Europa League

Träumen, zittern, jubeln: Der SC Freiburg beeindruckt

Gregoritsch öffnet die Tür zum Viertelfinale

Träumen, zittern, jubeln: Freiburg beeindruckt im Europapokal

Pure Freude: Roland Sallai (l.) und Christian Günter bejubeln den Führungstreffer gegen West Ham.

Pure Freude: Roland Sallai (l.) und Christian Günter bejubeln den Führungstreffer gegen West Ham. IMAGO/Steinsiek.ch

Minutenlang hängt die Freiburger Party am späten Donnerstagabend am seidenen Faden. Dass Noah Weißhaupt den Ball im eigenen Strafraum mit der Hand berührt hat, ist unstrittig. Doch was hat das schon zu heißen. Christian Günter weiß, dass genau solche Situationen schon zu diversen Elfmetern geführt haben: "Das Regelwerk ist nicht immer fußballerfreundlich, weil wir uns die Arme nicht hinter den Rücken binden können."

Weißhaupt ist in der Vorwärtsbewegung, die hohe Armhaltung ist ein natürlicher Teil des Bewegungsablaufs und wird verstärkt, da er vom Londoner Tomas Soucek einen Stoß in den Rücken bekommt. Der Ball fliegt ihm daraufhin aus kürzester Distanz an den Arm. Absicht war es keine. "Es weiß ja keiner mehr, was Hand ist und was nicht", sagt Manuel Gulde - stellvertretend für vermutlich Millionen Fußballfans auf diesem Planeten.

Matthias Ginter sieht das Unheil schon kommen, als sich der spanische Referee Alejandro José Hernandez Hernandez nach minutenlangen Gesprächen mit seinem Videoassistenten selbst auf den Weg zum Bildschirm macht: "Ich dachte: Wenn er schon rausläuft, wird er ihn jetzt geben."

Europa League, Achtelfinale

"Eine Entscheidung im Sinne des Fußballs"

Doch diese Befürchtung währt nicht lange, die Handbewegung des Unparteiischen signalisiert: kein Elfmeter für West Ham. Kurz darauf ertönt der Schlusspfiff. Die Viertelfinalträume der Breisgauer sind nach dem 1:0-Heimsieg im Hinspiel greifbar. Auch wenn Ginters Blick auf die vieldiskutierte Szene durch die SC-Brille nicht ganz neutral sein kann, bringt er es auf den Punkt: "Es ist eine Entscheidung im Sinne des Fußballs."

Der Fußball, den der Sport-Club in den 90 Minuten vor diesem Zittermoment spielte, beeindruckte über weite Strecken. Christian Streich und sein Trainerteam haben aus den 1:2- und 0:2-Niederlagen gegen die Engländer in der Gruppenphase offensichtlich die richtigen Schlüsse gezogen. Sein Team ging höchst fokussiert und konzentriert zu Werke und nahm West Ham zunächst völlig aus dem Spiel. Nach fast 20 Minuten wies die Statistik 84 Prozent (!) Ballbesitz für die Breisgauer auf. Das gefürchtete Umschaltspiel des Premier-League-Siebten wurde dank eines sehr guten Freiburger Gegenpressings und einer wachsamen Defensive so gute wie nie zu einer Gefahr.

Lange Zeit ein Schönheitsfehler

Es gab aus Freiburger Sicht viel zu loben. Genau das tat Streich auch: "Unser Spielaufbau war gut, das Positionsspiel, die Passqualität, in der Restverteidigung waren wir da. Wir waren sehr fokussiert und schnell im Kopf. Das hat uns sehr geholfen, damit es kein wildes Spiel wurde. Denn wenn es zu wild wird, kannst du die individuelle Qualität von West Ham kaum noch verteidigen. Die Mannschaft hat ein sehr, sehr reifes Spiel gemacht, da muss ich den Hut ziehen."

Lange Zeit musste der SC aber mit einem Schönheitsfehler leben. Es fehlte ein Tor. Es fehlte rund um den Strafraum häufig auch die Direktheit im Spiel, um West Ham ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Der Mann, für die besonders wichtigen Momente im Europapokal brauchte nur zehn Minuten, um das zu ändern. Michael Gregoritsch erzielte wie schon im Play-off-Rückspiel gegen Lens vor zwei Wochen nach seiner Einwechselung den entscheidenden Treffer.

Günter zieht den Hut vor Gregoritsch

Nach einem persönlich sehr durchwachsenen Saisonverlauf kommt der Österreicher seit Wochen immer mehr in die Rolle, in der er für den Klub unersetzlich ist. "Hut ab vorm Gregerl. Es ist nicht selbstverständlich, immer wieder auf der Bank zu sitzen, reinzukommen, nicht enttäuscht zu sein und alles für die Mannschaft zu tun. Solche Spieler braucht man im Kader. Er ist ein Vorbild und geht vorweg", schwärmte Kapitän Günter.

Der erste Sieg in der Vereinsgeschichte gegen eine Mannschaft aus England öffnet die Tür ins Viertelfinale zumindest einen Spalt. "Vor den Spielen war West Ham der Favorit, jetzt sind die Chancen 50:50", prognostizierte Ginter. "Es wird ein gnadenlos hartes Spiel, es wird kein freundliches Spiel. Wir dürfen uns nicht erdrücken lassen", blickte Streich auf das Duell am kommenden Donnerstag (18.45 Uhr, LIVE! bei kicker) im Londoner Olympiastadion voraus.

Moritz Kreilinger

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"Dann kann es keinen Elfmeter geben": Streich erklärt Weißhaupt-Szene

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