DFB-Pokal

Wieder Absturz? Wie stark ist Bayer Leverkusen wirklich?

Abwehrchef Tah sieht keine Parallele zum Vorjahr

Wie stark ist Leverkusen wirklich?

Hängende Köpfe nach dem Pokal-Aus: Jonathan Tah mit Robert Andrich.

Hängende Köpfe nach dem Pokal-Aus: Jonathan Tah mit Robert Andrich. imago images/Uwe Kraft

Das Verspielen der größten Titelchance zuhause gegen einen Zweitligisten ist für Bayer Leverkusen ein brutaler Rückschlag, wie auch Jonathan Tah zugab. "Die Enttäuschung ist natürlich sehr groß, sehr schwer zu verarbeiten", erklärte der Abwehrchef, der nachher keine Ausreden für das Scheitern suchen wollte.

So ließ der Nationalspieler das Fehlen beider verletzter Mittelstürmer, Patrik Schick und Lucas Alario, nicht gelten. Auch wenn die fehlende Effizienz beim 1:2 gegen den KSC ein mitentscheidender Faktor war. Dennoch betonte Tah: "Die beiden haben uns natürlich gefehlt, aber damit hatte das gar nicht so viel zu tun. Es war auch in den letzten Spielen so, dass wir es nicht geschafft haben, die Situationen richtig zu Ende zu spielen, dass wir nicht klar genug in den Aktionen waren, nicht fokussiert genug."

Wie schon in Köln hatte Bayer zahlreiche erfolgsversprechende Situationen mit einer Mischung aus Fahrlässigkeit und fehlender Konzentration liegen gelassen. "Es war nicht so, dass es nicht möglich war", erklärte Tah zum verpassten Weiterkommen trotz des frühen Gegentreffers und der fehlenden eigenen Effizienz.

Tah nimmt Hradecky in Schutz: "Fehler darf jeder machen"

Auch den gravierenden Patzer von Lukas Hradecky vor dem 1:2, als der Torhüter dem Karlsruher Torschützen Choi den Ball in die Füße spielte, wollte Tah nicht in den Mittelpunkt rücken. Erst recht nicht irgendwelche Vorwürfe formulieren. "Nein, Lukas hat in genug Spielen gezeigt, dass er ein enorm wichtiger Spieler für uns ist als Kapitän, als Führungsspieler", erklärte der 25-Jährige, "Fehler darf jeder machen."

Was Bayer an diesem Abend leider zu wörtlich nahm. So gaben Tah und sein Abwehrkollege Edmond Tapsoba beim frühen 0:1 ebenfalls keine gute Figur ab. Und vorne versiebten Moussa Diaby, Amine Adli und auch der eingewechselte spanische U-17-Nationalspieler Iker Bravo, der als Joker mit 16 Jahren und 287 Tagen zum jüngsten eingesetzten Profi der Leverkusener Vereinsgeschichte avancierte, beste Chancen.

Trotz aller Probleme sieht Tah jedoch keine Parallele zur Vorsaison, in der Bayer nach einer 1:2-Niederlage gegen Bayern München am 13. Spieltag einen brutalen Absturz erlebte. Ob er sich sicher sei, dass es keine Wiederholung der Geschichte geben werde, wurde Tah gefragt. "Auf jeden Fall", antwortete der Verteidiger, "weil wir nicht im letzten Jahr sind."

Das Spiel gegen Wolfsburg ist enorm wichtig.

Tah

Auch wenn die Erfolgserlebnisse zuletzt ausblieben, sieht er keinen Bruch im Spiel der Werkself. "Es war klar, dass es nicht die ganze Zeit so steil bergauf gehen kann", erklärte der Hüne, betonte aber, "wir haben immer noch die gleichen Aktionen. Wenn wir die ausnutzen, sieht es genauso aus, wie am Anfang der Saison."

Doch genau das ist die entscheidende Frage: Wie stark ist Bayer wirklich? Ließ die Werkself doch selbst bei auf dem Papier grandiosen Siegen wie beispielsweise gegen Gladbach und bei Celtic Glasgow (jeweils 4:0) reihenweise Torchancen zu und wurde in der Startphase der Saison einzig vom BVB für diese Nachlässigkeiten bei der 3:4-Niederlage bestraft.

Bayer bekommt die Quittung für Nachlässigkeiten in Defensive und Offensive

Jetzt aber bekommt Bayer in jedem Spiel mit allerdings brutaler Härte die Quittung für die Nachlässigkeiten in Defensive wie Offensive. Eine Situation, die gefährlich ist, wie Tah weiß. Ein Eindruck, der sich nicht festsetzen darf. "Wir müssen das so schnell wie möglich abschütteln. Das nächste Spiel ist nicht weit entfernt. Wir müssen unsere Schlüsse aus dem Spiel ziehen. Auch aus den letzten Spielen, in denen wir nicht effizient waren, und zuhause gegen Wolfsburg etwas Besseres auf den Platz bringen."

Gelingt dies nicht schon am Samstag, droht das, was Tah jetzt noch nicht erkennen mag. "Das Spiel gegen Wolfsburg ist enorm wichtig. Vor allen Dingen für unser Selbstvertrauen. Dass wir nicht anfangen darüber zu reden, dass wir in einem Loch sind - denn so sehe ich das nicht."

Jetzt, in der ersten schwierigen Phase der Saison, müssen sich nach dem Abgang der Bender-Brüder gerade die neuen Führungskräfte wie Tah beweisen. Ein weiterer Rückschlag gegen kriselnde Wölfe würde sonst womöglich auch den Blickwinkel des Abwehrchefs deutlich verändern.

Stephan von Nocks