EA SPORTS FC 24

FC Pro: "Schade um geliebten eSport" - sterben Organisationen aus?

Sterben die Organisationen im eFootball aus?

"Schade um den geliebten eSport": FC Pro sorgt für Aufruhr und Kritik

Auf der Suche nach einem Fußballverein: FIFAe-World-Cup-Teilnehmer 'Hashtag_Stokes'.

Auf der Suche nach einem Fußballverein: FIFAe-World-Cup-Teilnehmer 'Hashtag_Stokes'. FIFA via Getty Images

EA SPORTS hat mit seinem Deep-Dive-Artikel zum eSport in der Post-FIFA-Ära für etliche Fragezeichen gesorgt. Spieler, Coaches und andere Szenekundige haben sich zu Wort gemeldet - und teils düstere Bilder der kompetitiven Zukunft in EA SPORTS FC 24 gezeichnet. Im Zentrum der Vorhersagen stehen Profis und Organisationen, die nicht mit Fußballvereinen kooperieren. Denn die Klubs sollen schon bald deutlich mehr Macht und Relevanz erhalten. 

Die eSport-Saison 2023/24 wird in der FC Pro World Championship münden - dem neuen FIFAe World Cup. 32 Teilnehmerplätze sind für das Event im Juni 2024 zu füllen. 28 dieser Tickets werden über nationale Ligen vergeben. Nur vier eSportler können sich demnach über die FC Pro Open, das mutmaßliche Pendant zur FIFA Global Series, qualifizieren. Die Chance, ohne Verein auf den ganz großen Bühnen zu spielen, wird wohl extrem schwinden.

Die große Suche nach Fußballvereinen hat begonnen

EA SPORTS hat in der ersten Ankündigung ausschließlich von 1vs1-Strukturen gesprochen. Internationale Team-Wettbewerbe wie der FIFAe Club World Cup wurden nicht thematisiert. Allerdings will der Entwickler "in den kommenden Wochen noch mehr enthüllen". Gut möglich also, dass sich weitere Äste des Turniersystems der Öffentlichkeit noch ergeben werden. Trotzdem ist die Panik innerhalb der Szene vorerst groß. 

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"An alle interessierten Fußballvereine: Bitte kontaktiert mich", schrieb der niederländische eSportler Dani 'Dani' Hagebeuk auf Twitter. "Ich werde wieder auf Top-Level spielen, das verspreche ich." Auch der Brite Tom 'Hashtag_Stokes' Stokes sucht in den sozialen Medien nach einem Klub - sein derzeitiger Arbeitgeber Hashtag United hat ihm das erlaubt. Generell sind derzeit wohl so viele Profi-Spieler wie selten zuvor Free Agents. 

Um zu überleben, müssen alle Organisationen - selbst die Besten - Agenturen werden.

Bassy 'BassyS' Saad, eNationalcoach von Marokko

Der große Kampf um die begehrten Plätze bei den Vereinen hat begonnen. Die Organisationen hingegen könnten auf der Strecke bleiben. Sie sind nicht teilnahmeberechtigt an den nationalen eLigen wie der Virtual Bundesliga (VBL). "Um zu überleben, müssen alle Organisationen - selbst die Besten - Agenturen werden", meint der marokkanische eSport-Coach Bassy 'BassyS' Saad. Er bezog diese Analyse lediglich auf FIFA-spezialisierte Organisationen. 

Die breit aufgestellten Top-Teams wie Fnatic oder Vitality würden sich wohl einfach nur "aus dem EA-eSport zurückziehen". 'BassyS' prognostiziert, dass 90 Prozent der Organisationen "das virtuelle Fußball-Schiff verlassen" werden. Kurzfristig gebe es für sie nur eine Chance, im Geschäft zu bleiben: Ihre Spieler als Agenturen an Klubs zu vermitteln, deren öffentliche eSport-Kommunikation und Content Creation sie gleichzeitig handhaben. 

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Die Expertise der Organisationen sei aktuell noch essenziell für viele Fußballvereine. Saad meint aber auch, dass sich die Klubs das Wissen früher oder später einverleiben werden - und externe Agenturen obsolet würden. "Wenn das Interesse der Vereine wächst, werden sie sich das Fachwissen aneignen wollen, um das enorme Budget, das Experten verschlingen, zu reduzieren", stellt 'BassyS' in Aussicht.  

EA macht einen klaren Schritt zurück, seitdem sie die alleinige Macht besitzen.

Benedikt 'SaLz0r' Saltzer, Coach bei NEO

DFB-eNationalcoach Benedikt 'Salz0r' Saltzer arbeitet als Trainer hauptsächlich für die eSport-Organisation Nomen Est Omen (NEO) - und kritisiert den Systemwandel. "Im Vorfeld wurde spekuliert, dass die FIFA EA zurückhalten würde, was eSport-Themen anbelangt", meint 'SaLz0r'. "Aber leider bewahrheitet sich das Gegenteil. EA macht einen klaren Schritt zurück, seitdem sie die alleinige Macht besitzen." 

Nur "vier Slots weltweit für alle Spieler, die keinen Fußballverein im Rücken haben", seien im Hinblick auf die FC Pro World Championship "ein massiver Rückschritt". Saltzer sorge sich auch um die "Macht", die die einzelnen Klubs dadurch bekämen. Er befürchtet große Veränderungen im Gehaltsgefüge. "Schade um den geliebten eSport", zog der frühere Profi sein negatives Fazit zu FC Pro. 

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Auch eSport-Host und Kommentator Brandon Smith machte sich bereits Gedanken zum Salär der Spieler. Anhand des Beispiels der eLaLiga zeichnete er ein mögliches Bild: EA SPORTS könnte der Liga ein Budget für eine Saison auszahlen, aus dem diese wiederum die Klubs finanziell unterstützt. Die Vereine könnten anschließend über ihre Kaderzusammenstellung entscheiden - und darüber, wie viel Geld den Spielern ausgezahlt wird. 

"The World's Game" nur ein zynischer Marketing-Slogan?

Da die Anzahl der Vereine, die an den relevanten Partner-Ligen teilnehmen, begrenzt ist, sitzen sie in Verhandlungen am längeren Hebel. Es ist nicht vorauszusagen, wie viel Preisgeld EA SPORTS im Rahmen von FC Pro ausschütten wird. Die aussichtsreichste Option, seinen Lebensunterhalt weiterhin als professioneller eSportler bestreiten zu können, sind daher die Klubs. Sie dürften bei der derzeitigen Flut an Free Agents nun die Qual der Wahl haben. 

"Wer in einer Organisation arbeitet und das gleiche Angebot von einem Verein bekommt - gleiches Gehalt oder weniger -, wird zu diesem Verein gehen", prophezeit 'BassyS'. "Weshalb? Die strukturelle Stabilität, der Bekanntheitsgrad, das Gehaltspaket, die Entwicklung, die man vom eSport zum Fußball machen kann..." EA SPORTS scheint mit der Priorisierung der Fußballvereine die Symbiose zwischen virtuellem und realem Rasen ankurbeln zu wollen. 

Ein weiteres Problem könnte die Verteilung der EA-Partner darstellen: Während in Europa ganze 19 eLigen existieren, verfügen Asien und Afrika nicht über eine einzige. Selbst Brasilien - zweifacher Gewinner des FIFAe Nations Cup - weist keine nationale Wettbewerbsstruktur dieser Art auf. Ändert sich das bis zum Saisonstart nicht, könnte "The World's Game" als Marketing-Slogan für EA SPORTS FC schnell zum zynischen Witz verkommen. 

nas

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