Nord

Walbrecht: Comeback als "Gradmesser" für die 96-Talente

Vereinsloser Defensiv-Allrounder darf sich beim Spitzenreiter fithalten

Walbrecht: Comeback als "Gradmesser" für die 96-Talente

Tim Walbrecht hält sich bei Hannovers U 23 fit.

Tim Walbrecht hält sich bei Hannovers U 23 fit. IMAGO/Christian Schroedter

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Als die U 23 von Hannover 96 mit dem 2:1 Erfolg gegen St. Pauli II die Tabellenspitze der Regionalliga Nord übernahm, freute sich am vergangenen Samstag auch Tim Walbrecht (22) auf der Tribüne mit. Wenn es um das Talente-Team aus der niedersächsischen Landeshauptstadt geht, spricht der junge Mann nach wie vor in der "Wir"-Form. Das ist insofern nicht verwunderlich, als der gebürtige Celler seit der U 13 in der 96-Akademie ausgebildet worden ist. Einen Vertrag bei den "Roten" besitzt der Defensiv-Allrounder allerdings nicht mehr. Den im vergangenen Sommer ausgelaufenen Kontrakt zu verlängern, war für Walbrecht seinerzeit kein Thema: "Ich wollte den nächsten Step machen und möglichst viel spielen über einen längeren Zeitraum, auf höherem Niveau als in der Regionalliga bei der U 23." Eine kurzfristig notwendige Hüft-OP aber machte den Plan zunichte. Statt sich wie erhofft für einen Drittligisten empfehlen zu können, lag Walbrecht auf Eis und blieb bislang vereinslos.

Hüftoperation im Sommer "war mit Blick auf die Zukunft das Beste"

Ein klassischer Fall von verpokert? "Nein", findet Walbrecht. "Ich bereue die Entscheidung nicht. Die Operation war mit Blick auf die Zukunft das Beste. Mit Schmerzen weiterzuspielen, wäre möglich gewesen, hätte aber auf Dauer ziemlich sicher zu immer mehr Problemen geführt. Deshalb bin ich froh, dass ich es habe machen lassen." Der "nächste Step" sei also nur verschoben, so Walbrecht, der in der Saison 2020/21 im Rahmen einer Leihe zum SV Wehen Wiesbaden bereits elf Drittligapartien absolviert hat und insgesamt fünfmal für 96 in er 2. Liga zum Einsatz kam. Zuletzt am 34. Spieltag der Saison 2021/22 beim 3:2 gegen Ingolstadt, sogar für 90 Minuten im Abwehrzentrum. Chefcoach damals: Christoph Dabrowski, der Walbrecht schon zu gemeinsamen U-23-Zeiten gefördert hatte. Dabrowskis zum Saisonende folgende Ablösung durch Stefan Leitl markierte dann für den Jungprofi einen Karriereknick.

"Egal wie lange ich dabei bin: Ich bleibe immer der Jugendspieler"

Was allerdings weniger am Trainerwechsel an sich lag als vielmehr daran, dass Walbrecht nach einer ordentlichen Vorbereitung pünktlich zum Saisonstart gleich zwei kurz aufeinanderfolgende Sprunggelenksverletzungen bis in den Herbst hinein außer Gefecht setzten. Damit war der Anschluss im Profiteam verloren - und die Perspektive des Talents bei seinem Ausbildungsverein in beiderseitigem Interesse endlich. "Bei 96 hatte ich das Gefühl: egal wie lange ich dabei bin, bleibe ich immer der Jugendspieler, der hochgezogen wurde", sagt Walbrecht. Was er ausdrücklich "nicht als Vorwurf" verstanden wissen will: "Das geht Eigengewächsen mehr oder weniger überall so. Das habe ich auch in Wiesbaden damals gespürt, dass das Standing ein anderes ist, wenn man von außen neu zu einem Verein kommt."

Stendel lobt: "Tim tritt hier jeden Tag mit einer Top-Einstellung an."

Seit Mitte Oktober ist Walbrecht nach erfolgreicher OP und Reha wieder voll belastbar und steht inzwischen dementsprechend im Saft - dank der kompletten Integration ins Mannschaftstraining bei Hannovers U 23. Diese Möglichkeit hatten ihm Sportdirektor Marcus Mann und U-23-Coach Daniel Stendel von vornherein zugesagt. Was Walbrecht absolut zu schätzen weiß: "Ich habe dem Verein und gerade der Akademie sehr viel zu verdanken. Dass ich die Gelegenheit bekomme, hier mitzutrainieren, halte ich nicht für selbstverständlich. Gleichzeitig habe ich aber auch den Anspruch, der Gruppe etwas zurückzugeben und die Trainingsqualität zu erhöhen." Was ihm laut Stendel definitiv gelingt: "Tim tritt hier jeden Tag mit einer Top-Einstellung an, trägt zur positiven Atmosphäre bei - und ist mit seiner Qualität ein sehr guter Gradmesser für unsere Jungs." Also: Eine klassische Win-Win-Situation. Von der trotzdem alle hoffen, dass sie möglichst bald Geschichte sein soll.

Thiemo Müller

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