Südwest

Ulm-Kapitän Reichert: "Wir wollen für Furore sorgen"

Innenverteidiger bleibt noch länger bei seinem Herzensverein

Ulm-Kapitän Reichert: "Wir wollen für Furore sorgen"

Am Ziel seiner Träume: Johannes Reichert (vorne) wird mit dem SSV Ulm 1846 in der 3. Liga spielen.

Am Ziel seiner Träume: Johannes Reichert (vorne) wird mit dem SSV Ulm 1846 in der 3. Liga spielen. IMAGO/Jan Huebner

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Die Stimme ist noch etwas angeschlagen. Der Feiermarathon hat bei Johannes Reichert Spuren hinterlassen. Der Kapitän des SSV Ulm 1846 ist mit seinem Jugendverein in die 3. Liga aufgestiegen. "Endlich", sagt der Innenverteidiger, der für Ulm 367 Spiele bestritten und dabei 40-mal getroffen hat. Meistens vom Elfmeterpunkt.

Unmittelbar nach dem Aufstiegsspiel haben sich Fans Ihre Unterschrift tätowieren lassen, Herr Reichert ...

Das habe ich auch noch nie erlebt. Ich dachte erst, die machen Spaß, als ich mit einem Kugelschreiber auf ihrer Hand unterschreiben sollte. Aber als sie dann eine Stunde später mit dem Tattoo zurückkamen ... Absolut verrückt.

Für Ulm ist es nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga vor 22 Jahren die Rückkehr in den Profifußball. Was bedeutet Ihnen das?

Mir persönlich bedeutet das wirklich alles. Ich habe zwei Insolvenzen bei diesem Verein, meinem Jugendverein, miterlebt. Ich musste gehen, als der SSV kurz vor dem Aus stand. 2016 bin ich nach zwei Jahren zurückgekommen, mit dem langfristigen Ziel, diesen Verein wieder nach oben zu führen. Mit der Historie und dem Potenzial in Ulm ist das nach so langer Abstinenz ein absoluter Meilenstein. Dass es nun geklappt hat, ist unglaublich.

Vergangene Saison war es nur die Vizemeisterschaft. Was war nun der Garant für den Erfolg?

Es hat von Anfang an gut funktioniert, dass wir nach unserem großen Umbruch im Sommer in der Mannschaft eine Einheit wurden. Unser Trainer und sein Team sind hervorzuheben. Alles hat harmoniert. Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen. Wir hatten uns von Anfang an das Ziel gesteckt, aufzusteigen. Aber wir wussten natürlich alle nicht, wo die Reise hingeht.

Es war nicht Ihr erster Aufstieg mit Ulm ...

Ja, ich habe vor dem Spiel gegen Fulda noch daran gedacht: Heute ist der 20. Mai und ich war mir sicher, dass wir gewinnen. Unterbewusst war da auch der Gedanke: Heute steigen wir auf. Das würde so gut zu meiner Story passen. Denn 2012 bin ich auch an einem 20. Mai mit Ulm in die Regionalliga aufgestiegen (4:1 beim SSV Reutlingen, Anm. d. Red.).

Mit dem Aufstieg kam auch die Nachricht, dass Sie bis 2026 verlängert haben. Warum hat sich das so lange gezogen?

Für mich ist Ulm etwas ganz Besonderes. Das brauche ich keinem mehr erzählen. Klar, wollte ich es mit dem Verein meiner Heimat, meiner Kindheit schaffen, mit dem Klub, von dem ich selbst ein großer Fan bin. Aber ich will nicht nur die lebende Legende oder eine Kultfigur sein. Auch für mich muss es weitergehen. Ich bin bald 32 und damit in einem Alter, in dem ich ein Signal wollte, eine Perspektive. Jetzt bin ich überglücklich, aber noch lange nicht zufrieden. Solange ich hier bin, will ich alles dafür tun, dass die positive Entwicklung bei diesem Verein weitergeht.

Es geht ums Überleben. Wir wollen uns in der Liga etablieren und in den nächsten Jahren die Klasse halten.

Johannes Reichert zu den Zielen in der 3. Liga

Welche Rolle kann Ulm in der 3. Liga spielen?

Für mich ist eines klar: Wir müssen sehr demütig bleiben. Uns muss klar sein: Es geht ums Überleben. Wir wollen uns in der Liga etablieren und in den nächsten Jahren die Klasse halten. Das wird eine große Herausforderung. Aber nach so langer Abstinenz dürfen wir uns auch freuen und sagen: Wir wollen für Furore sorgen und Deutschland zeigen, wer wir sind.

Ohne Veränderungen wird das nicht gehen. Was muss sich im Kader tun?

Wir haben schon einen sehr stabilen Kern. Trotzdem werden wir uns verstärken müssen. Ich sehe das als Prozess, um in der 3. Liga anzukommen. So wie der Verein sich Schritt für Schritt strukturell weiterentwickeln und professionalisieren muss. Aber da ist der Trainer der bessere Ansprechpartner.

Thomas Wörle hat uns als Mannschaft von Tag eins an hinter sich gehabt und hat einfach menschlich wie fachlich eine unfassbare Arbeit geleistet.

Johannes Reichert über seinen Trainer

Ein gutes Stichwort: Thomas Wörles Vertrag läuft aus. Noch ist offen, wie es weitergeht. Muss mit dem Meistertrainer verlängert werden?

34. Spieltag

Aus meiner Sicht, ja. Thomas Wörle hat uns als Mannschaft von Tag eins an hinter sich gehabt und hat einfach menschlich wie fachlich eine unfassbare Arbeit geleistet. Für mich gibt es da keine zwei Meinungen. Dieser Trainer, zusammen mit seinem "Co" Max Knauer, ist für uns prädestiniert. Ich wünsche es mir aus tiefstem Herzen, dass wir mit ihm zusammen weiterarbeiten dürfen. Dann sehe ich auch der Zukunft positiv entgegen.

Ein Spiel - beim TSV Steinbach Haiger - steht noch aus. Wie gehen Sie das an?

Die große Anspannung ist natürlich weg. Trotzdem ist es das letzte Saisonspiel. Wir wollen noch mal unser Bestes geben und gewinnen, alles andere würde nicht zu uns passen. Immerhin können wir mit einem Sieg die beste Auswärtsmannschaft werden - das würde alles noch mal krönen. Wir wollen uns gebührend aus der Liga verabschieden.

Interview: Nadine Vogt

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