie sind gefährlich im Kontern, haben einen guten Mix aus langen Bällen und kurzem Kombinationsspiel, viel wendige Geschwindigkeit in der vorderen Reihe, ein robustes, spielstarkes Mittelfeld, dazu einen Torhüter mit extrem weiten Abwürfen und Abschlägen. Da müssen wir aufpassen."

Die Hoffnung ruht neben Neestrups taktischem Gespür und dem 17-jährigen Talent Roony Bardghji (sechs Saisontore), der wegen fehlender internationaler Erfahrung aber wohl nur als Joker in die Partie kommen wird, auch auf dem Heimvorteil. Von 15 Gruppenspielen in der Königsklasse im "Parken" verlor Kopenhagen nur eine einzige Partie, 2013 mit 0:2 gegen Real Madrid.

Die Generalprobe setzte Kopenhagen allerdings in den Sand. Am Samstag verlor der Tabellenführer mit 0:2 gegen FC Midtjylland.

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