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WM 2018 - Seleçao? Russland veränderte das Leben von Rechtsverteidiger Mario Fernandes

Rechtsverteidiger spricht noch immer kein Russisch

Seleção? Russland veränderte das Leben von Mario Fernandes

Er trägt das Trikot der Sbornaja mit Stolz: Mario Fernandes.

Er trägt das Trikot der Sbornaja mit Stolz: Mario Fernandes. imago

Als kleiner Junge in Sao Caetano do Sul hatte Mario Fernandes von diesem Tag geträumt: einmal für die Seleçao auflaufen. Dass er einmal ein anderes Nationaltrikot tragen könnte, kam ihm eigentlich nie in den Sinn. Schon gar nicht nach seinem Debüt für den Rekordweltmeister im Oktober 2014 (ein 4:0 gegen Japan) - wenige Wochen nach der Schmach im eigenen Land.

Am Samstag vor dem Viertelfinale in Sotschi gegen Kroatien (20 Uhr, LIVE! bei kicker.de) wird sich Mario Fernandes in seiner neuen Heimat nun erneut stolz den Dress der Sbornaja überstreifen - auch wenn er die Worte der Nationalhymne gar nicht versteht. So schnell ändern sich die Zeiten. Mario Fernandes ist jetzt Russe.

"Er hat den besten Platz der Welt gefunden"

Um seinen Sinneswandel nachvollziehen zu können, um zu begreifen, warum Mario Fernandes seinen Traum von einer Karriere in der Seleção opferte, muss man den Worten seines Bruders lauschen. "Russland", erzählte Jo Fernandes dem amerikanischen Sportmagazin "Bleacher Report", "hat sein Leben verändert." Die Russen haben Mario Fernandes alle Türen geöffnet, "er sagt mir immer wieder, er hat den besten Platz der Welt gefunden".

Mein Problem war das Nachtleben.

Mario Fernandes über seine Vergangenheit in Brasilien

Rückblende: Vor sechs Jahren wagte Mario Fernandes den Schritt nach Russland, spielte fortan nicht mehr für Gremio Porto Alegre sondern ZSKA Moskau. Nicht unbedingt ungewöhnlich, viele Brasilianer verdienen ihre Brötchen in der russischen Liga. Die lockte auch den Rechtsverteidiger, der in seiner Heimat als ebenso talentiert wie schludrig galt. "Mein Problem war das Nachtleben", gesteht Mario Fernandes über die Anfänge seiner Karriere: "Ich habe viel getrunken, als ich in Porto Alegre gespielt habe. Das bereue ich heute."

Erst 12.000 Kilometer vom sonnigen Bundesstaat Rio Grande do Sul entfernt fand Mario Fernandes zu sich selbst. Wladimir Putin persönlich, so heißt es, soll ihm per Präsidialdekret einen russischen Pass verschafft haben. Im Oktober 2017 debütierte er für das Team von Trainer Stanislav Cherchesov und ist seitdem aus der Sbornaja nicht mehr wegzudenken. Bei der WM fehlte Mario Fernandes nur im Gruppenspiel gegen Uruguay in der Startelf - die Russen verloren mit 0:3 .

Cherchesov: "Mario ist wie ein Hund"

Cherchesov ist von seinem Brasilianer, der rechts hinten bei der Heim-WM einen sehr soliden Part spielt (kicker-Notenschnitt 3,13), vollends überzeugt. Auch wenn Mario Fernandes noch immer kein Russisch spricht. "Mario ist wie ein Hund. Er versteht alles, was er tun soll, aber er kann nicht antworten", so der Ex-Keeper von Dynamo Dresden: "Das Wichtigste ist jedoch, dass er seine Arbeit gut macht." Die verrichtet er sogar derart souverän, dass sich manch einer in Brasilien ärgert, dass der Verteidiger nicht mehr für sein Heimatland aufläuft (Ex-Wolfsburger Fagner übernahm den Part für den verletzten Danilo). Nicht nur in Mario Fernandes' Geburtsstadt Sao Caetano do Sul.

msc/sid

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