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Schmid hat den WAC auf Schiene, Wimmer stellt die Uhren auf Null

Reality Check in Favoriten

Schmid hat den WAC auf Schiene, Wimmer stellt die Uhren auf Null

Manfred Schmid (r.) hat mit dem WAC Oberwasser, die Austria von Michael Wimmer befindet sich auf Talfahrt.

Manfred Schmid (r.) hat mit dem WAC Oberwasser, die Austria von Michael Wimmer befindet sich auf Talfahrt. GEPA pictures

Die Szene war bezeichnend. Eineinhalb Jahre lang haben die Austria-Fans gute Miene zum nicht immer guten Spiel ihrer Mannschaft gemacht, haben den finanziell schwer ins Schlingern geratenen Klub unterstützt, sind in nie dagewesener Zahl zu jedem auch nicht so prickelnden Heimspiel gepilgert, haben Trainer Michael Wimmer eine faire Chance gegeben, obwohl zuerst die Leistungen und zuletzt auch die Ergebnisse den (immer noch zu) hohen Ansprüchen nicht mehr genügten.

Qualifikationsgruppe - 31. Spieltag

Aber am Samstag war es vorbei damit. Da hingen sie polternd über den Werbetafeln der Osttribüne und skandierten lautstark "Wir wollen die Austria sehen!" und "Wir haben die Schnauze voll!" Sie hatten ein 0:4 gegen den WAC, eine richtige "Klatsche", wie Wimmer zugab, mitansehen, den (nach sechs Punkten Vorsprung peinlichen) Rückfall auf Platz zwei in der Qualifikationsrunde hinnehmen müssen. Und das gegen die Mannschaft von Manfred Schmid, jenes Trainers, der vor knapp eineinhalb Jahren für das Playbook von Sport-Vorstand Jürgen Werner und seinem Sportdirektor Manuel Ortlechner geopfert und gegen Michael Wimmer ausgetauscht wurde.

"Soll ich aus dem Stadion laufen?"

Während sich die Austria-Spieler die Schmähungen ihrer Fans anhören mussten und Wimmer sich tapfer den Vorwürfen und Fragen stellte ("Das bin ich den Fans schuldig, ich kann mich nicht nur nach Siegen feiern lassen"), gab es für ihren Ex-Trainer, der sich gerade in der Auswärtskurve von dem kleinen Grüppchen Kärntner Fans verabschiedete, Applaus und Sprechchöre. Also machte sich Schmid winkend auf den Weg zu den Austria-Fans, was nicht bei allen im Austria-Staff gut ankam.

"Soll ich aus dem Stadion laufen?", verteidigte sich der 53-Jährige, der gut 30 Jahre als Spieler und Trainer bei den Violetten verbrachte. "Das lasse ich mir nicht nehmen, dass ich mich bedanke bei den Fans, wenn sie meinen Namen rufen." Um etwaige Wogen zu glätten, versicherte er: "Michael Wimmer macht einen richtig guten Job und ich kenne die Spieler, es sind ja viele, mit denen ich den dritten Platz geschafft habe", rieb er dann doch - bewusst oder unbewusst - etwas Salz in die violetten Wunden.

Dennoch ließ Manfred Schmid keinen Zweifel daran, dass ihm immer noch viel am Wohlergehen der Austria liegt. "Ich verspüre keine Genugtuung, ich weiß selber, wie schwer es hier ist. Es ist schade, weil das sind alles super Jungs. Ein Urteil über die aktuelle sportliche Lage steht mir nicht zu, aber es ist sicher einiges falsch gelaufen. Mit Präsident Gollowitzer und (Finanz-Vorstand) Zagiczek sind jetzt aber Leute am Werk, die dem Verein noch sehr gut tun werden."

WAC auf Schiene

Beim WAC dürfte Schmid, der nach dem Verpassen der Meistergruppe und dem schwachen Start in die Qualifikationsrunde bereits als angezählt galt, den Turnaround in den letzten Runden geschafft haben. "Wir haben eine gewisse Negativität ausgeräumt", wollte er auf die Gründe nicht näher eingehen, verriet sie mit dem nächsten Satz aber zwischen den Zeilen: "Man sieht, die Mannschaft funktioniert mit den jungen Spielern", zählte er die Namen von Maximilian Scharfetter, Pascal Müller, Michael Morgenstern und Tobias Gruber auf, die vor ein paar Wochen selbst in Kärnten noch keiner kannte, während die "alten" Mario Leitgeb, Thorsten Röcher, Konstantin Kerschbaumer, Michael Novak, Jonathan Scherzer und auch Hendrik Bonmann keine Rolle mehr spielen.

Der Durchmarsch des GAK zurück in die Bundesliga

"Ich weiß, was ich kann, ich weiß, was ich in den letzten Jahren geleistet und welche Erfolge ich gehabt habe", war Schmid sicher, dass er nach der Austria auch den WAC auf Schiene bringen würde.

Ein Auge für Spieler

Zum Teil hat er dabei für einige Spieler neue Positionen "erfunden". "Ich beschäftige mich natürlich sehr viel mit meinen Spielern und ziehe die Schlüsse daraus." Ein Beispiel: "Weil bei der Austria viel über Ranftl geht, hat Kennedy heute Außenverteidiger gespielt. Viele haben das kritisiert, wissen aber nicht, dass er für die Außenbahn nach Deutschland geholt wurde und erst dann zum Innenverteidiger wurde." Ein anderes Beispiel ist Nikolas Veratschnig, der für gewöhnlich den rechten Verteidiger gibt, aufgrund der vielen Offensivausfälle (Sabitzer, Zimmermann, Rieder) gegen die Austria aber im Angriff zu finden war. "Er ist gelernter Offensivspieler, das merkt man sogar manchmal, wenn er Außenverteidiger spielt."

Den starken Ervin Omic hat er vom (etwas zu langsamen) zentralen Mittelfeldspieler zum Innenverteidiger umfunktioniert. "Er hat trotz seiner Jugend schon das Zeug zum Führungsspieler. Er übernimmt Verantwortung und hat sich da hinten gleich wohlgefühlt." Auch Adis Jasic hat vom Außenverteidiger bis zum offensiven Mittelfeldspieler schon alles gespielt. "Ich versuche einfach, aus jedem Spieler das Beste herauszuholen", so Schmid.

Das gilt auch für seine Position als Sportdirektor. Mit dem Fünf-Millionen-Verkauf des von ihm entdeckten Mohamed Bamba hat er bereits im Winter den WAC-Transferrekord in ungeahnte Höhen katapultiert. "Auch jetzt gibt es viele Angebote für Spieler aus dem Ausland. Ballo, Boakye und Veratschnig sind begehrt. Wenn etwas Passendes kommt, werden wir sie verkaufen. Und schauen, dass wir Ersatz haben."

Wimmer stellt Uhren auf Null

Bei der Austria ist man noch lange nicht so weit. Da kündigte Michael Wimmer an, dass nach der Abfuhr gegen den WAC "ab Dienstag die Uhren auf Null gestellt werden. Dann zählen keine Namen mehr, sondern nur die Trainingsleistung. Ob das dann der X oder Y ist, interessiert mich nicht."

Am 21. Mai treffen einander der WAC und die Wiener Austria im Conference-League-Play-Off wieder. Dann wird sich endgültig zeigen, wer weiter ist. Michael Wimmer mit der Austria oder Manfred Schmid mit dem WAC.

Horst Hötsch