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Schommers: "Ich fordere Fußball mit Herz"

Dürens Trainer über seine Zeit in Nürnberg, Kaiserslautern - und seine Vision

Schommers: "Ich fordere Fußball mit Herz"

Seit Mitte November Trainer in Düren: Boris Schommers.

Seit Mitte November Trainer in Düren: Boris Schommers. IMAGO/Dünhölter SportPresseFoto

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Herr Schommers, Ihr erstes "Heimspiel" als Trainer des 1. FC Düren fand auswärts statt. Haben Sie die Atmosphäre im Stadion des FC Wegberg-Beeck trotzdem genossen?

Nicht nur die. Wir haben Aachen an den Rand einer Niederlage gebracht und ein Statement gesetzt. Unser Ziel ist klar: In der nächsten Saison wollen wir die Alemannia wieder empfangen, dann aber in unserer Westkampfbahn.

Dafür müssen Hausaufgaben auf und neben dem Rasen erledigt werden.

Genau. Wir müssen die Klasse halten und im Gästeblock die für Risikospiele notwendigen Betonstufen setzen. Beides werden wir meistern.

Unter den Zuschauern gegen Aachen war auch Frank Schmidt, dem Sie 2018 als Co-Trainer des 1. FC Nürnberg gegenüberstanden. Vier Jahre später trainiert er immer noch den Zweitligisten Heidenheim, während Sie zwei Klassen tiefer quasi neu anfangen. Kommt da so etwas wie Neid auf?

Ich würde mich nie mit ihm vergleichen. Vielleicht habe ich ihm 13 Erstligaspiele voraus, aber nur er hat tiefe Spuren im Profifußball hinterlassen. Ich bin kein Typ, der oft zurückblickt. Und wenn doch, dann mit großer Dankbarkeit.

Für welchen Moment sind Sie am meisten dankbar?

Für den Bundesliga-Aufstieg 2018 mit dem 1. FC Nürnberg. Es war meine erste Senioren-Station und eine ganze Stadt war wie im Rausch.

Ein halbes Jahr später folgte Ihre Beförderung zum Cheftrainer. Auch wenn Ihr Engagement mit dem Abstieg endete: Überwiegen die schönen Erinnerungen?

Ja, zumal uns die Fans trotzdem gefeiert haben. Sie haben honoriert, dass die Jungs ihr Herz auf dem Platz gelassen hatten.

Welche Begegnungen bleiben unvergessen?

Nach meinem Debüt gegen Dortmund (0:0, Anm. d. Red.) spielten wir in Düsseldorf und ich begrüßte meinen Trainerkollegen: "Guten Tag, Herr Funkel." Er nahm mich in den Arm und erwiderte nur: "Ich bin der Friedhelm." Eine coole Geste eines Coaches, der damals vor seinem 802. Bundesligaduell als Spieler und Trainer stand.

In der 3. Liga machten Sie Bekanntschaft mit dem Schleudersitz des 1. FC Kaiserslautern. Nach Platz 10 in der Vorsaison wurden Sie am zweiten Spieltag entlassen. Wie sehr traf Sie der Rauswurf 2020?

Es war bitter, zumal wir sportlich den richtigen Weg eingeschlagen hatten. Doch vom ersten Tag an herrschte Riesenunruhe im Verein. Nach dem Aus brauchte ich erst mal Zeit zum Durchpusten.

Bis zur Unterschrift in Düren vergingen sogar zwei Jahre. Was hat Sie an dieser neuen Aufgabe gereizt?

Die klare Vision: In den nächsten drei bis fünf Jahren will man ans Tor zur 3. Liga anklopfen. Wobei man sagen muss: Stand heute sind wir selbst in der Regionalliga nur sportlich angekommen.

Inwiefern?

Es gibt große Baustellen in puncto Infrastruktur. Der Verein steht seit August ohne Sportdirektor da. Im Moment bin ich nicht bloß Cheftrainer, sondern Mädchen für alles. Vorübergehend schiebe ich aber gerne Extraschichten.

An welchen Stellschrauben drehen Sie aktuell in Düren? Wo müssen Sie derzeit mitanpacken?

Ich bemühe mich um einen Betreuer-Bus, der früher zu den Auswärtsspielen reist. So kann die Kabine vorbereitet werden. Auch Trainingssteuerung ist ein Thema: Um optimale Leistung abzurufen, sollten 24 Stunden zwischen Abschlusstraining und Ligaspiel liegen. Eine Abendeinheit ist ein No-go, wenn tags darauf um 14 Uhr angepfiffen wird.

Ihr Vertrag läuft bis 2024. Träumen Sie langfristig von der Rückkehr auf die große Bühne?

Wer einmal ein volles Bundesligastadion betreten hat, will mehr davon. Aber ich lebe in der Gegenwart und genieße jeden Tag auf dem Trainingsplatz.

Die Gegenwart heißt Gladbach II. Wie stehen die Chancen vor dem Auswärtsspiel?

Wir treffen erneut auf den Dritten und wollen wie gegen Aachen überraschen.

Als langjähriger Jugendcoach des 1. FC Köln dürfte Ihr Herz am Samstag höher schlagen. Drücken Sie dem FC in der Bundesliga eigentlich die Daumen?

Ja, zumal Co-Trainer Kevin McKenna ja auch mein Assistent in Lautern war. Mit Chefcoach Steffen Baumgart habe ich 2015 den Fußballlehrer gemacht. Wie er sehe ich lieber ein 4:3 als ein 1:0. Ich fordere offensiven Fußball, aber in erster Linie Fußball mit Herz.

Tim Miebach

Die Trainer in der Regionalliga West