Basketball

Paul Zipser (Bayern München): "Das war natürlich überwältigend"

27-Jähriger über die Euroleague, Coach Trinchieri - und die BBL

Zipser im Interview: "Das war natürlich überwältigend"

Großer Erfolg: Paul Zipser und die Bayern erreichten als erstes deutsche Team die Euroleague-Play-offs.

Großer Erfolg: Paul Zipser und die Bayern erreichten als erstes deutsche Team die Euroleague-Play-offs. imago images

Hallo Herr Zipser. Zunächst einmal Glückwunsch zum Erreichen der Play-offs in der Euroleague. Vor Ihnen ist das keinem deutschen Team gelungen. Nehmen Sie uns bitte einmal mit in die Momente nach der finalen Sirene nach dem Sieg gegen Zalgiris Kaunas.
Das war natürlich überwältigend. Die Bilder haben es gezeigt, es war sehr emotional für uns alle, das geschafft zu haben. Wobei wir jetzt auch nicht mehr viel darüber nachdenken, weil wir einfach einen straffen Terminplan haben mit sehr vielen Spielen. Der Tag und der Abend waren natürlich emotional, aber direkt danach habe ich persönlich nicht viel drüber nachgedacht, sondern den Blick gleich wieder nach vorne gerichtet.

Sportdirektor Marko Pesic hat nach dem entscheidenden Sieg gesagt, Sie haben wieder einmal irgendeinen Weg gefunden, dieses Spiel zu gewinnen. War diese Partie vielleicht ein Symbolbild der Euroleague-Saison der Bayern?
Es war auf jeden Fall wieder ein wildes Ende gegen Kaunas, wo wir fünf Minuten vorher mit einem kleinen Abstand auch hätten komfortabler gewinnen können. Das war jetzt nicht das erste Mal, dass wir so auch in der Euroleague ein Spiel gewinnen, das stimmt.

Wir waren natürlich nicht zufrieden, wie es letztes Jahr gelaufen ist.

Paul Zipser

Was genau hat sich bei Ihnen im Vergleich zur Vorsaison, als sie in der Euroleague zum Zeitpunkt des Abbruchs wegen der Corona-Pandemie auf dem vorletzten Platz standen, verändert?
Da hat sich einiges verändert. Das Team hat sich natürlich extrem verändert. Der Coaching Staff hat sich zu 100 Prozent geändert. Im Verein hat sich insgesamt sehr viel getan. Wir waren natürlich nicht zufrieden, wie es letztes Jahr gelaufen ist. Ich denke, da wurden im Sommer gute Entscheidungen getroffen.

Ein großer Faktor des Erfolgs ist Trainer Andrea Trinchieri, der im vergangenen Sommer nach München kam. Was zeichnet ihn aus?
Einiges. Er weiß natürlich extrem viel über Basketball. Er weiß auch - was ihn glaube ich sehr ausmacht - viel über die Psyche der Spieler. Er kennt sie sehr gut und weiß, wie man sie am besten anpackt, um das beste für das Team zu bekommen. Wir sind extrem variabel vorne wie hinten. Wir haben immer einen sehr guten Matchplan, um den jeweiligen Gegner zu besiegen.

Wichtiger Neuzugang: Coach Andrea Trinchieri macht einen herausragenden Job in München.

Wichtiger Neuzugang: Coach Andrea Trinchieri macht einen herausragenden Job in München. imago images

Sie haben mit der NBA und Euroleague in den beiden besten Ligen der Welt gespielt. Wo liegen die entscheidenden Unterschiede?
Beide Ligen sind sehr verschieden, da könnten wir eine halbe Stunde drüber reden. Ich würde sagen, weil das Feld ein bisschen kleiner ist und die Regeln etwas anders sind, muss man taktischer und schneller in der Euroleague spielen. Es gibt mehr Teamplay als in der NBA, da ist es vielleicht ein bisschen attraktiver, gerade die reguläre Saison in der Euroleague anzusehen. In der NBA hast du mehr Platz, es ist viel schwerer zu helfen. Wenn einer geschlagen wird, dann ist es für die Offensive extrem einfach einen guten Wurf oder Dunk zu bekommen. Das hast du in der Euroleague weniger.

In den Play-offs der Euroleague geht es nun gegen den Tabellenvierten Mailand. Gegen die Italiener haben Sie beide Spiele verloren in der Hauptrunde. Was muss in den Play-offs, die im Best-of-Five-Modus gespielt werden, besser werden?
Das haben wir in den letzten Spielen in der Euroleague schon gesehen, die Intensität ist extrem hochgegangen bei allen. Das hat dann in der Postseason wenig mit der regulären Saison zu tun. Wir hätten einmal hier in München das Spiel gegen Mailand gewinnen sollen am Anfang der Saison, das war sehr knapp. Die zweite Partie dann so mit das schlechteste Spiel, was wir diese Saison in der regulären Saison in der Euroleague gemacht haben, das hätte gegen jeden Gegner passieren können. Diese zwei Spiele sind in meinen Augen kein Fingerzeig in Richtung Play-offs.

Wie schätzen Sie die Chancen auf das Weiterkommen in diesem Duell ein? Gibt es einen Favoriten?
Das ist ganz schwer zu sagen. Ich denke, wir haben ein gutes Matchup mit den Spielern. Das zeigt jetzt nicht gerade einen Vorteil für die eine oder andere Mannschaft. Da kommt es jetzt darauf an, wer die besseren Spiele zeigt und am wenigsten Fehler macht.

Sobald es in die Play-offs geht, ist alles möglich für sehr viele Vereine.

Paul Zipser

Wie weit kann der Weg für die Basketballer des FC Bayern in der Euroleague gehen? Die beiden Siege gegen den Tabellenersten Barcelona haben gezeigt, dass Sie mit jedem Gegner mithalten können.
Ich traue unserer Mannschaft viel zu. Die Saison in der Euroleague war extrem spannend und sehr eng beieinander. Sobald es in die Play-offs geht, ist alles möglich für sehr viele Vereine.

Ist für Sie Barcelona um Topspieler Nikola Mirotic, mit dem Sie ja bei den Chicago Bulls zusammengespielt haben, der Favorit auf den Titel in der Euroleague?
Vereine, die oben dabei sind, wie Barcelona, Efes oder ZSKA Moskau, bei denen man allerdings schauen muss, wie sie den Ausfall von Mike James verkraften, musst du natürlich immer auf dem Zettel haben. Das sind Vereine, die immer ganz oben mit dabei sind. Sie sind vielleicht ein bisschen favorisiert. Aber in den Play-offs kann viel passieren.

Energisch: Paul Zipser zieht in der Euroleague gegen Efes zum Korb.

Energisch: Paul Zipser zieht in der Euroleague gegen Efes zum Korb. imago images

Werfen wir noch einen Blick auf die BBL. Dort gab es die ein oder andere nicht erwartbare Niederlage. Ist das durch das straffe Programm mit der Euroleague zu begründen?
Bei so vielen Spielen und so einem Spielstil, den wir fahren, der sehr athletisch, kämpferisch und intensiv ist, musst du auch immer wieder Spieler schonen - was der Verein ganz gut gemacht hat. Das war extrem schwer, das sollte man nicht unterschätzen. Dann ist es natürlich auch schwer, jedes Spiel zu 100 Prozent fokussiert zu sein. Das haben wir in der BBL zuletzt sehr schlecht gemacht, da haben wir zu viele Niederlagen und auch knappe Spiele gehabt. Das müssen wir gerade in der nächsten Saison verbessern. Ein, zwei Niederlagen sind vielleicht einberechnet, aber nicht so viele wie wir sie jetzt in den letzten Monaten kassiert haben.

Dass die Münchner um den Titel spielen wollen, ist ja ganz klar. Wie schätzen Sie ihre Chancen ein?
Ich denke gut. Wir sind im Moment in der BBL noch auf dem dritten Platz, wollen in der Liga natürlich alle Spiele im Saisonendspurt gewinnen. Wir wollen die Saison so weit oben wie möglich beenden. Und in den Play-offs geht es dann los, da ist vieles möglich. Ich denke, viele rechnen damit, dass wir und Alba gute Chancen auf den Titel haben. Doch da sind jetzt noch so viele Spiele davor, da denken wir noch nicht so viel dran.

Spitzenreiter Ludwigsburg spielt eine tolle Saison. Sind sie neben Alba und München auch ein ganz heißer Favorit auf den Titel? Oder erwarten Sie bei ihnen eher einen Einbruch?
Ludwigsburg ist Erster in der Tabelle, und den Spitzenreiter solltest du natürlich nie unterschätzen. Aber das werden wir auch nicht tun. Wir spielen in der Saison noch gegen sie und können uns dort nochmal ein Bild machen. Im Moment denke ich persönlich allerdings noch sehr wenig über die Play-offs nach, wer dort die Nase vorne haben könnte. Dazu steht vorher einfach noch zu viel auf dem Programm.

Zum Abschluss noch kurz zu Ihnen: Ihr Vertrag läuft im Sommer aus. Gibt es schon eine Tendenz, wie es dann weitergeht?
Bisher noch nicht. In dieser Saison ist alles wegen Corona ein bisschen nach hinten verschoben. Im Moment mache ich mir darüber gar keine Gedanken. Ich will in der Saison mit dem FC Bayern einige Ziele erreichen und dann sehen wir weiter. Gespräche gibt es natürlich immer, viel kann man im Moment allerdings noch nicht entscheiden.

Interview: Mirko Strässer