Aus Dublin berichten Stephan von Nocks und Leon Elspaß
Europa-League-Zeit ist Patrik-Schick-Zeit. Fünf Tore erzielte der Mittelstürmer in insgesamt acht Einsätzen in dieser Saison. Dreimal schlug der Linksfuß dabei in der Nachspielzeit zu, sicherte Bayer 04 gegen Qarabag Agdam (2:2; 3:2) mit drei Last-Minute-Treffern das Erreichen des Viertelfinales.
Der Tscheche weiß um diese Qualität, die nicht nur er, sondern die ganze Mannschaft besitzt. "Wenn es im Finale in Dublin so laufen sollte, wäre es natürlich etwas Spezielles", sagt er, "aber wir wollen nicht bis zur letzten Sekunde warten, sondern das Spiel schon früher entscheiden".
Allerdings sieht Schick Atalanta Bergamo nicht als die Mannschaft, gegen die Bayer 04 zwingend seine Stärke ausspielen kann, mit Last-Minute-Toren zu siegen. Schätzt er doch den Tabellenfünften der Serie A als taktisch und physisch komplizierten Gegner ein: "Bei Atalanta ist immer noch derselbe Trainer, der schon dar war, als ich in Italien gespielt habe", sagt der Tscheche, der von 2016 bis 2019 erst für Sampdoria Genua und dann für die AS Roma kickte. "Ich kenne den Stil und die Art und Weise, wie sie spielen. Es wird richtig, richtig schwierig."
Schick: "Gegen Atalanta erwarte ich das nicht ..."
Eine Aussage, die weit mehr als die üblichen Floskel vor einem Finale darstellt. So erklärt Schick den Grund für seinen großen Respekt vor den Italienern, gegen die es nicht einfach werden dürfte, das eigene Tiki-Taka durchzuziehen. "Sie spielen Eins-gegen-eins über den ganzen Platz. Es wird ein aggressives und hartes Spiel. Egal, wohin du dich bewegst, hast du einen Verteidiger direkt hinter dir", urteilt der 28-Jährige, "sie lassen dir keinen Raum zum Atmen".
Es wird ein aggressives und hartes Spiel. Egal, wohin du dich bewegst, hast du einen Verteidiger direkt hinter dir.
Patrick Schick blickt auf das Europa-League-Finale voraus
Das geschieht unaufhörlich, wie Schick betont: "Sie können das ganze Spiel über so spielen. Unter Gasperini spielen sie mit hohem Tempo, die Spieler müssen viel laufen, auch im Training. Folglich können sie bis zum Ende Druck machen."
So dürfe Bayer nicht darauf bauen, wie so oft in der Schlussphase klare Vorteile zu haben. "In der Bundesliga ist manchmal unseren Gegnern durch unsere Art zu spielen nach 80 Minuten der Sprit ausgegangen. Gegen Atalanta erwarte ich das nicht", sagt Schick.
Favoriten? Bayer strotzt vor Selbstbewusstsein
Seine Schlussfolgerung ist logisch. "Wir müssen bereit sein zu kämpfen", fordert der 28-Jährige, wobei er einen psychologischen Vorteil beim neuen Deutschen Meister erkennt, den viele Experten in der Favoritenrolle sehen. Schick kann sich erklären warum. "Wir haben 51 Spiele nicht verloren, das macht uns vielleicht zum Favoriten", sagt er, um direkt zu warnen: "Aber es ist nur ein Spiel. Ein Finale ist immer etwas Spezielles."
Dennoch räumt ein, dass Bayer mental die bessere Ausgangsposition besitzt. "Wenn du im Finale mit dem Bewusstsein antrittst, dass du 51 Spiele hinter dich gebracht hast, ohne zu verlieren, dann wird natürlich auch Atalanta das im Hinterkopf haben, wenn sie ins Spiel gehen", glaubt Schick, "das kann für sie schwierige Momente im Spiel erzeugen".
Natürlich strotzt Bayer bei allem Respekt, der den Italienern entgegengebracht wird, vor Selbstbewusstsein. So erklärt Schick auf die Frage, ob Bayer derzeit die stärkste Mannschaft in Europa sei: "Weil wir nicht in der Champions League spielen, kann man das schlecht sagen. Warten wir also die nächste Saison ab… Aber jetzt würde ich sagen, dass wir im Moment die Mannschaft mit der besten Form in Europa sind." Was Bayer in Dublin final unter Beweis stellen muss.