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"Historisch": TuS Immendorf vor Pokalderby gegen TuS Koblenz

Halbfinale im Rheinlandpokal

Selbst der ÖPNV schiebt Zusatzschichten: TuS Immendorf vor Pokalkracher gegen TuS Koblenz

Jubel mit den Fans: Der TuS Immendorf würde am Ende gerne den Rheinlandpokal in die Höhe stemmen.

Jubel mit den Fans: Der TuS Immendorf würde am Ende gerne den Rheinlandpokal in die Höhe stemmen. Tino Balle

"Es ist ein historisches Ereignis für den Verein", sagt Christian Bähr. Hier in Immendorf, im "letzten Koblenzer Stadtteil vor dem Westerwald", steigt am Mittwochabend ab 19.30 Uhr das Halbfinalspiel zwischen dem heimischen TuS Immendorf und der TuS Koblenz. Ein ungleiches Duell: Auf der einen Seite der Bezirksligist aus der Randlage, auf der anderen der Oberligist aus dem Zentrum - ein Derby, das den heimischen Immendorfern neben viel Vorfreude auch viel Arbeit bescherte.

Halbfinale

Aus der Luft bekommt man eine Ahnung von den Verhältnissen: Ein Rechteck, darauf ein kleines Funktionsgebäude und ein schmaler Kunstrasenplatz. Hoch gelegen ist der Immendorfer Sportplatz, im Netz schwärmen die Besucher von der tollen Aussicht, sprechen aber auch davon, dass es hier ziemlich windig zugehe. Parkplätze? Nahezu Fehlanzeige, auch im 1.300-Einwohner-Stadtteil mit seinen schmalen Straßen brächte man nicht alle Autos unter, mit denen wohl zu rechnen wäre, wenn sich 1.200 Zuschauer auf den Weg machen. Zumal Busse laut Fahrplan nur vor An- aber nicht nach Abpfiff fahren.

Spontan und pragmatisch

"Es war durchaus herausfordernd, das alles zu stemmen", sagt auch Abteilungsleiter Bähr. "Wir haben das Kontingent reduziert auf 1.200 Karten, bis dahin können wir die Leute auf unserem Platz unterbringen." Dabei hätte man wohl mehr als das doppelte an Tickets verkaufen können, "riesengroß" sei das Interesse gewesen. Und dennoch blieben Fragen: Wie etwa organisiert man den Kartenverkauf? Wie präpariert man das Gelände? Und wie klärt man das mit der An- und Abreise?

Nach einem Tag jedenfalls waren alle Heimtickets ausverkauft - und bezüglich der Hauptproblematik konnte man sich mit den Koblenzer Verkehrsbetrieben an einen Tisch setzen: "Unser 1. Vorsitzender hat das gelöst, der hat da gute Arbeit geleistet", verrät Bähr. So wird der ÖPNV-Anbieter zur Rückreise Busse zur Verfügung stellen - auch wenn aufgrund der engen Verhältnisse im Dorf keine zwei davon gleichzeitig losfahren können. "Das ist ja auch für die Stadt eine tolle Erfahrung, dass ihr ÖPNV da so spontan und pragmatisch reagiert."

"Wollten den Heimvorteil nicht aufgeben"

Tatsächlich hätte man das alles ja auch mit deutlich weniger Arbeit lösen können: "Von Seiten des Gegners kam die Anfrage, das Heimrecht zu tauschen oder auf einen anderen Platz auszuweichen", sagt Bähr. Mehr Zuschauer, mehr Einnahmen - "aber wir wollten den Heimvorteil nicht aufgeben."

Bezirksliga Rheinland Mitte

Denn es ist ja nicht so, als verstünde man sich nur als Nebendarsteller dieses Tages, als Underdog, der am Ende nicht mehr ist als schmückendes Beiwerk für den erwarteten Finaleinzug des großen Stadtrivalen. In Runde drei haben sie in Immendorf mit dem Ahrweiler BC schon einen Oberligisten aus dem Wettbewerb gekegelt, und das mit einem 5:1-Kantersieg; zudem gab es weitere Siege gegen Rheinlandligisten. "Und auch zuvor haben die Jungs schon Oberliga-Teams in die Schranken verwiesen. Letztes Jahr etwa die SG Mülheim-Kärlich. Und eine Saison vorher waren sie gegen Rot-Weiß Koblenz in der Verlängerung." Der war damals, wie heute, Regionalligist. Das Wissen und folglich auch die Einstellung, gegen höherklassige Teams bestehen zu können, ist also voll ausgeprägt beim Bezirksliga-Tabellenführer.

TuS Immendorf

"Ein Team für Fußballromantiker": Der TuS Immendorf. Tino Balle

60:40-Verhältnis

Im Pokal ist alles möglich, weiß auch Bähr. Man könne jetzt die üblichen Narrative bemühen, David gegen Goliath, die Gallier gegen die Römer, aber das will der Abteilungsleiter nicht: "Es ist vielleicht ein 60:40-Verhältnis. Die Koblenzer haben vermutlich die höhere individuelle Qualität, sind aber genauso im Aufstiegsrennen wie wir. Und unsere Mannschaft ist ein eingeschworener Haufen." Geerdet in ihrer Einstellung, würden die Jungs einfach mit ihren Kumpels kicken wollen, sagt Bähr, auch wenn bei vielen schon höherklassige Angebote reingeflattert seien: "Es ist ein Team für Fußballromantiker", schwärmt ihr Abteilungsleiter. Dennoch weiß er auch: "Der Ball liegt natürlich bei der TuS Koblenz."

Sollte es am Ende reichen für die "Fußballromantiker", die in den Runden bislang auch schon mehrfach in der Verlängerung ihre Nervenstärke bewiesen haben, steht das Finale entweder gegen den FC Bitburg (Rheinlandliga) oder Rot-Weiß Koblenz (Regionalliga) an. Der TuS Immendorf ist also noch zwei Siege entfernt vom DFB-Pokal-Einzug.

Jan Mauer

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