Champions League

Warum Manchester City so dominant spielt

Eine taktische Analyse

Telefonnummern, Ballbesitz und Schleicher: Warum ManCity so dominant spielt

Manchester City dominiert nicht nur wegen Erling Haaland.

Manchester City dominiert nicht nur wegen Erling Haaland. IMAGO/Ulrich Hufnagel

Dass viel Geld noch nicht dazu führen muss, dass man eine gute und vor allem homogene Mannschaft zusammenstellt, dafür lieferte Paris Saint-Germain in den Duellen mit dem FC Bayern den eindrucksvollen Beweis. Doch genau das unterscheidet Manchester City von dem Millionen-Ensemble aus Frankreich. Auch die Citizens werfen seit Jahren mit Millionen und Milliarden um sich, aber sie haben in Pep Guardiola einen Trainer, der ein Team nach seinen Bedürfnissen zusammenstellt und die Mannschaft dann eben auch so agiert, wie der Coach das möchte.

Über die Gründe zu Citys Dominanz während eines Spiels könnte man ein ganzes Buch schreiben, doch im Prinzip sind es drei Punkte, auf die man das Ganze exemplarisch herunterbrechen kann: die taktische Variabilität, die Spielanlage und die Strafraumbesetzung.

Die taktische Variabilität

Für Guardiola sind Grundordnungen nur "Telefonnummern", mal irgendwelche, mal die "meiner Frau", egal. Soll heißen: Ob 4-3-3, 3-2-4-1, 4-4-2  - alles egal. Es geht darum, mit welchem Leben, welcher Intention die Positionen bespielt werden. In dem Moment erst wird aus einer Grundordnung ein System, dem wiederum eine Spielidee zugrunde liegt. Diese Idee beinhaltet bei Pep und damit bei City vor allem ein hohes Maß an Flexibilität.

Sein Ansatz ist: Welche Positionen brauche ich in welcher Phase des Spiels eigentlich. Brauche ich im eigenen Ballbesitz beide Außenverteidiger? Nein. Also schiebt einer auf die Sechs. Brauche ich zwei Achter, wenn ich hoch presse? Nicht zwingend, also wird einer gleich zur zweiten Spitze. Brauche ich Symmetrie im Angriffsspiel? Eben nicht. Sondern das asymmetrische Verhalten des ballnahen oder -fernen Flügels ist wichtig, so wie beim 4:0 durch Ilkay Gündogan, als Bernardo Silva kurz kam, Jack Grealish aber die linke Seite breit hielt.

Die Spielanlage

Champions League, Achtelfinale

Grealish war nicht nur Vorbereiter des Tores, sondern auch Ausgangspunkt, ungefähr 30 Sekunden vorher. Er war links geschickt worden. In den meisten anderen Teams wäre die Grundlinie gesucht, eine Flanke probiert worden. Kann man machen. Aber nicht bei City. Da ist Ballbesitz das erste Gebot. Deswegen spielt auch Bernardo Silva in wichtigen Partien immer, egal ob als "falsche Sechs" oder hängender Flügel oder eben Achter. Hauptsache, ein weiterer Ballkontrolleur ist dabei. Also kappte Grealish ab, lief zurück. Neuer Aufbau. Bis zurück zum Torwart.

Auf den Stationen bis zu Ederson war gut zu sehen, wie City das Spiel anlegt: Es ist nichts anderes als ein Rondo über den gesamten Platz. Deswegen ist dies auch Guardiolas präferierte und intensivste Trainingsform. Nur eben nicht im 5-2, sondern größer gedacht. Der Gegner läuft, hinterher, der Ball auch, aber in den eigenen Reihen. Beides kein Selbstzweck, sondern zur Erzeugung der Unordnung beim Rivalen. Dann die Seitenverlagerung, öffnender Pass nach außen, nächste Zone über die Acht überspielt, Haaland lässt sich tief fallen, um dann wieder loszubüffeln, ist aber diesmal nicht als Vollstrecker gefragt, weil Flügel Grealish den anderen Achter Gündogan bedient. Tor.

Die Strafraumbesetzung

Ja, Haaland, kann buchstäblich ein Spiel allein entscheiden. Wie am Dienstag. Aber manchmal ist er auch dermaßen von der Versorgung abgeschnitten, dass eine gute Strafraumbesetzung ein weiterer Schlüssel zum Erfolg ist. Daher attackiert City nicht nur mit dem Mittelstürmer und den Flügeln, sondern auch mit beiden Achtern, manchmal mit einem zusätzlichen Abwehrspieler, der hinterläuft, die letzte Linie, das letzte Drittel.

Der Effekt bei fünf bis sechs Offensiven, die man sich natürlich nur bei entsprechender Ordnung und gutem Gegenpressing leisten kann, was City auch ideal beherrscht: Vier Abwehrspieler können nicht durchschieben und durchdecken. Also entsteht entweder Überzahl oder es entsteht vor dem Strafraum infolge sechs tiefer Abwehrspieler so viel Platz, dass über eine weitere Spielverlagerung, da ist City geduldig, neue Optionen entstehen. Der Schlüssel aber liegt bei den schlau spielenden und sich in die Räume schleichenden Achter, meistens De Bruyne und Gündogan. Entweder geben sie den letzten oder vorletzten Assist in den Rücken der Abwehr, oder sie sind selbst abschlussstark, wie bei den beiden Nicht-Haaland-Treffern am Dienstag.

Ergo lautet angesichts dieser Perfektion: City kann sich auf dem Weg zum Champions-League-Sieg eigentlich nur selbst schlagen. Die gute Nachricht für die anderen sieben Viertelfinalisten: Auch das gab es bekanntlich schon oft genug …

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